Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
Sie nur wärmen.«
Er streckte sich neben ihr aus, legte vorsichtig seinen Arm über sie und presste sich von hinten dicht an sie. Sie erstarrte kurz, dann ging das qualvolle Zittern weiter.
Ein Schwall von Hitze schoss in seine Lenden. Er lag ganz still und versuchte, nicht an die Frau zu denken, die er im Arm hielt. Nicht ihr Haar zu riechen und nicht ihren Herzschlag zu spüren.
Ganz allmählich ließ das Zittern nach, entspannten sich ihre verkrampften Glieder, kehrte die Wärme zurück in ihren Körper. Er lag noch immer hinter ihr, eng an ihren Rücken gepresst, sein Arm über ihr. Sein Unterleib pochte, die schmerzhafte Spannung war kaum mehr auszuhalten. Er rückte ein winziges Stück von ihr ab, um den Druck zu lindern, aber das war ein Fehler; kaum hatte er ein wenig Platz gewonnen, spürte er, wie er hart wurde. Er biss die Zähne zusammen und vermied jede weitere Bewegung. Hoffentlich bemerkte sie nichts davon.
Dann fühlte er die zaghafte Berührung ihrer Hand an seiner und hielt sie fest. Ihre Finger waren schmal und kühl.
»Danke«, hauchte sie so leise, dass er nicht sicher war, ob sie überhaupt etwas gesagt hatte.
*
Als Isabel erwachte, wusste sie für einen Moment nicht, wo sie sich befand. Sie hatte von ihrer Familie geträumt, seltsam verdrehte Fieberträume von ihren Schwestern und den Gemeindemitgliedern von Zirndorf. Sie schlug die Augen auf. Es war mitten in der Nacht, sie lag auf einem Bett aus Farn unter freiem Himmel. Es roch nach Gras und feuchter Erde, über ihr leuchteten hell ein paar Sterne.
Dann fiel es ihr wieder ein. Sie hatte einen erneuten Malariaschub erlitten, und jetzt fühlte sie sich erschöpft, ausgelaugt, aber auch ungewohnt klar. Schwach erinnerte sie sich an Zittern und entsetzliche Kälte und an den heißen Griff des Fiebers. Und an die tröstliche Gegenwart einer anderen Person.
Vorsichtig drehte sie sich um. Noah lag neben ihr, er schlief. Sie lauschte auf das Knacken und Schnarren aus dem Wald, auf all die fiependen, wispernden, keckernden Geräusche fremder Nachttiere. Ob der Suchtrupp sie wohl bald einholen würde? Zwar war sie nicht mehr gefesselt, aber sie war dennoch nicht so dumm, jetzt fliehen zu wollen. Noah würde es sofort merken und aufwachen. Und selbst wenn nicht: Nachts allein durch die Wildnis zu laufen, ohne zu wissen, wo sie sich befand, wäre ihr sicheres Todesurteil.
Dann vernahm sie einen Laut wie ein leises Stöhnen. Und gleich darauf ein paar Worte: Noah sprach im Schlaf. Abgehackt, unverständlich – vermutlich eine der Papuasprachen, die er beherrschte. Aber seine Stimme war plötzlich viel höher, wie die eines kleinen Jungen. Und er klang, als hätte er entsetzliche Angst.
»Ik weet het niet« , verstand sie dann ganz deutlich. »Geloof me!«
Isabel zog die Brauen zusammen. Das war keine Papuasprache. Das hörte sich an wie Holländisch.
Er wälzte sich auf die andere Seite. »Alstublieft, meneer, ik zal het nooit meer doen!«
Das war eindeutig Holländisch! Aber hatte er nicht behauptet, die Sprache nicht zu sprechen? Nun ja, er hatte schon viel erzählt, was sich später als falsch herausgestellt hatte. Was sagte er da überhaupt? Hatte es etwas mit dem toten Herrn Konings zu tun? Ach, wenn sie doch nur mehr verstehen würde!
Isabel lag ganz still, spitzte die Ohren und wagte kaum zu atmen, um ihn nicht zu wecken. Komm schon , bat sie in Gedanken, sag noch etwas! Möglicherweise fand sie so heraus, ob er Herrn Konings wirklich getötet hatte.
Noah drehte sich erneut herum.
»Doe het niet, doe het niet!«
Nein, das klang nicht, als ginge es um den getöteten Pflanzer. Viel eher, als würde sich ein kleiner Junge schrecklich vor etwas fürchten. Es musste mit seiner Vergangenheit zu tun haben. Lag hier der Schlüssel zu der Zeit in seinem Leben, die er angeblich vergessen hatte?
Sie musste unbedingt mehr herausfinden.
Isabel hatte sich vor ihrer Abreise aus Deutschland gut vorbereitet. Englisch sprach sie ohnehin, und da die Hälfte Neuguineas unter niederländischer Herrschaft stand, hatte sie sich auch einige holländische Floskeln eingeprägt. Ob sie es damit versuchen sollte?
Sie drehte den Kopf zu ihm und hoffte inständig, dass er nicht aufwachte.
»Hoe heet u?« , versuchte sie es flüsternd mit einem der Sätze, die sie auf Holländisch kannte. Wie heißen Sie?
Einen Augenblick lang war er still, dann murmelte er etwas, das wie Jerún klang. War das ein Wort oder ein Name? Sie war plötzlich ganz
Weitere Kostenlose Bücher