Im Herzen der Wildnis - Roman
sich nieder, grinste Ian mit heraushängender Zunge an und klopfte mit der buschigen Rute auf den Boden.
Er rang mit ihm, was der Husky mit gefletschten Zähnen und einem zufriedenen Knurren genoss. Sobald er von ihm abließ, klopfte Rusty wieder mit der Rute. Als Ian den Brief ein zweites Mal lesen wollte, sprang er auf und verschwand zwischen den aufgestapelten Vorräten und den Ausrüstungshaufen der Cheechakos, die vorhin von Bord gegangen waren. Mit dem Schiff war auch der Brief von Josh gekommen.
»Hey, Ian!«
Er drehte sich um.
Colin, wie er in Jeans und offenem Hemd, kam mit einem seiner Schlittenhunde über die Hafenmole zu ihm herüber. Der schneeweiße Husky, der neben ihm herlief, kläffte Ian erbost an, als hätte der kein Recht, hier zu sein. Rusty, der eben noch begeistert an einem Haufen Gepäck geschnüffelt hatte, eilte zu Ians Rettung herbei. Er schoss zwischen den Kisten und Bündeln hindurch, fletschte die Zähne und knurrte drohend.
Colin fluchte, sprintete vor und packte im letzten Augenblick das Halsband seines wie verrückt herumspringenden und kläffenden Huskys.
»Rusty! Na los, komm her!«
Der Husky gehorchte widerwillig. Ian hielt ihn fest, während Colin sich mit seinem Hund näherte, der wie irre an seinem Halsband zerrte.
Solange sich die beiden Huskys nicht beruhigt hatten, gab es keine Chance auf irgendeine Form von menschlicher Unterhaltung. »Rusty! Halt die Klappe!«, brüllte Ian, um ihn zu übertönen, und Colin bog sich vor Lachen, als Rusty tatsächlich aufhörte zu kläffen.
Colin schob die Sonnenbrille hoch. »Hey, Ian.«
»Hey, Colin«, nickte er und hielt Rusty fest.
»Ein Brief aus der Heimat?«
Offenbar hatte Colin ihn beobachtet, während er auf einer abgestellten Kiste auf der Mole gehockt hatte und das Schreiben las.
»Josh hat geschrieben. Er lässt dir Grüße ausrichten.«
»Wie geht’s ihm?«
»Er sehnt sich nach Alaska. Ich glaube, das Einzige, was ihn noch hält, ist seine Liebe.«
Colin lachte trocken, während er mit seinem Husky kämpfte, der sich herumwarf, um sich loszureißen. Er versetzte Ian einen freundschaftlichen Hieb auf die Schulter. »Es ist heiß heute. Hast du Lust auf ein kühles Bier? Und eine Partie Poker?«
»Yup.«
»Na, dann komm! Ich bin dran, dich zum Essen einzuladen.«
14
Hunderte von Kerzen!, dachte sie voller Vorfreude, als sie vor Ians Haus parkte und das Leuchten hinter den Fenstern sah. Jay war gekommen! Er war da! Beflügelt von der Vorstellung, sich gleich in seine Arme zu werfen, sprang Shannon aus dem Duryea, lief die Treppe hinauf und holte den Schlüssel hervor, als die Tür mit Schwung aufgerissen wurde.
Er packte ihre Hand, zog sie ins Haus und schloss mit einem Tritt die Tür. Dann umarmte er sie ungestüm und küsste sie leidenschaftlich. »Endlich bist du da!«, flüsterte er atemlos, als er sie in die Arme nahm, hochhob und durch den Flur trug. »Du hast mir so gefehlt!«
»Und du mir!«, lachte sie glücklich und legte ihren Kopf an seine Schulter. »Ich liebe dich so sehr.«
Im Wohnzimmer, wo es nach Rosenblüten duftete, stellte er sie wieder auf den Boden. Überall brannten Kerzen: im Bücherregal, auf dem Tisch und auf dem Boden. Unwillkürlich spannte sie die Schultern an. Wenn Männer romantisch werden …
Was hatte Jay vor? Doch nicht …
»Was ist los?«, fragte er und küsste sie. »Bist du hungrig?«
»Ich falle gleich über dich her.«
Er lachte leise und schmuste noch ein bisschen mit ihr. »Das Essen ist fast fertig.« Er nahm ihre Hand, und sie folgte ihm in die Küche, aus der es verführerisch duftete.
»Spaghetti mit Trüffelsauce«, verriet er ihr mit funkelnden Augen, als sie in die Töpfe und Pfannen auf dem Herd spähte. »Ich muss nur noch die Nudeln kochen.«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Oder was sie empfinden sollte, denn die Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. Sie hatte ihm erzählt, dass sie dieses Gericht liebte, weil sie mit dem Duft von Trüffeln wundervolle Erinnerungen verband. Ein kleines Restaurant an der Via Appia, ein wunderschöner Abend mit köstlichen Fettuccine al tartufo, einem samtigen Montepulciano und einem romantischen Marcantonio. Seine Hand auf ihrer …
»Hilfst du mir?«, riss Jay sie aus den Erinnerungen. Er rührte im Topf und sah sie besorgt an. »Was ist mit dir?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts.«
»Du bist so blass. Geht’s dir nicht gut?«
»Doch, alles bestens.« Sie atmete tief durch, aber das beklemmende Gefühl
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