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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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abzuholen und mit ihm über seinen Sohn zu reden.
    Was für eine infame, gewissenlose Unaufrichtigkeit!, dachte sie beschämt, als sie in den Aufzug stieg. Sie hatte Tom ins Herz geschlossen, und Rob würde ihr bestimmt ein guter Freund, ein leidenschaftlicher Liebhaber und ein in jeder Hinsicht annehmbarer Ehemann sein. Aber sie hatte sich Herz über Verstand in einen anderen verliebt. Romantisch, sentimental, ungestüm und völlig irrsinnig!
    Eine letzte Kurve, dann kam das Cliff House in Sicht. Das hohe Gebäude mit den viktorianischen Ecktürmchen über den Klippen gewährte einen spektakulären Blick auf den Strand und die Sonnenuntergänge über dem Pazifik. Shannon hielt vor dem Eingang. Mr Portman half Tom in seinen Rollstuhl. Ein Kellner führte sie zu dem reservierten Séparée mit Blick auf die zerklüfteten Robbenfelsen in der Brandung. Der Butler schob Tom an den Tisch und ließ sie allein.
    »Ich kann Ihnen heute das Lamm besonders empfehlen, Sir.« Der Kellner reichte Tom die Menükarte.
    »Lamm kann ich in Australien essen. Ich besitze eine Schaffarm in New South Wales.« Tom reichte ihr die Karte. »Suchen Sie doch etwas aus, Shannon.«
    Sie überflog das Menü. »Wir beginnen mit Oysters California Style. Mögen Sie Austern, Tom?«
    »Hab ich noch nie gegessen.«
    »Essen Sie lieber Fisch oder Steak?«
    »Ist die Frage ernst gemeint?«
    Shannon schmunzelte. »Also dann, Steaks und Lobster.«
    Der Kellner nickte beflissen. »Wein, Ma’am?«
    »Einen kalifornischen aus dem Sonoma Valley.«
    »Eine gute Wahl, Ma’am. Einen ’89er Asti Cabernet?«
    »Gern. Tom?«
    »Ich hätte lieber ein kühles Bier. Haben Sie Guinness?«
    »Selbstverständlich, Sir.« Der Kellner nahm die Menükarte.
    Sobald sie allein waren, lehnte Tom sich in seinem Rollstuhl zurück, legte bedächtig die Hände zusammen und musterte sie über die verschränkten Finger hinweg. »Was ist los mit Ihnen?«
    »Was meinen Sie?«, fragte sie angespannt.
    »Sie sind die ganze Zeit so still. Sie wissen, dass ich vorhin auf dem Nob Hill war.«
    »Ja, das weiß ich.« Sie war erleichtert. Tom hatte ihren Duryea vor dem Hotel stehen sehen, fragte jedoch nicht nach dem Kerl, der sie gestern aus der Fassung gebracht hatte.
    »Sind Sie aufgebracht, weil ich mit Charlton verhandle?«
    »Nein.«
    »Wütend und enttäuscht?«
    »Tom …«
    »Ich sag’s Ihnen, wie es ist, Shannon.« Er legte die Hände auf den Tisch. »Das Angebot, das Charlton mir gemacht hat, ist wesentlich besser als Caitlins. Kennen Sie Josh?«
    »Nein.«
    »Ein smarter Junge. Er hat gut verhandelt, und er gefällt mir sehr. Josh ist ein prima Kerl. So wie seine Schwester.«
    »Charlton hat Ihnen Sissy vorgestellt?«
    »Genau.«
    »Und?«, fragte sie nach.
    »Sissy ist eine Schönheit. Sie hat Stil, Charme und Ausstrahlung. Wie Sie hat sie in Stanford studiert. Aber, anders als Sie, Kunst und Literatur. Wir haben uns über die Romane von Flaubert und die Bilder von Monet unterhalten. Sie schwärmt für Verdis Opern und würde gern Caruso kennenlernen, wenn er an der Met in New York singt.«
    »Sissy scheint perfekt zu sein«, sagte sie anerkennend.
    »So perfekt ein geschliffener Diamant nur sein kann. Aber wie Sie wissen, ziehe ich Opale vor. Sie haben mehr Wärme … mehr Tiefe.« Tom sah ihr in die Augen. »Wissen Sie, was Sissy trotz ihrer hundert Karat, ihrer makellosen Brillanz und ihres perfekten Schliffs fehlt?«
    »Nein.«
    »Das Leben«, sagte Tom. »Das, was ich an Ihnen so schätze, Shannon. Mut. Eigensinn. Abenteuerlust. Freiheitsliebe. Sie sind ein freier Mensch, was nur sehr wenige von sich behaupten können. Sissy ist nicht so taff wie Sie, ihr fehlt die Lebenserfahrung, die Sie während Ihrer Reisen in alle Welt erworben haben.« Tom nickte versonnen, als erinnerte er sich an ihre Reportagen im National Geographic. »Ich meine auch die Erfahrungen, die Sie in Rom gemacht haben – ich habe Ihnen gesagt, dass es mich nicht stört, ganz im Gegenteil. Sie leben die Liebe und lieben die Lebensfreude.« Tom spitzte die Lippen. »Sissy würde mit Rob nicht glücklich werden und Rob nicht mit ihr. Sie kann ihm bei der Führung von Conroy Enterprises nicht zur Seite stehen.«
    »Tom …«
    »Shannon, ich will, dass mein Junge nach meinem Tod versorgt ist. Das bedeutet nicht, dass ich ihm hundertvierzig Millionen vererbe, um ihm die Slums von London zu ersparen, aus denen ich einst gekommen bin, nachdem ich schon als Junge aus Cornwall weggegangen bin. Ich will mehr

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