Im Herzen der Wildnis - Roman
die Ankündigung von Shannons und Robs Hochzeit. Wenn das kein Grund zum Feiern war! Colin lud die Passagiere auf ein Glas Champagner und ein Abendessen ein. Er war so stolz auf seine Schwester!
Colin war so großzügig, dass sie im nächsten Indianercamp neue Vorräte an Bord nehmen mussten: geräucherten Lachs, frisches Elchfleisch und Trockenfleisch mit Blaubeeren. Die meisten Passagiere nutzten den Aufenthalt für ein ausgiebiges Bad im eisigen Yukon, mit Seife, Schaum und Rasiermesser, während die frisch gewaschene Wäsche in den Büschen und Bäumen am Ufer trocknete. Colin blieb wieder einmal für eine Weile verschwunden. Als er endlich wieder auftauchte, winkte ihm eine Indianerin aus einer der Hütten nach.
Jake, der Josh an Deck rasierte, beobachtete stirnrunzelnd, wie Colin über die Gangway an Bord kam. Dann sah er Josh an. »Sag mal, willst du ihr eigentlich für immer treu bleiben?« Er deutete auf das Notizbuch, das neben Josh lag. Josh wusste nicht, was er antworten sollte. Er wusste nicht einmal, was er nach all den Monaten noch für sie empfand. War es Sehnsucht? Oder Liebe?
In der Holy Cross Mission an der Biegung des Yukon nach Westen besichtigten die staunenden Passagiere nach der Sonntagsmesse in der Missionskirche die einzige Farm Alaskas. Trotz des Permafrosts bauten die Jesuitenpatres Kartoffeln, Kohl, Steckrüben, Rettich, Sellerie und Salat an. Frisches Gemüse und knackiger Salat mitten in Alaska! Ein Festessen wie im Palace Hotel! Nach dem Mittagessen an Bord nutzten die meisten Passagiere die Zeit für eine Einkaufstour im Trading Post der Mission. Einer der Patres war auf die Idee gekommen, kistenweise Coca-Cola aus Kalifornien kommen zu lassen. Während des ganzen Sonntagnachmittags liefen die Passagiere der Northern Lights mit Coca-Cola-Flaschen durch die Mission und gaben mit vollen Händen ihr Gold für geschnitzte Grizzlys aus Holz und genähte Huskys aus Wolfspelz aus – Souvenirs, die an eine aufregende Zeit in Alaska erinnern sollten. Colin kaufte für Shannon einen niedlichen Husky.
Die Fahrt nach Westen wurde gegen Abend fortgesetzt. Als sie am nächsten Morgen an Deck gingen, entdeckten sie am Flussufer große Gestelle, auf denen die Indianer Lachs trockneten. Josh bat den Kapitän um einen kurzen Halt und kaufte eine Menge Trockenlachs für seine Huskys, die wie die Irren durchs Indianercamp flitzten und sich kläffend austobten. Nur Stunden später passierten sie die russisch-orthodoxe Kirche von Ikogimut. In der russischen Mission nahmen sie wieder Holz an Bord, bevor die Fahrt nach Westen weiterging.
In jener Nacht wurde es sehr kalt, und am nächsten Morgen stand Josh an der Reling und beobachtete, wie am Ufer das Wasser gefror und die dünnen Eisflächen sich auf das Schiff zuschoben. Und dann geschah es! Das Eis schloss sich von beiden Seiten, und plötzlich glitt der Bug der Northern Lights durch krachendes Eis! »Der Yukon friert bald zu!«, murmelte Jake. »Und wir haben noch nicht einmal Anfang September. Das wird ein langer und kalter Winter am Ende der Welt.«
Die Mündung des Yukon in die Beringsee erreichten sie an einem verregneten Nachmittag. Sie passierten die Inseln im sumpfigen Delta, als sie am Horizont eine Rauchwolke entdeckten. Ein Dampfer, der wie sie nach St. Michael fuhr!
Auf der Beringsee lieferten sich die beiden Kapitäne ein Wettrennen, das die Passagiere an der Reling bis zur letzten Minute in Atem hielt: Flussschiff gegen Ozeandampfer! Wer war zuerst in St. Michael? Wessen Passagiere wurden zuerst an Land gerudert, um sich eine Unterkunft zu suchen und um sich mit Vorräten zu versorgen?
Die Northern Lights gewann mit drei Bootslängen Vorsprung vor der Voyager . Das Schiff ankerte vor dem Strand von St. Michael, einem verschlafenen Inuit-Städtchen, das aus Hütten und Zelten in der morastigen Tundra, Trockenfischgestellen, Kajaks und rostigem Schrott von Dampfschiffen am Strand bestand. Offenbar waren die Heckraddampfer monatelang vom Eis der Beringsee eingeschlossen und langsam zerdrückt worden.
Die ausgebooteten Passagiere begaben sich sofort zum Handelsposten der Brandon Corporation, denn dort gab es alles, was sie brauchten: Vorräte, Reservierungen von Hotelzimmern und Buchungen von Passagen nach Nome und San Francisco. Die dreiwöchige Reise nach Kalifornien sollte normalerweise hundertzehn Dollar kosten, aber die wenigen verfügbaren Plätze waren vermutlich bereits innerhalb von zehn Minuten an die Meistbietenden
Weitere Kostenlose Bücher