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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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verkauft. Auch die Schlafplätze an Deck, in den Gängen und im Frachtraum.
    Colin, Jake und Josh ließen sich mit dem Gepäck und den Huskys zur Voyager hinüberrudern. Am nächsten Morgen sollte sie durch den Norton Sound nach Nome weiterfahren. Das Schiff war von der Brandon Corporation gechartert worden, daher hatte Josh keine Probleme, eine Kabine für sie zu bekommen – obwohl die Voyager das letzte Schiff des Jahres nach Nome war. Sie würde sofort zurück nach San Francisco fahren, um nicht vom arktischen Eis, das bis in die Beringsee trieb, eingeschlossen zu werden. In wenigen Wochen, im September, spätestens aber im Oktober, würde die Beringsee zufrieren, und Nome wäre für acht oder neun Monate von der Welt abgeschnitten.
    Mit geschlossenen Augen lauschte Tom auf das Donnern und Rauschen und Plätschern der Brandung, das die Brise durch das Fenster hereinwehte, das Glucksen des zurückweichenden Wassers, das Sand aufwirbelnd auf eine neue Welle traf, die Schreie der Möwen am Novemberhimmel. In einer anderen Tonart rauschten die Blätter des Eukalyptusbaums vor seinem Fenster. Er erinnerte ihn an Lightning Ridge, wo im November die Sommerhitze glühte. Plötzlich konnte er den Duft der roten Erde riechen, die Hitze spüren, den roten Staub auf seiner Haut und das schwere Werkzeug in seiner Hand. Schwarze Opale – ein Feuerwerk von Farben …
    Er seufzte leise.
    »Tom?« Evander legte die Papiere weg, die er gelesen hatte, und kam herüber. »Alles in Ordnung?«
    Tom blinzelte ins Licht.
    Evander setzte sich neben ihn. »Das Morphium macht dich so müde, Tom. Hast du ein bisschen geschlafen?«
    »Nur nachgedacht. Und mich erinnert.«
    »Woran?«
    »Lightning Ridge. Meine ersten Opale.«
    »Willst du sie dir ansehen? Soll ich Mr Portman …?«
    Ein leises Klopfen. Shannon steckte den Kopf zur Tür herein. Als sie sah, dass er wach war, trat sie ein, schloss leise die Tür hinter sich und kam herüber zum Bett. Evander erhob sich und ging ihr entgegen. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und flüsterte: »Alistair war hier. Wir reden später.«
    »Ist gut«, nickte sie und strich ihm leicht über die Schulter, als er zur Tür ging und den Raum verließ.
    Shannon kam zu Tom herüber. »Hey.«
    Wie bedrückt sie aussieht!, dachte er bekümmert. Dabei gibt sie sich solche Mühe, heiter und unbeschwert zu wirken, um mir das Sterben leicht zu machen. Aber es war nicht leicht, für keinen von ihnen. Nicht für ihn selbst, nicht für Rob, nicht für sie. Aber gerade Shannon hielt an ihrem Wir fest, als wäre es ein kostbares Juwel, das er ihr geschenkt hatte und das sie nie wieder loslassen wollte. Dieses kleine Wir tröstete ihn und ließ ihn vergessen, wie schwach er war. Als er sich vorhin im Spiegel gesehen hatte, war er selbst erschrocken. Er sah aus, als wäre er um dreißig Jahre gealtert, seine Haut war stumpf und grau, seine Haare weiß und schütter, und er hatte stark abgenommen. Doch sie … sie ließ sich nichts anmerken. Obwohl er ganz genau wusste, wie nahe ihr sein Sterben ging.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Alistair hat mir vorhin eine Morphiumspritze gegeben.«
    »Hast du noch Schmerzen?«
    »Seit einer Stunde nicht mehr.«
    »Willst du sitzen oder liegen?«
    »Sitzen.«
    Sie legte ihren Arm um ihn und zog ihn hoch, damit sie das Kissen aufschütteln konnte. Sie stopfte ein zweites hinter seinen Rücken und ließ ihn zurücksinken. Ihr Bauch behinderte sie, und ihr Rücken schmerzte, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Darf ich mich zu dir setzen?«
    Tom nahm ihre Hand und lächelte.
    Mit durchgedrücktem Rücken ließ Shannon sich auf dem Rand des Bettes nieder, und Tom ahnte, wie beschwerlich die Schwangerschaft für sie war. Ihr runder Bauch sah aus, als wäre sie bereits im achten Monat, nicht erst im sechsten. Sie sollte sich Ruhe gönnen, die Füße hochlegen und sich von Rob und Evander verwöhnen lassen. Aber nein! Sie hielt Reden und unterstützte ihren Cousin – während des Wahlkampfs stand Shannon öfter neben Eoghan als seine Frau Gwyn. Sie mutete sich einfach zu viel zu. Tom machte sich Sorgen um sie. Sie wirkte erschöpft, als hätte das Kind sie wieder die ganze Nacht wachgehalten. Vielleicht war es aber auch Rob. Wie verliebt er in sie war! Er lag stundenlang mit ihr im Bett, hielt sie im Arm und streichelte sie. Manchmal war er beunruhigt, weil er nicht fühlen konnte, wie das Kind die Arme reckte oder mit den Beinen trat. Aber wenn Shannon ganz sanft mit dem Kleinen

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