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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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geschehen würde. O Gott! Nicht das! Seine Augen brannten, und sein Herz pochte schmerzhaft gegen seine Brust, sodass er kaum noch atmen konnte. »Ian, nicht!«
    In diesem Augenblick schnitt Ian mit einem Ruck das Seil durch und fiel rückwärts auf die Schneestufe über dem Abgrund. Einen Moment lang blieb er benommen im Schnee liegen. Dann richtete er sich auf. »Josh!«, rief Ian mit erstickter Stimme. »Verzeih mir! Ich wollte …«
    Ein dumpfes Dröhnen ließ das Gletschereis erzittern!
    »Ganz ruhig, Ian! Nicht bewegen!«
    Panisch weiteten sich Ians Augen, als er sich umblickte. Der gefrorene Schnee zerbarst unter seinem Gewicht. Als ein von Rob losgetretener großer Schneebrocken auf ihn herabstürzte, rutschte Ian ab, versuchte sich mit den Fellfäustlingen am weggleitenden Schnee festzuhalten, fand aber keinen Halt und schlitterte über den Rand des Abgrunds.
    Verzweifelt sprintete Josh zu ihm hinüber, warf sich flach auf den Boden, rutschte mit Schwung auf den Abgrund zu und packte in letzter Sekunde sein Handgelenk. Doch es entglitt ihm, und er hielt nur den Handschuh in der Hand, als Ian in die schwarze Tiefe stürzte.
    »Josh!«
    »Ian!«
    Mit Tränen in den Augen blickte Josh ihm nach, bis er ihn in der Dunkelheit nicht mehr ausmachen konnte. Dann brach er zusammen, presste sein Gesicht in den verharschten Schnee und schrie vor Schmerz und Trauer. »Iaaaaan!«
    Doch sein Freund antwortete nicht mehr.
    Ian war tot. Der Freund, der ihm das Leben retten wollte, hatte seines für ihn gegeben.

19
    Mit brennenden Augen starrte Josh ins Lagerfeuer, das Colin und Rob am Ufer des Klutina River unterhalb des Gletschersees errichtet hatten. Er spürte ihre mitfühlenden Blicke über die Flammen hinweg und las noch einmal, was er nach dem Abendessen geschrieben hatte.
    Geliebte Shania,
    Verzweiflung und Trauer zerreißen mir das Herz. Mein bester Freund ist heute gestorben, als er mir das Leben retten wollte. Nach Dir habe ich nun auch Ian verloren, der wie ein Bruder für mich war. Von jenen, die ich geliebt habe, ist mir nur noch Randy geblieben …
    Der Husky legte den Kopf auf sein Knie und winselte. Josh kraulte ihn zwischen den Ohren.
    Colin kam ums Feuer herum, hockte sich neben ihn ins bemooste Geröll und reichte Josh eine Tasse Kaffee. Die Wunde auf seiner Stirn hatte Rob verbunden, nachdem er Colin und Josh aus der Spalte gezogen hatte, die für Ian zum Grab geworden war. »Josh?« Colin sah ihn von der Seite an. »Rob hat mir erzählt, was er gestern mit Ian besprochen hatte.«
    Josh nickte stumm. Er trank einen Schluck Kaffee, der ziemlich stark nach Whiskey schmeckte.
    »Josh, ihr seid nicht unversöhnt auseinandergegangen. Ian hat einen Weg gesucht, damit ihr für immer Freunde bleiben konntet …«
    »Ich habe alles verloren. Shania, Ian, Will, meine Familie …« Er konnte nicht weitersprechen.
    Colin legte ihm die Hand auf die Schulter, sagte aber nichts.
    Josh wusste auch so, was er ihm mit dieser tröstenden Geste sagen wollte: Ich kann dir Ian niemals ersetzen. Aber ich bin dein Freund und du bist meiner.
    Als Skip sich wieder auf seinem Lager hin und her warf, legte Shannon Stift und Notizbuch weg. Der erste Artikel war schon fast fertig. Sie legte ihrem Bruder die Hand auf die Stirn. Er fror und schwitzte gleichzeitig. »Skip?«
    Teilnahmslos starrte er hinauf zum Zeltdach und lauschte auf den niederprasselnden Regen, der schon alles durchweicht hatte, seit Shannon das Lager im Keystone Canyon errichtet hatte. Der Gewitterregen hatte den Fluss gefährlich anschwellen lassen. Der Weg durch die enge Schlucht war zum reißenden Gebirgsbach geworden. Sie wäre gern noch weitergeritten, weil sie bei anhaltendem Regen Flutwellen, Schlammlawinen oder Steinschläge fürchtete, aber Skip war zu schwach gewesen, um noch eine halbe Stunde durchzuhalten. Als sie angehalten hatten, wäre er beinahe vom Pferd gestürzt.
    Sie breitete noch ihre Decke und ihren Schlafsack über ihn. Obwohl beides feucht geworden war, konnten die zusätzlichen Schichten ihn ein wenig wärmen. Aber das fürchterliche Zittern und Zucken hörte nicht auf, und Skip trat weiter mit den Füßen gegen seinen Schlafsack.
    Sein Zustand wurde von Stunde zu Stunde bedrohlicher. Auf dem Trail hatte er sich schwach und zittrig gefühlt, aber das Abladen der Ausrüstung und das Absatteln der Pferde war zu viel für ihn gewesen. Er hatte sich ins rasch aufgebaute Zelt verkrochen und vergeblich versucht, mit dem Bowiemesser und einem Stein

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