Im Herzen Rein
Muttersöhnchen vor.«
»Das gehört ja schon zum Täterprofil«, spottete Paula.
»Das ist Bachs Terrain.« Paula schob die Ärmel ihrer Bluse hoch. »Wir haben die Vernehmung gefilmt.«
»Durftet ihr?«
»Er hat schriftlich einem Recording zugestimmt.« Beide grinsten. »Ich werde Bach die Kassette schicken.«
»Und was ist deine persönliche Meinung?«
»Es spricht alles dafür. Aber irgendwas fehlt mir. Ich weiß auch nicht, was. Du?«
»Ich werde Anklage erheben, wenn du mit ihm fertig bist. Das ist nicht der Typ, der sich unschuldig in etwas hineinreitet. Wenn er sich nicht aus der Schlinge zieht, war er es. Was sagt er übrigens zu Silvia Arndt?«
»Kennt er nicht.«
»Was wirst du nun machen?«
»Wir werden seinen Kollegen Boldt fragen, ob und wann er ihn angerufen hat. Mendel will zu Hause gewesen sein, als Johanna Frenzi im Kino abgesetzt wurde. Der Beweis soll sein, dass Boldt ihn dort angerufen hat, um sich mit ihm zum Squash zu verabreden.«
»Das wird stimmen. So blöd wird er nicht sein.«
»Dann hat er die Leiche nicht ins Kino gebracht. Aber vielleicht hat er eine Weiterschaltung vom Festnetz aufs Handy. Dann konnte er den Anruf auch unterwegs entgegennehmen.«
Chris saß auf der Schreibtischkante und spielte an einem Kugelschreiber herum. Chris schien Paula so angespannt, dass sie ihr diese Ablenkung lassen wollte, obwohl es sie nervte. Ein Außenstehender hätte ihre Unsicherheit gar nicht gemerkt, denn sie sah blendend aus, duftete, hatte frisch geföhnte Haare, und ihre Fragen und Antworten kamen schnell. »Was sind seine Schwachpunkte?«, fragte sie.
»Seine Lügen. Gleich zu Anfang: dass er Johanna Frenzi nicht kannte. Dann begreift er die Unwiderlegbarkeit des DNA-Vergleichs, gibt den Sex mit ihr zu, lügt aber, sie seien bei ihr zu Hause gewesen. Wir wissen, dass es nicht so war. Das ist gravierend. Er könnte den wahren Ort ja nennen, wenn es nicht die Folterhölle wäre, die ihn überführen würde.«
»Und die Barbiepuppe?«
»Wir machen gleich eine Hausdurchsuchung.«
»Hoffentlich haben wir bald ein Geständnis von ihm«, sagte Chris, als sie sich verabschiedete.
40
Frau Mendel wurde blass, als Paula ihr den Durchsuchungsbefehl hinhielt. Entgeistert starrte sie die kleine Truppe an, mit der Paula gekommen war - Waldi, Tommi und Max. Marius versuchte derweil bei Doktor Boldt, Mendels Alibi für die Zeit der Ermordung von Silvia Arndt zu überprüfen.
Sieglinde Mendel machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Wohnung. Waldi leitete die Durchsuchung, und Paula gab ihm das Zeichen, in die Wohnung einzurücken. Paula folgte der Frau in die Küche und bat sie, ihr ein paar Fragen zu beantworten.
Sie nickte, nahm den Topf vom Herd und setzte sich.
Der Geschirrspüler lief mit einem Schleifton, der in Abständen von einem dumpfen Schlag begleitet wurde. Paula hätte das Ding gerne abgestellt, aber die Frau ihr gegenüber sah nicht aus, als würde sie ihr den Gefallen tun. Ziemlich verschlossen saß sie da vor ihr am Küchentisch. Sie war vier Jahre älter als ihr Mann und Krankenschwester im Martin-Luther-Krankenhaus. Der Vater hatte als Allgemeinarzt eine eigene Praxis in Oldenburg, die Mutter war Physiotherapeutin. Sieglinde war mit Moritz Mendel seit neun Jahren verheiratet. Sie wirkte blasser als ihr Mann, und Marius hatte Paula nach ihrem Besuch bei den Mendels gefragt, warum der Arzt wohl diese Frau geheiratet hatte. »Warum nicht?«, war Paulas missbilligende Rückfrage gewesen.
Abweisend saß sie ihr gegenüber, die Hände auf dem Tisch gefaltet. Sie war ungeschminkt. Sie gehörte sicher zu jenen zuverlässigen Krankenschwestern, denen man nachsagte, sie seien zupackend und geradeheraus. Paula zweifelte nicht daran, dass sich Kranke bei ihr aufgehoben fühlten.
Sie erklärte der Frau so schonend wie möglich die Situation, kam aber nicht umhin, sagen zu müssen: »Wir haben Ihren Mann wegen Mordes verhaftet.«
Frau Mendel blieb erstaunlich ruhig, und Paula erklärte ihr weiter die Zusammenhänge, doch nach einer Weile liefen ihr Tränen über die Wangen, und Paula schwieg jetzt. Die Frau erinnerte sie an eine reife Frucht, die aufplatzte. Während sie wartete, dass die Tränen versiegten, wurde ihr wieder das Rauschen mit dem rhythmischen Schlagen des Geschirrspülers bewusst.
Als Sieglinde Mendel sich beruhigt hatte, fragte Paula, wann sie ihren Mann kennengelernt habe.
»Vor elf Jahren«, sagte sie und berichtete, wie sie ihm damals beim Büffeln
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