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Im Herzen der Zorn (German Edition)

Im Herzen der Zorn (German Edition)

Titel: Im Herzen der Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Miles
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fast genauso aussah, und schimmerte rot zwischen totem braunem Schilf.
    Als Skylar darauf zuging, fühlte sie sich, als liefe sie durch einen Traum. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Blüte, mit diesem Tag, mit diesem Teich, aber sie war unfähig, ihre Richtung zu ändern.
    Sie blieb am Ufer stehen, ihre Stiefel versanken in dem weichen Schlamm. Die Blüte lag einfach da, als wäre sie aus dem Eis gewachsen. Und dann, als sie die Hand ausstreckte, um nach ihr zu greifen – sie lag gerade so in ihrer Reichweite –, stieß ihr Fuß im Schilf auf etwas Hartes. Etwas, das kein Wasser war, kein Schlamm oder Eis.
    Sie trat dagegen. Es war fest und kompakt, wie ein nasser, vermodernder Baumstamm. Sie bückte sich und schob die hohen, sonnengebleichten Gräser beiseite.
    Im ersten Moment begriff sie nicht ganz. Sie merkte, dass sie rückwärts stolperte, fast als verstünde ihr Körper noch vor ihrem Geist, was da vor ihr lag. Ihr Magen rebellierte.
    Es war ein Bein, kein Baumstamm. Sie war über ein Bein gestolpert, das im Schlamm am Rande eines Teichs lag.
    Ein Bein.
    Ein Bein, das an einem Körper hing.
    Beide Beine der Leiche lagen seitlich am Ufer und waren größtenteils freigespült, Oberkörper und Kopf befanden sich kaum sichtbar unter trübem Wasser und schwimmenden Eisbrocken. Aber sie konnte genug sehen, um zu erkennen, dass sie in ein männliches Gesicht blickte, das sie von knapp unter der Oberfläche aus anstarrte.
    Sie taumelte wieder, musste immer noch würgen. Der bittere Geschmack von Angst und Übelkeit erfüllte ihren Mund. Als sie es schaffte, wieder aufrecht zu stehen, wich sie weiter zurück, bis sie gegen etwas stieß – gegen jemanden.
    Skylar stieß einen Schrei aus, einen schrillen, panischen Schrei.
    »Ist schon gut, Sky. Ich bin’s nur.«
    Meg stand direkt hinter ihr. Sie blickte teilnahmslos zwischen Skylar und der Leiche hin und her.
    »Da ist eine …«, schluchzte Skylar. »Ich hab eine …«
    Meg rümpfte die Nase und legte den Kopf zur Seite. »Mausetot, was?«, fragte sie und Skylar wurde klar, dass sie die Leiche schon bemerkt hatte. »Gott sei Dank haben wir dein Rad hier draußen gesehen. Du solltest nicht alleine hierherkommen!«
    »Woher wusstet ihr, dass es mein …« Sie verstummte, als sie merkte, dass Ty und Ali auch da waren, alle drei positioniert wie die Spitzen eines Dreiecks.
    Sämtliche Atemluft entwich mit einem Schlag ihrer Lunge. Es war das erste Mal, dass sie Meg – ihr glänzendes Haar mit dem Engelsgesicht, ihr rotes Halsband, ihre schmalen Hände – sah und Angst hatte. Wer war diese Person, die eine Leiche entdeckte und sie so gelassen betrachtete, als wäre ein solcher Anblick ganz alltäglich?
    Ty und Ali waren keinen Deut besser. Der Blick aller drei Mädchen war … leer. Skylar zitterte, während sie eine weitere Welle von Übelkeit überkam. Sie beugte sich vor und erbrach sich.
    »Traurig, nicht wahr?«, stellte Ty seelenruhig fest und schüttelte den Kopf, als schaute sie gerade eine enttäuschende Nachrichtensendung. »Ich glaube, er hat an der Highschool gearbeitet.«
    »War er ein … Lehrer?«, fragte Skylar und wischte sich, immer noch zitternd, den Mund ab. Sie ertappte sich dabei, dass sie sich fragte, wie sein Gesicht wohl ausgesehen hatte, als er noch lebte. Wie sein Mund, wenn er sprach. Wie seine Augen, wenn sie nicht vor Schreck erstarrt waren.
    Ali warf das blonde Haar über die Schulter und kicherte, ein misstönender Laut, der ihr eine Gänsehaut den Rücken hinaufjagte. »Na ja, du hättest auf jeden Fall eine Menge von ihm lernen können.«
    Skylar kniff die Augen zusammen. »Wovon redest du da? Und warum lachst du?«
    Meg kam näher, legte Skylar die Hand auf den Rücken und rieb ihn in kleinen Kreisen. »Komm schon. Du stehst unter Schock. Wir bringen dich nach Hause.«
    Skylars Haut begann zu kribbeln, wo Meg sie berührte, und sie zuckte zurück. »Sollten wir nicht … die Polizei rufen?«, brachte sie mühsam hervor, während sie versuchte, den Blick auf Meg zu richten, aber feststellen musste, dass er immer wieder zu der Leiche glitt.
    »Warum machst du das nicht einfach, wenn du nach Hause kommst?«, erwiderte Meg und führte Skylar zu einem Pfad auf der anderen Seite des Teichs. »Hier in der Gegend gibt es kein Handynetz. Komm schon«, wiederholte sie. »Wir fahren dich.«
    Sie liefen ein kleines Stück schweigend nebeneinander her, bis sie zu dem Lincoln kamen. Skylars Kopf schwirrte vor Fragen, doch jedes Mal, wenn

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