Im Herzen Rein
Glas und trank gierig. Er war erschöpft und ausgelaugt.
Das war genau der Moment, um den Druck zu erhöhen. Auch Paula erkannte die Gelegenheit, sie machte aber keinen Gebrauch davon. Nicht bei Ralf.
Marius beugte sich vor: »Warum haben Sie es denn getan?«
»Gehört das hierher?«
»Josef Heiliger ist der Tat noch nicht überführt, und jeder, der mit Antonia Hartmann eng zusammen war, könnte ein Motiv haben.«
Es war totenstill in der Küche. Ein leises Zischen war zu hören, als Ralf zwischen zusammengebissenen Zähnen durch den Mund ausatmete. Er nahm sein Glas, rührte damit auf dem Tisch herum, hob es und trank es mit einem Schluck leer. »Für Liebe muss man manchmal Risiken eingehen«, sagte er.
Paula wusste, dass er sie damit verletzen wollte, weil sie ihn dieser Situation aussetzte.
»Welche Risiken meinen Sie?«, fragte Marius.
Ralf kochte innerlich, und sie erwartete, dass er Marius jetzt angreifen würde, dass so etwas kommen würde wie: das Risiko, mich von einem Arschloch wie dir verhören zu lassen, zum Beispiel. Aber sie hatte sich geirrt, er war gemeiner.
Er lächelte fein und sagte leise: »Liebe ist eine Sache von Vertrauen. Aber auch von Mut und Glauben. Man muss an eine Frau glauben. Man darf nicht ängstlich an alltäglichen Dingen kleben, sondern muss den Sprung wagen. Man muss auch etwas riskieren. Aber das verstehen Sie nicht, Herr Kriminaloberkommissar Seefeld.«
Marius schluckte. Es war ganz klar eine Anspielung darauf, dass Marius aus beruflichen Gründen auf Paula verzichtet hatte.
Paula reagierte schnell. »Antonia Hartmann hat viel Zeit bei Heiliger im Atelier verbracht. Sie muss also gewusst haben, woran er arbeitet und wie er seine Abende verbringt. Und du warst ihr Liebhaber. Da hat sie dir sicher das eine oder andere erzählt.«
Er schaute sie nicht an. »Ja, sie hat von seiner Arbeit gesprochen. Sehr begeistert.«
»Hat sie erzählt, woran er zuletzt gearbeitet hat?«
»Nein, sie war überrascht, als er auf seiner Party erklärt hat, dass er an einer Installation über Die Frau im blauen Kleid arbeitet . «
»Woher weißt du, dass sie überrascht war?«, fragte Paula.
»Das hat sie mir gesagt.«
»Wann hat sie dir das gesagt?«
Er musterte sie. »Auf der Party, wo sonst?«
»Wann? Kannst du dich an die Uhrzeit erinnern?«
»Ich habe sie gegen halb elf - glaube ich - zum Ausgang vom Felix gebracht. Ihr Auto stand in dieser kleinen Straße neben dem Holocaust-Denkmal. Ich wollte sie hinbringen, aber sie wollte allein gehen. Natürlich habe ich ihr nachgeschaut, ob sie gut ankommt.«
»Sie ist zu ihrem Auto gegangen. Und was dann?«
»Keine Ahnung.«
»Ist sie mit dem Wagen losgefahren?«
»Nein.«
»Aber das ist doch seltsam. Sie sagt dir, ihr ist nicht gut, sie will nach Hause, du bringst sie raus, sie geht zum Auto und steigt ein. Dann fährt sie aber nicht los. Das hätte dich doch wundern müssen.«
Marius klopfte schon seit ein paar Minuten mit einem Bleistift rhythmisch auf den Tisch. Ralf griff plötzlich zu und feuerte den Stift quer durch die Küche.
Bevor die Situation eskalieren konnte, sagte Justus mit fester Stimme: »Danke, Herr Kleen.« Und dann zu Marius:
»Das Geklapper stört bei der Aufnahme. Lass bitte den Bleistift.«
Marius, der aufgesprungen war, setzte sich nun wieder.
Ralf brummte, als wäre nichts gewesen: »Keine Ahnung, was da war. Sie ist eingestiegen, und ich hab nicht mehr länger hingeschaut.«
Paula hatte ihre Haltung nicht verändert. »Was hast du dann gemacht?«
»Ich hatte die Schnauze voll von der Party und bin ins Atelier gefahren, um zu malen.«
»So spät nachts hast du deine Skizzen oft zu Hause gemacht. Warum bist du nicht in die Wohnung gefahren?«
»Einer von deinen Kunden hatte unseren Kater umgebracht. Ich hatte keine Lust auf die Wohnung.« Und plötzlich brüllte er: »Denkst du, ich bin hinter ihr hergegangen und habe sie umgebracht?!« Er nahm sein Glas und schleuderte es quer durch die Küche. Es zersplitterte an der Wand über dem Herd. »Ihr seid doch krank.«
Justus öffnete eine Mappe mit Fotos, legte sie vor Ralf auf den Tisch und klappte sie auf. »Sie sehen da auf dem Brunnenrand Antonia Hartmann in einem blauen Kleid. Hatte sie das vorher schon einmal an?«
Ralf warf einen kurzen Blick darauf und klappte den Ordner wieder zu. »Nein.«
Paula dachte, dass er den Anblick seiner toten Geliebten nicht ertragen konnte. Wie groß war seine Leidenschaft zu ihr gewesen? Hatte er darunter
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