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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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sich hingesetzt. Oder ihn umarmt. Oder geschlagen. Am besten alles gleichzeitig.
    Die Menge hörte auf zu jubeln. Ein Schauer von Angst durchfuhr Isabel, als die Donowai zurückwichen und Korua-Kolta langsam auf sie zukam. Sein Hinken war stärker geworden. Er richtete ein paar Worte an Noah, und dieser antwortete ihm. Hin und her ging der Wortwechsel, wurde erregter, dann wieder leiser, bis der Häuptling sich schließlich umdrehte und Noah stehenließ.
    »Lässt er uns frei?«, fragte Isabel hoffnungsvoll.
    Noah sah ihm hinterher, dann schüttelte er den Kopf. »Nein … Aber immerhin konnte ich mein Recht als Sieger einfordern.«
    »Dein Recht als Sieger?« Sie schnappte nach Luft. »Noah, das hier ist kein Spiel, hier geht es um unser Leben! Ich will hier weg! Ich will zurück nach Simbang!«
    »Versteh doch – ich habe dich gerade davor bewahrt, Korua-Koltas nächste Ehefrau zu werden!«
    Schlagartig fiel ihre Empörung in sich zusammen. »Wirklich? Und du lügst mich sicher nicht an?«
    »Nein, das ist die Wahrheit.« Er deutete auf den Turm. »Ich habe schon in meiner kleinen Rede von da oben klargestellt, dass du zu mir gehörst und niemand sonst einen Anspruch auf dich hat.«
    »Einen Anspruch?« Dann verstand sie plötzlich. »Was soll das heißen? Dass ich deine Trophäe bin?«
    Er nickte tatsächlich.
     

13.
    Der Geruch von gerösteten Süßkartoffeln zog durch das Dorf. Isabel knurrte der Magen – jetzt erst merkte sie, wie hungrig sie war. Aber noch war an Essen wohl nicht zu denken. Die Frauen, deren Gesichter mit kreisförmigen Symbolen tätowiert waren, hatten sie in ein großes, langgestrecktes Pfahlhaus geführt, das offenbar den weiblichen Donowai und den kleinsten Kindern vorbehalten war. Sie waren freundlich, aber bestimmt, und ließen sich nicht davon abbringen, Isabel die zerfetzten Kleider auszuziehen. Zuerst hatte Isabel sich gesträubt, doch als sie merkte, dass man ihr nichts Böses wollte, fügte sie sich und ließ es beschämt über sich ergehen, dass man sie wusch wie ein kleines Kind. Ein paar junge Mädchen und zwei kleine Jungen, die kaum dem Krabbelalter entwachsen waren, sahen ihnen dabei zu. Die Wilden plapperten in ihrer fremden Sprache, lachten sie mit vom Betelsaft rot verfärbten Zähnen an und rieben immer wieder mit den Fingern über Isabels Haut, die an Händen und Unterarmen inzwischen leicht gebräunt war. Wahrscheinlich hatten sie noch nie eine weiße Frau gesehen. Dennoch kam Isabel sich vor wie ein Stück Vieh, das für eine Auktion vorbereitet wurde.
    Dann begann man, ihren Körper mit nach Kokosnuss duftendem Öl einzureiben. Von oben nach unten, über Schultern, Bauch und Hüften bis hinunter zu ihren Füßen. Erst als eine ältere Schwarze mit dem Öl auch zwischen ihre Beine fahren wollte, legte Isabel die Hand auf ihre Scham und schüttelte den Kopf. An dieser Stelle berührte sie sich ja nicht einmal selbst!
    Die Alte sprach lebhaft auf sie ein, und als sie nicht verstand, deutete sie auf Isabel. Dann zupfte sie mit beiden Händen an ihren Haaren herum und drehte kleine Strähnen ab, bis Isabel klarwurde, dass sie Noah damit meinte. Anschließend bildete die Frau aus Daumen und Zeigefinger einen Ring, steckte dann den Zeigefinger ihrer anderen Hand in den Ring und bewegte ihn auf und ab.
    Was wollte sie ihr damit nur sagen? Eine Ahnung machte sich in Isabel breit, und sie spürte, wie Hitze in ihr aufstieg. Sollte es das bedeuten, dass sie Noahs »Trophäe« war? Dass sie ihm gehörte? Dass er vollständig über sie verfügen konnte?
    Aber nein, das war sicher nicht der Fall. Noah mochte unberechenbar sein und es mit der Wahrheit selten genau nehmen, aber er war kein schlechter Mensch.
    Wirklich nicht?
    Er hatte womöglich einen Mord auf dem Gewissen. Er hatte sie in die Wildnis entführt. Er hatte sie gefesselt und alleine gelassen und ins Wasser geworfen und zu Tode erschreckt.
    Aber er hatte sich nicht an ihr vergangen, obwohl er dazu in den zurückliegenden Tagen mehr als genug Gelegenheiten gehabt hätte. Stattdessen hatte er sie gehalten, als sie Schüttelfrost bekommen hatte. Und sie davor bewahrt, die Gemahlin des Häuptlings zu werden.
    Und sie geküsst.
    Entschlossen schob Isabel die Hände der Alten weg. Sie war erleichtert, als diese endlich davon absah, sie dort unten einzureiben, und ihr einen aus vielen langen Bastschnüren gefertigten Rock reichte. Man zeigte ihr, wie sie den raschelnden Bastrock mit bunten Bändern um ihre Taille zu binden

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