Im Herzen des Kometen
etwas mehr Zeit und durchschnitt das Ding einige Zentimeter über der Basis. Eine Sprühwolke roter Tröpfchen wurde vom Wind fortgerissen. Genauso erging es dem abgetrennten Stück.
Weitere Flüssigkeit sickerte aus der Wunde, dann begann sie zu gerinnen. Vor Carls Augen begann sich eine Kruste zu bilden, unter der sich bereits eine Anschwellung frischen Gewebes abzeichnete. Dann, als es prall und dunkelpurpurn wie eine Aubergine aussah, begann es wieder zu wachsen – seitwärts zuerst, dann wieder geradeaus, so daß die Schnittwunde an die Flanke verschoben wurde und im Wachstum des Organismus nur eine kurzzeitige Unterbrechung darstellte.
Carl fühlte, wie es ihm prickelnd über den Rücken lief.
»… sieht es jetzt aus? Ich wiederhole, kein Empfang, möchten wissen…«
Der Rest blieb unverständlich. Carl konnte niemanden im Schacht sehen. Wo steckten sie?
Er zog die Spritzpistole aus ihrem Halfter an seinem linken Schenkel. Sie war für kleine Ausbesserungsarbeiten gedacht und enthielt einen nur geringen Vorrat Dichtungsmasse, aber er wußte nicht, was er sonst tun sollte.
Um näher an die Bruchstelle heranzukommen, gab er einen weiteren Meter Leine aus, dann holte er ein Stück davon hastig wieder ein, als das rasch sprossende Ding sich in seine Richtung wandte. Konnte es ihn fühlen? Ohne Augen oder andere sichtbare Sinnesorgane? Vielleicht spürte es die von seinem Anzug ausgehende Wärme. Jedenfalls wollte er nichts riskieren.
Die Spritzpistole spuckte gelbe Dichtungsmasse auf das Loch. Sie spritzte über die Öffnung und breitete sich rasch aus, als die langen Kettenmoleküle zur Festigung der Oberfläche auseinanderflossen. Die Sogwirkung des Luftzuges drückte die Dichtungsmasse blasenartig nach innen, aber der gelbe Flicken hielt.
Fast eine Minute lang. Dann stieß der Wurm gegen den härtenden gelben Stoff, drängte vorwärts und riß die Dichtungsmasse los. Der Wind erfaßte den Rand, und der Flicken schlug nutzlos wie eine zerfetzte Flagge gegen die Stollenwandung.
»Wir brauchen das schwere Gerät«, sagte Carl. »Bringt alles, was wir haben!«
»… schwer verständlich… irgendwelche andere Maßnahmen?«
»Ja. Macht alle Schleusen dicht! Überall!«
»… nicht ver… wir schicken alles.«
»Wenn uns die Dichtungsmasse ausgeht, sind die Schleusen unsere einzige Unterstützung.«
Und wenn die versagen, dachte er, werden wir in Schutzanzügen leben müssen.
Zehn Minuten später schien diese Vorstellung nicht einmal unwahrscheinlich.
Nur Lani, Samuelson und Conti konnten gleich zu Hilfe kommen; die Mannschaft war allzu dünn verteilt. Lani war geschickt und eingespielt, aber die anderen zwei hatten hier mit Arbeiten zu tun, die ihnen nicht vertraut waren. Das Abschlagen der Würmer oder Fühler war einfach, aber weitere drängten herein, ehe die Dichtungsmasse härten konnte.
Sie arbeiteten so rasch wie möglich. Carl und Samuelson entdeckten, daß sie ganz nahe an die Isolation herangehen und den gesamten Umkreis bis zum anstehenden Eis ausräumen mußten, um überhaupt einen Fortschritt zu erzielen.
»Müssen das Teufelszeug sauber herausschneiden«, knurrte Samuelson. Er war sichtlich nervös. »So was hab ich noch nicht gesehen.«
»Passen Sie auf da, Sie sind nahe am Eis!« Carl mußte Samuelsons Sicherungsleine halten, um zu verhindern, daß der Mann vom Luftzug direkt gegen die Öffnung gepreßt wurde. Vor Beginn der eigentlichen Abdichtungsarbeit hatten sie mit Schraubhaken, Karabinern und Seilen Sicherungen angebracht, um zu verhindern, daß der heulende Wind sie von den Schachtwänden riß. Nun ließ das schrille, hohle Pfeifen allmählich nach, da die Luft in Schacht 3 allmählich ausging.
»Nicht zu nahe!«
Zu spät. Ein Dampfstrahl schoß aus der Öffnung und blies Samuelson fort, der sich mehrmals in der Luft überschlug.
Sein schwerer Industrielaser hatte mit den purpurnen Gewächsen aufgeräumt, dann aber eine Ader Kohlendioxideis getroffen, das augenblicklich verdampft war.
»Lani! Wo bleibt die Dichtungsmasse?« rief Carl. Er gab ein paar Meter von Samuelsons Sicherungsleine aus, damit er von der Reparaturstelle abtreiben konnte, denn in wenigen Augenblicken mußte es eine Menge Schmutz geben.
Lani manövrierte am Ende einer Sicherungsleine, das Strahlrohr der Schlauchleitung in beiden Händen. »Es geht los.«
Die klebrige gelbe Dichtungsmasse spritzte über die gereinigten Löcher der Bruchstellen. Carl und Conti bestrichen die frischaufgespritzte Masse
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