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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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bestellte für sich gleich noch eine Portion.
    Zum Kaffee setzte Charlotte sich an ihren Tisch und erzählte von ihrem Dorf im Schwarzwald, ihrem Aufbruch nach Alaska, ihrem Kampf mit dem Klutina und dem tragischen Tod ihres Mannes, den sie in Seattle kennengelernt hatte. Charlotte hatte ihn begraben und diese Hütte gebaut. Mit ihrem Bed & Breakfast mit sauberer Bettwäsche und deftigen Mahlzeiten verdiente sie weit mehr als bei der Goldsuche. Sie würde niemals nach Hause zurückkehren. In Alaska konnte sie sein, wie sie wollte: eine mutige Frau, ein ganzer Kerl.
    Charlotte mit ihrer Tapferkeit, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Abenteuerlust erinnerte Rob an Shannon, und er musste wieder an sie denken, wie fast ständig während der letzten Tage. Er war weder überrascht noch schockiert, als sie ganz selbstverständlich Colins Hand nahm und mit ihm die Treppe hinauf in ihr Zimmer verschwand, während Josh und er ihre Blaubeerpfannkuchen aßen und sich Kaffee nachschenkten. Es dauerte eine Stunde, bis die beiden wieder herunterkamen, und Charlottes Augen funkelten, als hätte sie ihren Spaß gehabt. Colin, ganz Gentleman, beleidigte sie nicht, indem er ihr Geld in die Hand drückte. Als sie nicht hinsah, schob er einen Hundertdollarschein unter seinen Teller und verschwand mit einem Beutel Kaffee und einem Sack Mehl in ihrer Küche, um kurz darauf mit den leeren Leinenbeuteln zurückzukehren, die er wieder auf dem Packsattel verstaute.
    Nach einer herzlichen Umarmung zogen sie weiter zum See. Sie ritten am Ufer entlang, schlugen sich durch dichte Wolken von blutrünstigen Moskitos, bis sie sich nach Westen wandten und ein schmales, bewaldetes Tal hinaufritten. Das Summen der kleinen Quälgeister wich nach und nach dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel.
    Der Ritt durch den Wald war herrlich. Den Mythos vom majestätischen Schweigen der Wildnis widerlegte eine wahre Sinfonie von Geräuschen – ein Knacken und Knistern, ein Zwitschern und Pfeifen, das die Huskys wie die Irren die steilen Hänge hinaufflitzen ließ. Sie jagten Zobel, Nerze und Füchse. Überall grünte und blühte es, und das Wild, das keine Angst vor den Menschen hatte, lief den Reitern fast bis vor die Füße. Colin schoss drei Murmeltiere, deren Fleisch er mit heißen Steinen und frischen Kräutern im Balg garen wollte.
    Als sie die Höhe erreichten, sahen sie wieder die Chugach Mountains, die jetzt, Anfang Juni, immer noch tief verschneit waren. Sie wandten sich nach Norden und überstiegen einen weiteren Höhenzug. Auf den verharschten Schneefeldern mussten sie absteigen und die Pferde führen. Weil die Tiere mit ihren Hufeisen ausglitten, zerschnitt Josh die leeren Leinenbeutel zu Lappen, mit denen Colin und Rob die Hufe umwickelten. Die Huskys hatten ihren Spaß! Kläffend tollten sie herum und rauften miteinander im Schnee.
    Auf der anderen Seite ritten sie hinunter in ein Tal, durch das ein Gebirgsbach hinabplätscherte. Am späten Nachmittag legten sie sich ins Gras, hielten den Kopf ins eiskalte Wasser und tranken gierig. Nach der Verschnaufpause stiegen sie wieder auf, weil Colin vor dem Nachtlager noch das nächste Tal erreichen wollte.
    In den dichten Wäldern an den Berghängen pfiffen Habichte. Das dichte, bemooste Unterholz machte ein Eindringen unmöglich, und so hielten sie sich auf einem schmalen Wildpfad, der sich zwischen den Felsen hindurchschlängelte. Die Murmeltiere warnten sich gegenseitig vor den Huskys, die über die blühenden Bergwiesen flitzten, um sie zu jagen. An einem tiefblauen Bergsee schlugen sie schließlich das Lager auf.
    Da sie nur noch ein Zelt für drei Leute hatten, warf Josh die Decke, in die er sich wickeln wollte, neben das Feuer. Colin und Rob sahen sich an, ließen das Zelt in sich zusammenfallen und warfen ihre Schlafsäcke neben Joshs Decke.
    Nach dem Abendessen hockte Josh mit Randy abseits des Lagerfeuers. Das war seine Art, um Ian zu trauern. Eine Weile saß er so, dann holte er sein Schreibzeug, um wie jeden Abend einen Brief zu schreiben. Rob fragte sich, wie er sich fühlen würde, wenn er Evander verlieren würde. Oder Tom.
    Während der kurzen Nacht schreckte Josh mit einem Schrei aus dem Schlaf, kämpfte sich panisch aus Ians Decke und taumelte hinaus in die Dunkelheit, die nur vom Polarlicht erhellt wurde. Als Rob ihm folgen wollte, packte Colin ihn am Arm. »Lass ihn, Rob. Er muss damit zurechtkommen, und das schafft er nur allein.«
    Ganz leise konnte er Josh weinen hören. Traurig ließ

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