Im Herzen der Zorn (German Edition)
Wachs entfernt. Tut das weh?« Sie folgte Gabby die Treppe hinauf.
»Man gewöhnt sich dran«, erwiderte Gabby über die Schulter hinweg. »Wer schön sein will …« Damit verschwand sie im Bad und ließ Skylar allein in ihrem nobel eingerichteten Zimmer zurück.
»Ach, und ich hab deinen Pulli von neulich dabei!«, rief Skylar durch die Tür. »Ich hab ihn gewaschen.« Sie nahm den ordentlich zusammengefalteten Pullover aus ihrer Tasche.
»Nett von dir!«, rief Gabby zurück. »Wirf ihn einfach in den Wäschekorb, ich muss ihn noch mal waschen. Waschmittelallergie.«
Skylar betrachtete den sorgsam zusammengelegten Pullover – sie hatte sogar ein paar Tröpfchen Parfum draufgetan, genau wie bei Pierce, als er ihr sein Sweatshirt geliehen hatte –, bevor sie ihn seufzend in den Wäschekorb warf. Nie machte sie etwas richtig.
Sie lief im Zimmer umher. Ihr Blick fiel auf eine Plakette, die ihr das letzte Mal gar nicht aufgefallen war – eine Belobigung für Gabbys Engagement bei der Verteilung von Lebensmitteln an Hilfsbedürftige. Danach betrachtete sie die gerahmten Fotos genauer. Gabby, wie sie ihre beiden Brüder bei deren Examensfeiern umarmte. Gabby und Em, braun gebrannt und lächelnd am Strand. Die jüngere Gabby, eingerahmt von ihren Eltern, die Haare zu Zöpfen geflochten und das Gesicht mit Schokoladeneis verschmiert.
Skylar wurde irgendwie mulmig. Die Handtasche, die ihr noch immer über dem Arm hing, kam ihr plötzlich ganz schwer vor. Sie dachte noch einmal darüber nach. Gabby war wirklich in Ordnung. Ein guter Mensch. Sie konnte ja nichts dafür, dass alle sie liebten. Vielleicht würde sie ihr einfach das Stirnband geben und es dabei belassen.
Pling. Plötzlich erschien eine Chatnachricht auf Gabbys Laptop, der aufgeklappt auf ihrem Schreibtisch lag. Skylar schlenderte lässig hinüber, ein Auge immer fest auf die Tür gerichtet, für den Fall, dass Gabby plötzlich aus dem Badezimmer auftauchte. Sie überflog den Bildschirm und ihr blieb fast das Herz stehen.
Pierce Travers hatte Gabby gerade eine Chatnachricht geschickt. Mit angehaltenem Atem beugte Skylar sich vor und las, was da stand.
Hallo, hübsche Dame. Muss dir vor dem Ball noch ein Geschenk geben.
Eifersucht donnerte durch ihren Körper wie eine Sturzflut. Sie war verzweifelt. Blind. Orientierungslos. Gabby hatte hinter ihrem Rücken also doch mit Pierce weitergeflirtet, nur um ihr eigenes kaputtes Ego zu stärken.
Ohne darüber nachzudenken, setzte sie sich hin. Schrieb zurück: Wann??
Müsste Mitte der Woche fertig sein , antwortete er mit einem Smiley.
In diesem Augenblick beschloss Skylar, dass Gabby Pierces Geschenk auf keinen Fall bekommen sollte – was es auch war. Die Sache ging langsam zu weit. Sie musste etwas unternehmen. Sie schrieb: Wir treffen uns in der Rotunde. Mittwochabend um 8 . Und fügte obendrein ein ;-) hinzu.
Alles klar , antwortete er.
Dann ergänzte sie noch mit schwirrendem Kopf: Das soll aber unser kleines Geheimnis bleiben, ja? Kontaktier mich von jetzt an unter Pinklady 13 – meine Mom ist der totale Kontrollfreak und schnüffelt manchmal in meinem Account rum …
Anschließend schloss sie mit einigen hektischen Mausklicks das Chatfenster und löschte das Ganze aus der Chronik. Sie durfte nicht zulassen, dass Gabby etwas davon erfuhr. Wenn alles nach Plan lief, wäre die bald für ein, zwei Tage von der Bildfläche verschwunden. Statt ihrer würde Skylar am Mittwoch auftauchen. Sie würde Pierce klarmachen, dass er und sie wie geschaffen füreinander waren. Gabby müsste noch nicht einmal mitbekommen, dass Skylar sie hintergangen hatte.
Während sie ihrem Plan im Geist den letzten Schliff verpasste, hörte Skylar, wie sich im Bad etwas regte. Jetzt oder nie. Am ganzen Körper zitternd, als hätte man sie gerade in einen Bottich Eiswasser geworfen, begab sie sich zielstrebig vom Schreibtisch zu Gabbys Kommode, auf der neben einer Flasche Parfum und einer flachen Schale mit Haarklammern ihre geliebte La Mer-Creme stand.
Das Zimmer kam ihr beinahe windig vor, als sie den Verschluss des Fläschchens mit dem Muschelsaft aufdrehte. Sie wirbelte herum. War das ein Flüstern? Sie spürte ein Kribbeln den Nacken hinaufkriechen, so als beobachtete sie jemand. Aber ihre Hände bewegten sich weiter, als wären es gar nicht ihre eigenen, als wären sie irgendwie ferngesteuert. Sie gab ein paar Spritzer von dem Saft in die Creme. Rührte ein wenig mit dem Finger darin herum, damit sich alles
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