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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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hatten einige Leute seine Freundin Antonia stellvertretend angegriffen. Als sie Ralf dann dabei beobachtet hatte, wie er Antonia aus dem Felix hinausbegleitete, hatte sie einen eifersüchtigen Stich verspürt.
    Als Posch genetisches Vergleichsmaterial anforderte, hatte sie spontan Ralfs Haarbürste mit in die Gerichtsmedizin geschickt und auf den Umschlag »Mendel« geschrieben. Er saß noch als Verdächtiger in Untersuchungshaft. Sie rechnete natürlich damit, dass Heiliger als Vater festgestellt werden würde.
    »Frau Zeisberg, Sie haben uns Vergleichsmaterial von zwei Verdächtigen zugeschickt, das eine ist beschriftet mit ›Heiliger‹ und das andere mit ›Mendel‹.«
    »Ja, richtig«, sagte sie.
    »Der Vergleich hat ergeben, dass Mendel der Vater des Kindes ist.«
    »Sind Sie absolut sicher?« Paula fühlte sich wie erstarrt.
    »Selbstverständlich. Sie wissen doch, dass DNA-Vergleiche für Zweifel gar keinen Spielraum lassen.«
    »Die Proben könnten versehentlich vertauscht worden sein. Das kommt doch vor.«
    »Ausgeschlossen, Frau Zeisberg.«
    Paula hörte Poschs Stimme: »Hallo, Frau Zeisberg? Sind Sie noch dran?«
    Sie versuchte, gleichmäßig zu atmen, und hämmerte sich ein: Du kannst nicht fallen, du sitzt, du kannst nicht fallen. Sie starrte den Hörer auf dem Tisch an. Die Stimme im Telefon rief wieder nach ihr. Sie nahm den Hörer, bedankte sich für die Information und legte auf.
    Sie wusste nicht, wie lange sie bewegungslos gesessen hatte, als die Tür aufgerissen wurde, Marius hereinkam und aufgebracht sagte: »Der Richter hat den Haftbefehl für Heiliger aufgehoben. Sie haben ihn schon entlassen.«
    Sie nickte nur.
    »Das lässt dich völlig kalt?« Marius war enttäuscht über ihre ausbleibende Reaktion.
    »Welchen Anwalt hat er?«
    Marius boxte mit seiner rechten Faust in die linke Hand.
    »Klar, wenn man sich Severing, Klages & Partner leisten kann, muss man nicht lange in der Kiste sitzen!« Er blickte Paula mit Augen an, die dunkel vor Wut waren. »Das sind Sachen, die mich fertigmachen.«
    »Wir können heute nichts mehr unternehmen, Marius. Geh nach Hause, und sammle deine Kraft für morgen.«
    Er nickte und ging zur Tür.
    »Tu mir noch einen Gefallen, bitte.«
    »Gern, Paula.« Er lächelte sie an, als ob er seinen Ärger schon vergessen hätte.
    »Sag allen, dass wir uns morgen früh schon um acht hier treffen, bevor der ganze Rummel anfängt.«
    »Bach auch?«
    »Der auch.«
    »Okay, Paula. Erhol dich.«
    Als er draußen war, erhob sie sich müde und entschloss sich, nach Hause zu fahren.
    Sie fuhr langsam und drückte nicht aufs Gas wie sonst, als die Ampel auf Gelb zu springen drohte. Auf dem Beifahrersitz lag der selbst gebackene Apfelkuchen von Ulla. Sie hatte ihn ihr überreicht, als sie sich verabschiedete. »Für dich und Ralf als Dessert«, hatte sie gesagt und Paula umarmt, als wollte sie ihr Trost spenden.
    In ihrem inneren Tumult konnte Paula nicht auseinanderhalten, ob Eifersucht in ihr tobte oder ein unvorstellbarer Verdacht. Natürlich wäre es besser, sie würde das klären, bevor sie Ralf begegnete. Der Betrug war das eine, aber da saß sie im Glashaus, denn schließlich hatte sie ihn auch einmal betrogen. Doch irgendwie war die Sache anders gewesen, sie war in Marius nicht nur verliebt, sondern es gab auch so viel Gemeinsames zwischen ihnen. Und das war in Beziehungen ja die eigentliche Grundlage. Je mehr Gemeinsamkeiten, desto länger hielten die Ehen. Ralf und sie waren sehr verschieden. Sie verstand nicht viel von seiner Welt, und er interessierte sich nicht sehr für ihre. Das war nicht neu, das hatte sie schon damals gewusst, und als dann die Sache mit Marius passierte, war sie entschlossen gewesen, es Ralf gleich zu gestehen und sich von ihm zu trennen. Aber Ralf hatte so viel in Bewegung gesetzt und so viel versprochen, dass er sie schließlich erweichte und sie sich von Marius trennte statt von ihm. Sicher hätte sie mit Marius nicht als seine Chefin im selben Team arbeiten können, aber das hätte sie regeln können. Doch sie hatte Ralfs Bemühungen nachgegeben.
    Vielleicht hatte sich Ralf Antonias wegen auch von ihr trennen wollen und hatte bisher nur noch nichts gesagt. Oder vielleicht auch andersherum: Vielleicht hätte er die Sache mit Antonia nicht so gelebt, wenn er gewusst hätte, dass es dann zwischen Paula und ihm zu Ende sein würde.

55
    Nachdem sie die drei Treppen zur Wohnung hinaufgestiegen war, schloss sie die Tür auf, machte sie leise hinter

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