Im Herzen der Wildnis - Roman
Hafenmole ansteuerte und kurz darauf anlegte. Die Taue wurden festgemacht, die Gangway wurde hinübergeschoben, und die ersten Cheechakos schleppten ihre Ausrüstung an Land und setzten sie auf der Mole ab, um sich umzusehen.
Josh richtete sein Fernglas auf die Mole und betrachtete die Gesichter, die im Schein des Polarlichts aufleuchteten. In dem Geschiebe zwischen den Menschen und den Gepäckhaufen dort unten hätte er keine Chance, sie zu entdecken.
Immer mehr Männer, viele betrunken und alle einsam, taumelten aus dem Saloon am Hafen und schoben sich zum Schiff, wo sie sich dicht gedrängt am Bug aufstellten. Sie warteten sehnsüchtig auf die Briefe aus der Heimat, die gleich dort verteilt wurden, und versuchten noch heute Nacht ihre Post zu bekommen. Die Poststation im Laden von Tyrell & Sons öffnete erst gegen Mittag, wenn die Briefe und Päckchen sortiert waren. Dann war der Andrang noch größer. Viele Pakete enthielten Fotos von Ehefrauen und kleinen Kindern, die in Seattle, Chicago oder New York zurückgeblieben waren. In anderen befanden sich selbst gemalte Bilder von Kindern, die ihren Daddy sehnsüchtig vermissten, oder selbst gebackene Schokoladenkuchen, die schon hart und trocken waren, wenn sie in Alaska ankamen.
Die meisten Männer und Frauen, die jetzt von Bord gingen, trugen schlichte Straßenkleidung. Sie hatten keine Ahnung, auf welches Abenteuer sie sich in Alaska einließen. Sie würden morgen oder übermorgen mit ihrer Ausrüstung über den Valdez-Trail nach Norden zum Tanana und zum Nenana ziehen, wie Ian es vorausgesagt hatte, oder den Yukon hinauf zu den Goldfeldern am Klondike. Einige von ihnen würden Gold finden. Wenige würden ihr Glück machen. Und keiner würde länger als ein Jahr bleiben, bevor er ärmer als zuvor, aber reicher an Erfahrungen, nach Hause zurückkehrte.
Josh spähte durch das Fernglas, ließ seinen Blick über die Cheechakos und ihre aufgestapelten Gepäckhaufen schweifen, die aufgeregt wiehernden Pferde, die wütend kläffenden Huskys und die Gruppe betrunkener Kerle, die sich mittlerweile um die Post prügelten, aber sie konnte er nirgendwo entdecken. Seine Kehle war eng, als er das Taschentuch hervorzog und Randy daran schnuppern ließ. »Such! Na los!«
Der Husky flitzte wie ein Irrer hinunter zum Hafen. Durch das Fernglas beobachtete Josh, wie er zwischen den Cheechakos umherirrte und mit wedelnder Rute am Gepäck schnüffelte. Schließlich kehrte er zu Josh zurück, hockte sich hechelnd neben ihn und grinste ihn an, als wollte er ihn trösten.
Josh fuhr sich über die brennenden Augen.
Sie war nicht gekommen.
Skip war sehr still, als Shannon gegen Mitternacht vom Bootssteg der Lodge ablegte. Ihr Geständnis, sie sei schwanger, hatte ihn schwer getroffen. Sie hatte es ihm eigentlich nicht sagen wollen, aber Alistairs Bemerkung hatte ihr keine andere Wahl gelassen, als sich Skip anzuvertrauen. Trotz seiner Bestürzung reagierte er erstaunlich besonnen und änderte die Arbeitsteilung an Bord, sodass sie länger schlafen und sich ausruhen konnte. Er würde vierzehn Stunden am Ruder stehen, sie nur zehn. Und nur bei Wendemanövern, bei denen er sie am Segel brauchte, wollte er sie wecken.
Shannon war gerührt, wie Skip sich um sie und ihr Kind sorgte, und sie war ihm dankbar, dass er sie nach Alaska begleitete.
»Weißt du noch, als wir Kinder waren?«, hatte er erwidert. »Wenn Colin, Aidan oder Eoghan mich verprügelt haben, hast du mich getröstet. Und wenn ich mich vor einem Gewitter geängstigt habe, hast du mich beruhigt. Wir vertrauen einander. Versprich mir, dass du dich nie wieder vor mir verschließt und mich anlügst. Shannon, ich hoffe von ganzem Herzen, dass du mit Jay und dem Kind glücklich wirst.«
Sie hatte Skip aufmerksam gemustert, doch sie hatte in seinem Gesicht nichts bemerkt, was darauf schließen ließ, dass er mit der Situation nicht klarkam. Sie war erleichtert, dass der werdende Onkel sich sogar auf das Kind zu freuen schien.
Sie nahm Kurs auf das Golden Gate und lauschte auf das vertraute Knarren der Planken, das Knattern der Segel und das Rauschen der Wellen, die am Rumpf entlangglitten. Die Lichter von San Francisco zogen an ihnen vorbei, und sie steuerte hinaus in die Weiten des Pazifiks. Als sie mit flatternden Segeln nach Norden drehte, schoss das Boot über die Wogen in Richtung Alaska. Der Wind zerzauste ihr Haar, die salzige Gischt legte sich über ihr Gesicht und brannte in ihren Augen, aber sie genoss die schnelle
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