Im Herzen der Zorn (German Edition)
gestiegen wie Em.
»Ach komm, Drea. Jetzt sei doch mal ernst«, fuhr Em ihr rasch über den Mund. Das Letzte, was sie wollte, war, dass Drea womöglich irgendeinen falschen Eindruck von ihr und Crow bekam. Was, wenn JD das erfuhr?
»Krieg dich wieder ein. Das war nur ein Scherz«, antwortete Drea. Sie sah Em scharf an. »Willst du was zu trinken? Oder ein bisschen frische Luft? Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.«
Em schüttelte den Kopf. Das war alles falsch. Die Furien waren nicht hier, nur ein Haufen genusssüchtiger Spinner, die vermutlich auf Drogen waren. Die falschen Pässe, das Geld, das sie dafür ausgegeben hatten – alles umsonst. »Ich denke, wir sollten einfach hier verschwinden«, sagte sie.
»Jetzt schon?« Drea sah nachdenklich aus. »Wir sind doch gerade erst gekommen. Ich hatte noch nicht mal Gelegenheit, herumzufragen …«
»Gut, dann gehe ich nach oben, um ein bisschen Luft zu schnappen«, erwiderte Em, die das Gefühl hatte, dringend da rauszumüssen. »Ich treffe dich wieder hier oder warte draußen auf dich.«
Sie kämpfte sich die Treppe hinauf, wartete unruhig, bis der Türsteher den Müllcontainer weggeschoben hatte, um sie hinauszulassen, und holte sofort tief Luft, als sie auf den Parkplatz hinausgestolpert war. Sie verschränkte die Arme, lief auf und ab und beobachtete, wie sich jedes Mal kleine Nebelwölkchen bildeten, wenn sie ausatmete. Das Schwindelgefühl ließ langsam nach.
Da erklang plötzlich eine weibliche Stimme aus dem Verborgenen: »Suchst du jemanden?«
Em blinzelte. Ein Mädchen tauchte zwischen zwei Harleys aus der Dunkelheit auf. Noch bevor sie ins Licht trat, wusste Em, wer es war. Sie erkannte den trällernden, spöttischen Tonfall. Außerdem war ihr dieses kribbelnde Gefühl unter der Haut vertraut, als schlängelten sich dort Hunderte von Schlangen.
Ty.
Verbitterung stieg in Em auf. »Ich weiß alles über euch«, zischte sie. »Ich weiß, wer ihr wirklich seid. Ihr seid in Ascension gestorben und nun seid ihr zurückgekehrt. Um Rache zu nehmen.«
Ty hob eine Augenbraue. »Das ist aber eine nette Theorie«, erwiderte sie mit einer Stimme, die wie ein ruhiger, glatter See klang – ohne die kleinste Hebung und Senkung.
»Ihr seid schuld, dass schlimme Dinge in Ascension passieren. Ihr seid böse und ihr bringt Unheil über diese Stadt. Ihr habt Chase getötet«, sagte Em. Und dann fügte sie hinzu: »Und ich werde euch aufhalten.«
»Em, Unheil entsteht immer aus Unheil, verstehst du«, antwortete Ty und ließ die Worte aus dem Mund purzeln, als hätte sie sie schon hundertmal vorher gesagt.
»Wovon redest du da?« Em spürte brennende Wut in sich hochkochen und entschied sich zu bluffen. »Ich kenne euer Geheimnis«, sagte sie. »Ich werde die Sache rückgängig machen – euch rückgängig machen.«
Ty presste theatralisch die Lippen zusammen und schüttelte verschämt den Kopf, als gelobte sie, die Wahrheit über einen heimlichen Highschoolschwarm für sich zu behalten. Dann sagte sie in einem Kinderreim-Singsang, der Em fast das Blut in den Adern stocken ließ: »Du kannst es nicht einfach rückgängig machen, Em. Und du hättest es auch gar nicht versuchen sollen. Beinahe hatte ich Mitleid mit dir, da auf dem Friedhof mit der armen Schlange. Wir haben eine Abmachung. Hast du das vergessen?«
In dem Augenblick zerbrach etwas in Em und sie spürte, wie ihr das Adrenalin in den Körper schoss. Blindlings sprang sie auf Ty zu, wütender als je zuvor, ging mit einem Zorn auf sie los, der irgendwo tief aus dem Verborgenen kam.
»Warum verschwindet ihr nicht einfach? Lasst mich, lasst Ascension in Ruhe!« schrie sie, während sie auf Ty einhieb und sie ein Stück zurückdrängte. Als ihre beiden Körper aufeinanderprallten, spürte Em einen kurzen Stoß, wie einen elektrischen Schlag. Ty geriet ins Stolpern, konnte sich jedoch wieder fangen. Mit gefletschten Zähnen fiel sie wieder über Em her, packte eine Handvoll ihrer dunklen, glatten Haare und zerrte daran.
Em warf ihren Körper vor und zurück, um sich aus Tys Umklammerung zu befreien. Sie trat nach ihrem Schienbein, traf es und brachte sie beide zu Fall. Em spürte, wie sich der Schotter durch die Jeans in ihre Knie bohrte. Tys Hände fühlten sich an wie Eis auf ihrem Gesicht, ihrem Hals, ihren Handgelenken. Alles, woran sie denken konnte, war, wie sehnlich sie sich wünschte, dass die Furien aus ihrem Leben verschwänden. Jetzt. Die Intensität dieses Gedankens schenkte ihr
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