Im Herzen des Kometen
Sie besteht aus einer Art Magnetfeld, oder ich bin meine eigene Tante.«
»Nein«, murmelte Carroll und tauschte einen Blick mit Carl. »Ein richtiges Kraftfeld? Kein Wunder, daß sie die Sonde so leicht bauen konnten.«
Otis Sergejow, Anführer der extremen Percell-Übermenschen, hing mit mehreren seiner tätowierten Kameraden am Rand eines holographischen Projektionsraumes zur Linken. »Laßt das Ding doch vorbeifliegen! Was werden uns ein paar Tonnen Erdscheiß nützen?«
Jeffers lachte. »Was würde ich für ein paar Kilo vom richtigen Schmiermittel geben, oder für ein paar tausend Meter supraleitender Kabel? Ha, dafür wäre ich sogar bereit, mich blau anzumalen und mit euch Unsinn zu reden, Otis.«
Ein böses Funkeln kam in Sergejows Augen, und Saul wußte, daß es Jeffers nicht retten würde, ein Mitpercell zu sein, wenn der beinlose Exrusse jemals über sein Schicksal befinden könnte.
»Besmudy gownoschest!« stieß er in seiner Muttersprache hervor. Jeffers lachte bloß.
Susan Ikeda, verantwortlich für die Radioverbindung mit der Erde, meldete den Empfang der letzten Nachricht.
»Die Bodenkontrolle sagt, ihre Schätzung sei vier Stunden. Die Sonde sei auf der richtigen Verlangsamungsbahn.«
»Kann nicht sein«, sagte Carroll.
»Aber sie sagen…«
»Deren Messungen sind vier Stunden alt! Lichtgeschwindigkeit. Ich sage euch, das ist was…«
»Laß das, Andy!« sagte Carl. Eine Weile blieb alles still im Raum. Nur das leise Summen der Ventilation und das kaum hörbare Klicken, wenn jemand einen Schalter betätigte, waren hörbar. Dann sagte Lani:
»Die Sonde wendet, Virginia.«
»Wurde Zeit. Ich werde die Leine verlängern.«
Virginias Stimme ließ keine Spannung erkennen, aber die übrigen Anwesenden hielten unwillkürlich den Atem an. Die Bildübertragungen zeigten das zweiteilige Lotsenfahrzeug, dessen Teile durch ein fingerdickes, über fünfzig Kilometer langes Kabel miteinander verbunden waren. Raketen flammten, und der angeschlossene Körper begann wie eine langsame, riesige Bola in der sternerfüllten Schwärze zu kreisen.
»Teil B hat Antriebsmittel verbraucht«, sagte Andy Carroll.
»Teil A wird die übertragene Schwungkraft in dreihundertzehn Sekunden aufnehmen.«
Lani wandte sich um und erklärte: »Unsere Lotsensonde war eine zweistufige Rakete. Teil B lieferte die Schubkraft für den Start. Teil A hat den Treibstoff für die Begegnung mit dem Carepaket aufgespart.«
»Warum ist Teil B dann immer noch festgemacht?« fragte einer von Quiverians Leuten.
Lani bewegte beide Fäuste in Nachahmung einer Bola umeinander. »Wir verwenden eine kreisende Leine, um den Antriebsteil zu bremsen. Indem wir einen Teil in Richtung auf den Kometen zurückfallen lassen, teilen wir seine Bremsenergie dem anderen mit, das die Sonde erreichen soll.«
Die Zuschauer hörten kaum hin. Aller Blicke hingen am zentralen Bildschirm, wo das Wendemanöver des Carepaketes zu sehen war. Was ein heißer Fleck am Rand des spiegelnden Körpers gewesen war, wurde heller und heller, als er sich weiter herumdrehte und dem zweiteiligen Boten der Kolonisten zugewandt wurde.
Die Darstellung war ziemlich verschwommen. Die Kameras an Bord des rasch rotierenden Teils A konnten die Sonde nicht ruhig ins Bild bekommen. Johnvon, der die flüchtigen Aufnahmen verarbeiten mußte, hatte Mühe, einen simulierten Gesichtspunkt aufrechtzuerhalten.
Saul fragte sich, ob er helfen sollte. Er kannte Johnvon besser als alle anderen mit Ausnahme Virginias. Wenigstens könnte er dem bio-kybernetischen Rechner helfen, das Bild zu stabilisieren.
Aber er hatte es ihr nicht angeboten, weil er befürchtet hatte, Virginia könne ablehnen und damit offen aussprechen, was stillschweigend bereits zwischen ihnen eingetreten war.
Dabei vermißte er sie. Durch sein Fernbleiben und Nichtbekennen seines Tuns hatte er ihr Unrecht getan…
Das waren Vorwürfe, die er sich nicht zum erstenmal machte, aber auch sie hatten ihm nicht Mut machen können, ihr von diesem kleinen Ungeheuer zu beichten, das im Inkubationsbehälter seines geheimen Laboratoriums herangewachsen war, ein mißlungener Versuch, ihr ein Geschenk zu machen, der sich statt dessen als eine grausame Mahnung erwiesen hatte, daß Gott selbst der Macht, die den Propheten gegeben ist, Grenzen setzt und streng überwacht.
Ihm war die Macht in die Hände gegeben, Tiere und sogar Menschen durch Zellkernverschmelzung künstlich zu schaffen, doch sollte ihm, wie es den Anschein hatte,
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