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Im Herzen der Zorn (German Edition)

Im Herzen der Zorn (German Edition)

Titel: Im Herzen der Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Miles
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können, dass Ty mir die Haut aufgekratzt hat«, antwortete Em und streckte den Arm aus, damit Drea ihn sehen konnte. »Ich habe geblutet. Aber jetzt ist es … fast schon wieder gut.«
    »Komisch.« Dreas Stimme klang erstickt. Sie legte den Rückwärtsgang ein. »Tut mir leid, Em. Ich muss los. Wird Zeit, dass ich nach Hause komme.« Em nickte und stieg aus dem Wagen. Sie musste schnell zur Seite treten, um nicht angefahren zu werden, als Drea aus der Einfahrt preschte.

Kapitel 18
    Am Donnerstag nach der Schule holte Skylar Tante Noras Fahrrad aus der Garage und fuhr damit in den Verwunschenen Wald, wobei sie hoffte, dass sie unterwegs niemand sehen würde. Als sie dort ankam, war der vorher schlammige Untergrund wieder gefroren und hatte zerklüftete Hügel und Täler auf dem Waldboden hinterlassen. Alles war still und stumm und voller Winterschmerz.
    Sie hatte im Verlauf der Woche gemerkt, dass sie nicht wusste, was mit ihrer Armbanduhr passiert war, mit der, von der ihre Mutter ihr und Lucy jeweils ein Exemplar geschenkt hatte. Sie hasste die Erinnerungen, die damit verbunden waren, konnte jedoch gleichzeitig den Gedanken nicht ertragen, sie verloren zu haben. Manchmal fragte sie sich, ob sie die Uhr bloß aus Familienbewusstsein behielt oder weil sie einen gestörten Drang hatte, die Erinnerungen an schlechte Zeiten wachzuhalten. Die Uhr zu tragen, kam einer ständigen Mahnung gleich, kein schlechtes Gewissen zu haben, wegen dem, was passiert war.
    Die Uhr erfüllte definitiv ihren Zweck.
    Und sie wusste, dass sie da draußen irgendwo war. Das letzte Mal, dass sie sie gesehen hatte, war direkt vor ihrem Sturz gewesen.
    Skylar lief einen mit Sonnenlicht gesprenkelten Pfad entlang, der aussah wie der, den sie letzten Freitag eingeschlagen hatten, und hielt den Blick die ganze Zeit auf den Boden gerichtet. Sie entdeckte bunt gefleckte Blätter, narbige Baumwurzeln und bräunliches Moos, das umgestürzte Baumstämme überzog. Aber keine Uhr. Der Wald lag spröde und reglos da, zurückgezogen in kaltem Vorfrühlingsfrost. Skylar zog ihre graue Wollmütze weiter über die Ohren und schob die Hände tief in die Taschen ihrer ausgestellten rosa Jacke, die in den Siebzigerjahren einmal Nora gehört hatte.
    Sie blickte nach oben und sah die Sonne hinter eine Wolke huschen, und als sie sich umschaute, um sich zu orientieren, wurde die Luft plötzlich ganz grau. Zwischen den Bäumen, kaum fünfzig Schritte entfernt, erblickte sie ein großes braunes Haus, ein kastiges Gebäude wie aus der Kolonialzeit. Seltsam , kam es ihr in den Sinn. Ich dachte, dieser Teil von Ascension wäre unbewohnt . Das unbekannte Gebäude ließ Skylar annehmen, sie hätte sich verlaufen, und sie überlegte, ob sie nicht umkehren und denselben Weg zurückgehen sollte, den sie gekommen war, um es anderswo zu versuchen. Aber sie redete sich das schnell wieder aus. Schließlich war der Wald nicht so groß und der Platz, an dem die Party stattgefunden hatte, musste hier irgendwo sein.
    Während die Sonne am Himmel immer tiefer sank, warfen die Bäume inzwischen Schatten. Ihre Zweige glichen Fingern, die sich herabstreckten und versuchten, nach ihr zu greifen. Sie stolperte über eine Wurzel, fing sich jedoch an einer rauen, rissigen Baumrinde.
    Mit einem Mal war sie sich nicht mehr so sicher. Hier war sie nicht richtig, sie war schon zu lange gelaufen. Sie hatte sich verirrt. Was, wenn der Besitzer des Hauses herauskam und ihr Ärger wegen unbefugten Betretens machte? Aber weiter vorne wurde es heller – eine weitere Lichtung. Die würde sie sich noch ansehen. Wenn es da nicht war, würde sie umkehren.
    Plötzlich befand sie sich an einem Teich, wo schlaff herabhängende, abgestorbene Rohrkolben das Wasser säumten, auf dem eine papierdünne Eisschicht funkelte. Darum herum standen größere Kiefern, Wachposten über diese kleine Oase mitten im Wald. Es gab keine Bänke, keine hölzernen Wegweiser. Es war also kein bekannter Treffpunkt, sondern nur ein kleines, dunkles Gewässer, das kaum einer kannte.
    Mitten auf der dünnen Eisdecke lag eine rote Blüte – genau so eine, wie Skylar auf der Party getragen hatte. So eine, wie Meg ihr gegeben hatte. Ein Schauder durchfuhr sie und die Hände in ihren Taschen ballten sich zu Fäusten. Erinnerungen strömten auf sie ein – wie Ems Augen sich ängstlich geweitet hatten, als sie die Blüte sah, wie sie sie Skylar entrissen und ins Feuer geworfen hatte. Und jetzt war sie plötzlich hier oder eine, die

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