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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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seine Schulter hinweg konnte Shannon das Aquarell von der Lone Cypress an der Wand gegenüber sehen. Da war ihr Boot! Und da lagen Jay und sie an Deck! Sie wollte den Raum betreten, doch er rührte sich nicht. »Lance? Was ist denn?«
    Langsam drehte er sich zu ihr um. Er war blass. Und er zitterte. »Shannon … Es tut mir so leid.«
    »Was denn?« Sie schob sich an ihm vorbei und warf einen Blick ins Schlafzimmer. Vor dem zerwühlten Bett erkannte sie das Brautkleid und den Schleier. Daneben lagen Robs Frack, seine Hose, sein Hemd und seine Seidenkrawatte. Sie fühlte Lance’ Hand, die sie festhielt, weil sie taumelte. Erst jetzt hörte sie im Bad die Dusche rauschen. Sissy sagte etwas, das sie nicht verstehen konnte, und Rob antwortete ihr.
    Sie drehte sich zu Lance um. Er war ebenso schockiert wie sie.
    »Lass uns gehen«, bat Lance sie leise.
    In diesem Augenblick wurde im Bad die Dusche abgestellt. Das Wasser tropfte. Wer trocknete jetzt wen ab? Shannon schob Lance aus dem Schlafzimmer und schloss die Tür. Sie stürmte zur Treppe.
    Lance folgte ihr. »Was hast du vor?«
    »Ich gehe.«
    Er hastete neben ihr her die Stufen hinunter. »Du verlässt die Party? Soll ich dich nach Hause fahren?«
    Shannon sah ihn von der Seite an. »Ich verlasse nicht nur die Party, Lance. Ich verlasse ihn .«
    Auf dem Weg zur Tür fing Charlton sie im Foyer ab. »Du willst schon gehen?«
    »Ja.«
    »Du hast mir einen Tanz versprochen, schon vergessen?«
    »Tut mir leid.«
    Charlton runzelte die Stirn. »Was ist passiert?« Als sie nicht sofort antwortete, fragte er: »Wo ist Rob?«
    Sie sagte es ihm.
    Schockiert ließ er seine Havanna sinken. Die Asche rieselte auf den glänzenden Marmor des Foyers. »Shannon, ich kann dir nicht sagen, wie leid mir das tut«, sagte er aufrichtig.
    Sie nickte stumm.
    »Ich sehe jetzt Caitlin vor mir. An dem Tag, als sie mich verließ. Das ist jetzt fünfzig Jahre her. Aber ich weiß noch genau, wie ihre Augen geblitzt haben.«
    Shannon lachte trocken. »Ich bin noch viel wütender als sie.«
    »Du wirkst ganz ruhig.«
    »Das scheint nur so. Ich zittere vor Wut und Enttäuschung.«
    »Kann ich etwas für dich tun?«, fragte er voller Mitgefühl.
    »Ich brauche eine Stunde Vorsprung. Länger benötige ich nicht, um zu packen und mein Kind zu holen. Ich nehme Robs Buick. Kannst du dafür sorgen, dass er mir nicht mit Sissys Duryea folgt?«
    »Ich geleite dich hinaus und hole die Kurbel.«
    »Danke, Charlton.«
    »Soll ich Rob etwas ausrichten?«
    »Ist die Frage ernst gemeint?«
    »Entschuldige.« Charlton besann sich. »Und Evander?«
    »Sag ihm, er soll Rob zur Seite stehen. Er braucht jetzt einen Freund. Den besten, den er finden kann.«
    Sie wusste nicht, ob sie Rob das, was heute Nacht geschehen war, jemals verzeihen konnte. Sie hatte keine Kraft mehr, jetzt darüber nachzudenken. Sie würde ohne Abschied gehen.
    »Wohin willst du?«
    »Nach Alaska.«
    »Mit dem Kind?«
    »Ich will Ronans Daddy suchen.«
    Da schluckte er! »Wann kommst du zurück?«
    »Sobald ich ihn gefunden habe.«
    Wütend zerrte sie am Gashebel und beschleunigte den Buick den Nob Hill hinunter auf Höchstgeschwindigkeit. Shannon achtete nicht auf Schlaglöcher in der menschenleeren Straße, während sie mit Vollgas dahinjagte. Sie umklammerte die Lenkstange so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    Wir haben uns geliebt, dachte sie. Wir waren glücklich gewesen. Wieso, Rob? Warum tust du mir das an? Wieso zerstörst du alles, was wir uns in den letzten Monaten aufgebaut haben? Unsere Ehe … unsere Liebe … unsere Freundschaft …
    Und Ronan?
    Shannon rang mit den Tränen, als sie mit heulendem Motor, ratterndem Fahrgestell und quietschenden Reifen noch im zweiten Gang auf das Kopfsteinpflaster der Market Street einbog und in Richtung der Twin Peaks raste. Die Straße lag still vor ihr. In einigen Stunden ratterten hier die Cable Cars, die Schaufenster erstrahlten, die Straßenmusiker spielten für eine Hand voll Cents. Doch jetzt, in dieser frühen Morgenstunde, herrschte Stille.
    Sie wusste nicht, ob sie Rob das, was heute Nacht geschehen war, jemals vergeben konnte. Sie hatte keine Kraft mehr, jetzt darüber nachzudenken. Sie würde ohne Abschied gehen.
    Robs Butler hatte den Buick in der Auffahrt gehört. Er öffnete ihr die Tür. »Guten Morgen, Ma’am.«
    »Guten Morgen, Mr Mulberry.«
    Er sah ihr an, was geschehen war, und senkte den Blick, um nicht ihr tränennasses Gesicht anzustarren. »Tut mir leid,

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