Im Herzen der Wildnis - Roman
ihre Erinnerungen an eine glückliche Zeit mit ihr zu teilen war ein aufregendes Erlebnis, und er war ihr dankbar dafür. Die schönsten Jahre ihres Lebens teilte sie mit ihm.
Und was nicht alles die Stürme auf hoher See überstanden hatte, die Expeditionen in den Dschungel, die Savanne oder die Wüste und den Transport über die Gebirgspässe! Und wie ihre Augen leuchteten, als sie alles genau betrachtete! Es waren Koffer voller Träume, voller Licht, voller Düfte und voller freudiger Erinnerungen. Sie zeigte ihm ein Foto von Connemara im Westen Irlands: sanfte grüne Hügel, ein Fluss, in dem sich der Himmel spiegelte, im Hintergrund nebelverhangene Berge. Shannon hatte ihre Reise dort begonnen, wo auch Caitlin ein halbes Jahrhundert zuvor aufgebrochen war.
Und mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie ähnlich sich Shannon und Caitlin im Grunde waren. Beide hatten den Mut, mit nichts in den Händen beherzt und unerschrocken alles zu wagen, um am Ende zu gewinnen. Das Glück. Und die Freiheit. Und doch unterschieden sie sich. Nicht in ihrer Leidenschaft oder ihrer Durchsetzungskraft, sondern in ihrem Charakter. Wer von beiden würde am Ende diesen Kampf gewinnen, Caitlin oder Shannon?
Als er das Foto weglegte, holte sie die nächsten Gegenstände hervor. Hinter jedem verbarg sich eine gefühlvolle Geschichte, die sie ihm erzählte, ein Abenteuer oder eine Sehnsucht. »Und was ist das?«, fragte er, als Shannon ein Stück Wurzelholz mit schöner Maserung aus dem Koffer nahm und mit den Fingern über die glatte Oberfläche strich.
»Das ist das Wurzelholz einer Sequoia«, sagte sie. »Ein Stück Kalifornien, eine Erinnerung an die Heimat.«
»Du hast es die ganze Zeit dabeigehabt?«
Sie nickte versonnen.
»Du hattest nicht vor, jemals zurückzukehren.«
»Nein.« Ihr Blick wurde wehmütig. »Von Hawaii aus wollte ich nach Süden, nach Tahiti, dann weiter über Neuseeland nach Australien. Danach hatte ich noch keine Pläne. Vielleicht in die Antarktis?« Sie lächelte verhalten.
Wie blass sie aussah! War sie krank? Oder nur erschöpft? »Shannon …« Als sie ihn ansah, sagte er sanft: »Danke für dieses wundervolle Geschenk, dass du mich an all dem teilhaben lässt. Etwas Kostbareres, als deine Erinnerungen und deine Träume mit mir zu teilen, gibt es nicht.«
»Geht’s dir jetzt besser?«
»Es geht mir gut«, nickte er. »Ich hatte heute noch keine Entzugssymptome. Ich fühle mich wohl, und ich schlafe nachts. Alistair hat meine tägliche Dosis Opium noch weiter reduziert. Er sagt, er sei zufrieden mit mir. Aber wie geht’s dir denn?« Als sie den Blick senkte, fragte er: »Shannon, sieh mich bitte an! Seit Tagen bist du vollkommen aufgewühlt. Was ist denn los mit dir?« Er vermutete, dass es um Jay ging. »Du vermisst ihn.«
»Er fehlt mir so sehr.«
»Wann seht ihr euch wieder?«
»Nächstes Wochenende, hofft er.«
»Und wieder nur für ein paar Stunden?«, fragte er sanft.
Sie nickte und begann mit zuckenden Schultern zu weinen. »Falls er überhaupt kommt und ich nicht wieder den ganzen Tag vergeblich auf ihn warte.«
Ihr Gespräch mit Claire und ihr Besuch bei Aidan hatten sie viel Kraft gekostet. Eoghans Wahlkampf, den sie in Sacramento und Oakland mit ihren Reden unterstützte, forderte sie bis zum Äußersten. Aber ihr lautes Wortgefecht mit Caitlin, die argwöhnte, Shannon hätte eine Affäre, die den Deal mit Tom und die Heirat mit Rob gefährdete – das war einfach zu viel für sie! Die beiden waren derart aneinandergeraten, dass Eoghan eingreifen musste. Shannon hatte in resolutem Tonfall von Caitlin gefordert, die illegale Einfuhr von Opium aus China einzustellen; das Opium hätte schließlich Skip zugrunde gerichtet. Caitlin hatte getobt und sich energisch gegen Shannons Einmischung in ihre Geschäftspraktiken verwahrt. Eoghan, der vermitteln wollte, geriet zwischen die Fronten, denn beide Seiten schossen scharf und trafen gut.
Und jetzt, da Shannon ihn so dringend gebraucht hätte, war Jay nicht für sie da!
»Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte er ernst.
Sie lehnte ihre Stirn gegen seine Schulter und lachte und weinte gleichzeitig. »Skip, du verstehst es wirklich, mich zu ermutigen und aufzurichten«, schluchzte sie. »Ich wünschte, du würdest dasselbe für dich selbst tun können.«
Er legte seine Arme um sie. »Schhht«, tröstete er sie sanft. »Ich werde immer für dich da sein, Shannon. Solange ich lebe.«
Sie schniefte, lehnte sich gegen ihn und hielt sich an ihm
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