Im Herzen der Wildnis - Roman
Polarlicht so hell, dass die ganze Bucht, die Berge, der Fjord und die Stadt aus Zelten und Blockhütten wie mit Sternenglitzer überzogen aussahen. Und wie hell es dann war!
Randy richtete sich auf und blickte den Abhang hinunter nach Valdez. Seine Flanken bebten. Josh folgte seinem Blick: Ian stieg zu ihnen herauf. »Hey, Ian.«
»Josh.« Er setzte sich neben ihm ins Gras und blickte hinunter zum Schiff, das sich langsam dem Hafen unter ihnen näherte. Er kraulte Randy. »Rob hat telegrafiert, dass er nächste Woche nach Valdez kommen wird. Er trifft sich mit Colin, um sich mit ihm das Kupfervorkommen in den Chugach Mountains anzusehen. Er will mit uns beiden reden und fragt, ob wir am nächsten Freitag noch in Valdez sind.«
»Ah.«
» Bist du nächste Woche noch in Valdez, Josh?«, fragte Ian mit einem unverkennbar gereizten Unterton.
»Ja, sicher. Wenn es nach Sissy geht, wird Rob mein Schwager. Ich will ihn kennenlernen.«
»Und er dich.« Ian schnaubte. »Josh, was machst du hier?«
»Ich sitze hier und warte auf das Schiff da unten.«
»Das meine ich nicht«, sagte er genervt.
»Dachte ich’s mir doch!« Josh fingerte die Packung Chesterfields unter dem Parka hervor, doch sie war leer. Er knüllte sie zusammen und stopfte sie zurück.
»Josh, du bist geschäftsführender Partner eines der größten Unternehmen der Welt …«
»Ian, sei so gut!«
»Was?« , blaffte er.
»Ich bin hier, weil du mein Freund bist. Nicht weil ich dein Boss bin.«
» Das war deutlich! Du bist mein Boss!« Die ganze Situation passte Ian nicht, das war ihm anzumerken. Er schnaubte ungehalten, und der weiße Dunst seines Atems hüllte ihn ein. »Aber ich mache jetzt deinen Job.«
Was soll ich denn darauf sagen?, fragte sich Josh. Am besten gar nichts. Ich will keinen Streit provozieren. Ich will Ian nicht auch noch verlieren. Er will den Job machen. Und er will das Geld haben, das Charlton ihm zahlt: Zwei Millionen Dollar in nur vier Jahren, wenn Ian recht hat und am Tanana Gold gefunden wird – und das wird es, ganz sicher.
»Mich an unsere Freundschaft zu erinnern war völlig unnötig!« Ian sprang auf. Jetzt war er richtig wütend. »Ich weiß, wie du dich fühlst! Wie einsam du ohne sie bist. Wie verzweifelt. Aber hast du auch nur einen Augenblick daran gedacht, wie ich mich dabei fühle?« Abrupt wandte sein Freund sich ab und stapfte den Abhang wieder hinunter.
»Ian, du warst immer wie ein Bruder für mich.«
Er blieb stehen und ballte die Fäuste. »Verdammt nochmal!«
»Es muss einen Weg geben, die Sache zwischen uns zu regeln. Lass uns darüber reden. Nicht über sie und mich, sondern über uns . Wir sind immer noch Freunde, Ian.«
»Es kann nie wieder so sein, wie es mal war.« Ian ging weiter.
»Hey, warte doch mal …«
»Es ist schon spät. Ich gehe schlafen.« Ian drehte sich nicht mehr zu ihm um, bis er zwischen den Zelten verschwand.
Ich werde Ian verlieren, dachte Josh bekümmert. Und ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll.
Randy spürte, wie elend er sich fühlte, und winselte leise, während Josh ihn streichelte. Wie hatte der Husky sich gefreut, als er ihn nach all den Monaten wiedergesehen hatte! Er war herumgesprungen wie ein Verrückter, hatte gekläfft und gewinselt und gejault und hatte sich nicht beruhigt, bevor Josh ihn liebevoll geknuddelt hatte.
Mit abgespreizten Pfoten setzte Randy sich jetzt auf, klopfte mit der Rute auf den Boden und grinste ihn an. Er zeigte ihm immer die Zähne, wenn er ganz besonders nett sein wollte. Er freute sich, wenn Josh mit ihm rang, wand sich dann mit vor Begeisterung bebenden Flanken, und seine hellblauen Augen leuchteten. Obwohl er wild und unbezähmbar wie ein Wolf sein konnte, war er doch vollkommen zahm. Randy schlief gern warm und kuschelig, am liebsten ganz dicht neben Josh. Der Husky war ein feiner Kerl, ein echter Freund. Für jemanden, der nicht selbst die Einsamkeit der Winternächte am Polarkreis erlebt hatte, war es schwer zu verstehen, wie tief die Freundschaft zwischen einem Mann und seinem Husky sein konnte. In einer eisigen Nacht am Feuer zu sitzen und zu spüren, wie die Hunde alles aufmerksam beobachteten, was er tat, gab Josh das Gefühl von wohliger Geborgenheit. Er sprach mit seinen Huskys, und sie schienen ihn zu verstehen, denn sie kannten den Tonfall seiner Stimme genau. Randy würde ihn niemals verlassen, wie Ian es gerade getan hatte. Er enttäuschte ihn nie.
Josh blickte hinunter zu dem Schiff, das gerade die
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