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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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verwundert.
    Paula erklärte ihm die Zusammenhänge zwischen Ralf, Antonia Hartmann und Josef Heiliger, soweit sie sie bisher wusste, dankte allen und hob die Sitzung auf.
    »Wir können in meinem Wagen fahren, ich geh schon mal vor und fahr ihn vor die Tür. Ihr kommt dann gleich, okay?«
    Justus und Marius nickten. Sie wollte den mitleidigen Blicken der Teammitglieder so schnell wie möglich entgehen und verließ das Büro.

58
    Als Paula zu ihrem Wagen ging, fiel ihr wieder Jonas’ überraschender Anruf ein. Von Frankfurt nach Berlin zu fliegen, um ein halbes Stündchen bei einer Tasse Kaffee plaudern zu können, ist schon ziemlich verrückt. Allerdings eine Verrücktheit, die ihr schmeichelte. Plötzlich musste sie lachen. Außerdem erinnerte sie jeder Anruf von ihm an seinen damaligen Anruf, als er sie kurz vor ihrem Abi zu einer Party eingeladen und damit glücklich gemacht hatte. Diese Erinnerung klang in ihr auf wie eine Melodie aus der früheren, sehr verliebten Zeit. Heiter stieg sie ins Auto und schickte Jonas eine SMS: »Treffen unmöglich. Chaos. Paula.«
    Gleich kam eine SMS zurück: »Ich bin hier und warte. Jonas.«
    Wie schön, dachte sie, aber leider hat er keine Ahnung.
     
    Als sie mit dem Wagen vorfuhr, standen Justus und Marius schon vor der Tür und warteten. Justus stieg vorne ein, Marius hinten. Während Justus erzählte, dass es tatsächlich die Hindemith-Sinfonie im Radio gegeben hatte, die Heiliger auf der Fahrt von Hamburg nach Berlin gehört haben wollte, wurde Marius nachdenklich. Paula erinnerte sich, wie oft er auf Ralf eifersüchtig gewesen war.
    Als Paula die Wohnungstür aufschließen wollte, war sie von innen verriegelt. Ralf hatte sie ausgesperrt, wie sie ihn gestern.
    Sie klingelte, aber nichts passierte. Schließlich klopfte sie laut.
    Sekunden verstrichen.
    Sie wollte eben ein zweites Mal klopfen, als die Tür aufging und Ralf vor ihnen stand. Er sah sie mit müden Augen an, sein Blick war traurig.
    »Du wolltest doch um elf -« Sie brach ab, weil er sich einfach umdrehte und wegging. »Mir geht es nicht gut, ich bin krank«, hörte sie ihn ein wenig röchelnd sagen.
    Sie folgten ihm.
    »Hast du getrunken?«, fragte sie.
    Er murmelte etwas, was sie als Bestätigung verstand, und war in der Küche verschwunden.
    Selber schuld , dachte sie, gab Justus und Marius ein Zeichen und hielt ihnen die Tür zur Küche auf.
    Ralf goss sich aus der angebrochenen Flasche ein weiteres Glas Rotwein ein. Mürrisch blickte er in die Runde und hob fragend die Flasche, ob sonst noch jemand etwas wollte. Sie schüttelten den Kopf.
    »Setzt euch«, forderte Paula sie auf.
    Marius nahm gegenüber von Ralf Platz und Justus am Kopfende des Küchentisches. Paula blieb stehen und lehnte sich gegen die Spüle.
    Ralf fragte die Männer zynisch: »Habt ihr Handschellen dabei?«
    »Die brauchen sie nicht«, sagte Paula. »Sie möchten nur deine Aussage, das ist alles.«
    Er trank sein Glas aus und goss sich neu ein. »Ja, natürlich. Nur ein bisschen aussagen. Vielleicht sollte ich doch einen Anwalt anrufen, was meint ihr?« Er wandte sich zu Paula. »Du solltest es mir sagen, du bist meine Frau, von dir kann ich Hilfe erwarten. Was soll ich tun?«
    Warum machte er so ein Theater? Hatte er doch etwas zu verbergen?
    »Es kann nie schaden, einen Anwalt zu haben«, sagte sie.
    Er ging darauf nicht weiter ein, sondern trank wieder einen Schluck und musterte ihre Kollegen am Tisch. »Ich muss noch die Schuhe anziehen, wenn ihr mich verhaften wollt - falls ihr nichts dagegen habt«, sagte er nach einem kurzen Moment des Schweigens.
    Paula merkte, dass er sich in der Stimmung befand, in der ihm alles zuzutrauen war. Sie hätte Marius warnen sollen. Ralf wirkte immer so milde und manchmal auch ein bisschen durch den Wind, so wie jetzt, als hätte er zu viel getrunken oder als wäre er zerstreut, aber er konnte überraschend schnell und geistesgegenwärtig sein. Unberechenbar. Sie waren einmal an einer U-Bahn-Station in eine Schlägerei geraten, wo Jugendliche einen Rentner verprügelten, da hatte sich Ralf in null Komma nix in einen Derwisch verwandelt. Ehe sie überhaupt Luft holen konnte, lagen drei von den Typen auf dem Bahnsteig, und er rannte hinter den anderen beiden her. Sie hätte das nie für möglich gehalten. Hinterher wollte er nicht darüber sprechen, so als wäre es ihm peinlich. Stattdessen hatte er ein hervorragendes Essen gekocht und war sehr zärtlich im Bett gewesen. Von da an hatte sie ihn

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