Im Herzen der Wildnis - Roman
Brandon Hall lebte, war Josh ein paar Mal mit ihr ausgegangen. Ein Candle-Light-Dinner, bei dem einfach keine romantischen Gefühle aufkamen, ein Tanzabend, bei dem sie sich nie näher kamen, als die Tänze zuließen, ein langer Spaziergang im Golden Gate Park, bei dem sie sich redlich bemühten, ein Gesprächsthema zu finden, das sie beide interessierte. Die Unterhaltung wurde erst gefühlvoller und aufrichtiger, als Gwyn plötzlich stehen blieb, seine Hand nahm und ihm gestand, dass sie sich in Eoghan verliebt hatte, mit dem sie aus New York gekommen war. Das aufregende Liebesabenteuer der beiden hatte bereits in ihrer Schlafkabine im Pullmanzug begonnen, in den wilden, bewaldeten Schluchten der Rocky Mountains.
Kein Wort zu Ihrem Grandpa, Josh, Hand aufs Herz! Mein Ehrenwort, Gwyn! Sie dankte ihm mit einem strahlenden Lächeln und einem freundschaftlichen Kuss auf die Wange, spielte gegenüber Charlton weiterhin die künftige Mrs Brandon und hoffte, noch vor den Wahlen im November Mrs Tyrell zu sein. Caitlin hatte der Affäre stillschweigend ihren Segen gegeben, indem sie Eoghans Geliebte ins Castle einlud. Und Gwyn freute sich auf das Leben an der Seite des aufstrebenden Senators in Washington.
Josh hatte den Broadway erreicht. Während er weiterging, genoss er die kühle Brise und die Aussicht über die glitzernde Bay. Als er sich dem Russian Hill näherte, schritt er schneller aus, dann bog er in die Lombard Street ab. Sein Blick glitt über die viktorianischen Häuser mit ihren blühenden Vorgärten, und da sah er sie. Sie hockte auf den Stufen vor Ians Haustür und hatte das Gesicht in ihre Hände gestützt, als weinte sie. Schließlich richtete sie sich auf, als ob sie mit einem tiefen Atemzug die frische Nachtluft einsog und langsam wieder ausatmete, um sich zu beruhigen. Josh stürmte los, rannte die Straße hinauf und blieb vor ihr stehen.
Sie wischte sich die Tränen ab und blinzelte ihn an. »Jay.«
Er reichte ihr die Hand, zog sie hoch und umarmte sie.
Sie warf ihm die Arme um den Hals und drängte sich gegen ihn. »Ich wollte dir gerade eine Nachricht hinterlassen und wieder gehen. Ich muss gleich wieder zurück.«
Josh strich ihr über das Haar und küsste sie zärtlich auf die Lippen. Ihre Tränen rührten ihn sehr, und er musste schlucken. »Was ist geschehen? Wieso weinst du?«
Sie schluchzte auf, schüttelte gequält den Kopf und lehnte sich mit der Stirn gegen seine Schulter. »Erträgst du mich, wenn mein Gesicht tränennass ist und mir die Nase läuft?«
»Ja«, sagte er einfach.
»Ich brauche dich, Jay.«
»Komm, lass uns reingehen«, sagte er nur.
Sie fuhr sich übers Gesicht und nickte.
Er schloss die Tür auf, nahm sie in die Arme und trug sie ins Wohnzimmer, wo er sich mit ihr auf dem Schoß auf das Ledersofa setzte. Ihr Kopf lag an seiner Schulter, und sie atmete tief ein und aus.
»Es ist so schön, mich in deinen Armen geborgen zu fühlen und einen Augenblick lang nicht stark sein zu müssen«, schluchzte sie. »Einfach nur geliebt zu werden, ohne viel zu teuer dafür bezahlen zu müssen.«
Seine Lippen berührten sie sanft. »Was ist passiert?«
»Mein Bruder …« Sie stockte, als überlegte sie, ob sie Josh das, was sie so aufwühlte, überhaupt erzählen sollte. Sie schniefte. »Er hat versucht, Selbstmord zu begehen.«
Josh war zutiefst betroffen von dem, was sie ihm unter Tränen erzählte. Für einen Menschen, der so lebensbejahend war wie sie, war der Zustand ihres Bruders eine schreckliche Erfahrung. Er war gerührt, dass sie sich ihm anvertraute. Ganz fest hielt er sie in den Armen, als er später neben ihr im Bett lag. Endlich ruhiger geworden, schmiegte sie sich an ihn, während der Regen an den Scheiben hinabrann.
Ihre Beziehung hatte in dieser Nacht eine Tiefe gewonnen, die er nicht für möglich gehalten hatte. Eine intime Vertrautheit, die er sich niemals erträumt hätte. Ihre Liebe war nicht mehr so unbeschwert wie zuvor. Aber durch ihr Vertrauen war sie tief und innig geworden, und das empfand er als noch viel schöner und beglückender.
Der Abschied von Sydney stimmte Rob unendlich traurig. Rocky, sein Polopferd, war vor der Einschiffung mit dem Ladekran so unruhig wie er. Der kurze Ausritt über den Circular Quay mit den vertäuten Schiffen hatte weder ihn noch sein Pferd ruhiger werden lassen. Der Hengst tänzelte und wieherte panisch, als ihm jetzt die Gurte umgelegt wurden, mit denen er über den Abgrund zwischen dem Circular Quay und dem
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