Im Herzen der Wildnis - Roman
stumm.
»Sie werden Onkel Reámon sagen, dass sein Freund Mr Jack ab sofort unerwünscht ist. Wenn ich ihn oder Eoghan in den nächsten Wochen mit einem Glas Bourbon erwische, können sie sich auf was gefasst machen.«
Shannon legte ihrer Großmutter die Hand auf die Schulter, eine Geste, die Caitlin nicht gewohnt war. Sie blickte ihre Enkelin seltsam an, aber dann nickte sie.
»Wir sind eine Familie, Ma’am, und wir sollten lernen, uns entsprechend zu verhalten. Denn wenn wir es nicht schaffen, Skip mit Vertrauen und Liebe vor dem Sterben zu bewahren und ihm Hoffnung zu geben, werden wir alle zugrunde gehen.«
Sanft überkamen ihn die romantischen Erinnerungen ans verschneite Yosemite Valley, während er ausgestreckt auf dem Ledersofa in der Bibliothek von Brandon Hall lag.
Entspannt räkelte Josh sich in den Kissen, während er sie in der Erinnerung vor sich sah, wie sie an jenem Morgen auf der Veranda der Blockhütte stand, sich die Hände am Kaffeebecher wärmte und verträumt zu den Yosemite Falls hinüberblickte. Das Rauschen des Wasserfalls war in der kristallklaren Luft so deutlich zu hören, dass er glaubte, die Gischt auf dem Gesicht zu spüren. Mit einem Lächeln drehte sie sich zu ihm um, umarmte und küsste ihn. Nur Stunden später kam der Schneesturm, und sie waren so glücklich in ihrer Hütte. Sie gingen gemeinsam auf die Jagd und schossen mit ihren Winchesters Wild, das Josh zerlegte, während sie das Holz für das Feuer spaltete, über dem die Steaks gegrillt werden sollten. Eingekuschelt in die Kaninchenfelldecken hörten sie abends Schellacks auf dem mitgebrachten Grammofon, redeten stundenlang und liebten sich die ganze Nacht. Die zehn Tage mit ihr in der Wildnis waren traumhaft schön gewesen, und bei der Erinnerung an sie wurde ihm ganz warm ums Herz.
Rückblickend dachte er darüber nach, ob er Anzeichen hätte erkennen können, dass etwas nicht stimmte. Hatte sein Verlangen, sie öfter zu sehen als nur an den Wochenenden, sie verstimmt? Jedes Mal, wenn sie sich trafen, wussten sie, dass es nur für wenige Stunden war. Wie sollte ihre Beziehung denn so wachsen und reifen?
Warum war sie vorhin nicht gekommen? Stundenlang hatte er in Ians Haus auf sie gewartet. Seit ihrer Rückkehr vor einigen Tagen hatte er nichts mehr von ihr gehört. Was war geschehen?
Josh faltete das Wall Street Journal zusammen, in dem er geblättert hatte, als es plötzlich leise klopfte.
Charlton steckte den Kopf zur Tür herein. »Josh?« Mit einer Zeitung unter dem Arm kam er herein. »Sissy hat mir gesagt, du wärst hier.«
»Sie ist nicht gekommen.«
Charlton deutete auf einen der Ledersessel. »Darf ich mich zu dir setzen?«
»Nur zu.« Als sein Großvater Platz genommen und die Abendzeitung über die Armlehne gebreitet hatte, fragte er: »Wie war das Abendessen mit Tom im Palace Hotel?«
»Es gab Kängurusteaks vom Grill. Der Chef de Cuisine musste die Steaks festbinden, sonst wären sie weggehopst.«
Josh prustete los.
»Tom hat das Fleisch tiefgefroren aus New South Wales kommen lassen.« Charlton grinste übermütig und hüpfte auf seinem Sitz auf und ab. »Jetzt kann ich nicht mehr still sitzen.«
Josh lachte schallend. »Ihr beide hattet offensichtlich euren Spaß … und eindeutig ein paar Guinness zu viel.«
»Das nächste Mal gibt’s Krokodil aus Queensland. Tom besitzt in der Nähe von Cairns eine Krokodilfarm.«
»Und wie will er ein Krokodil durch den kalifornischen Zoll bringen?«
»Auf dieselbe Weise, wie Caitlin ihr Opium importiert.«
»Deklariert als Tee?«
Charlton lachte. »Das meinte ich nicht.«
»Ich weiß, wie du’s meintest. Er steckt das Krokodil in eine Kiste mit dicken Bündeln von Dollarnoten – zwischen den Scheinen würde schließlich niemand danach suchen.«
»Ja, ich denke, du hast das Prinzip verstanden.«
»Um noch einmal auf das Abendessen zurückzukommen …«
Charlton wurde wieder ernst. »Ich glaube, Tom hat keine Ahnung, was Rob hinter seinem Rücken treibt.«
»Mit wem verhandelt Tom, nachdem er uns abgesagt hat?«
Charlton zuckte mit den Schultern.
»Caitlin?«
»Weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl, er wartet immer noch auf die Entscheidung von jemand anderem.«
»Shannon?«
Charlton zog eine Havanna hervor und zündete sie paffend an. »Rob und Shannon. Ein schönes Paar.«
Josh setzte sich auf und schwang die Füße auf den Boden. »Was, glaubst du, haben die Conroys vor?«
Charlton schnaubte durch die Nase. »Und du?«
»Ich dachte,
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