Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
Vom Netzwerk:
harte Lektion für dich, und es tut mir leid, dass du das erleben musst.«
    Sie hatte den Doppelsinn natürlich nicht verstanden, hatte ganz naiv ihre Hand auf seinen Arm gelegt und gefragt: »Das ist nett von dir, aber was meinst du damit?«
    »Ich habe euch in der Tapas-Bar bereits beobachtet, bevor ich dazukam.« Er hatte beim Fahren zu ihr herübergeschaut, mit diesem jungenhaften Lächeln, das für ihn typisch war. »Ich denke, ich verstehe etwas von Menschen«, hatte er hinzugefügt.
    Sie hatte an die Tapas-Bar gedacht, wie sie dort ungeduldig gewartet hatte, dass Hubertus auftauchen würde, und jetzt im Auto erfuhr sie, dass er sich vorher schon dort versteckt gehalten hatte, um sie zu beobachten.
    »Aber was wären wir ohne Erfahrungen«, hatte er lächelnd hinzugesetzt.
    Naiv hatte sie weitergesprochen: »Auf die Erfahrung mit Heiliger könnte ich gut verzichten.«
    »Warst du in ihn verliebt oder nicht?«
    Sie fand nicht, dass das ein geeignetes Thema war, und fragte: »Was ist eigentlich mit dir?«
    »Wie meinst du das?«
    »Mit dir und den Frauen. Oder hast du immer nur gearbeitet?«
    Er räusperte sich. »Da ist jemand. Aber ich möchte nicht darüber sprechen.«
    »Und wer ist sie?«
    »Ich möchte nicht darüber sprechen.« Er lächelte.
    »Kenne ich sie?« Spontan dachte sie, vielleicht könnte es Paula sein, verwarf das aber gleich wieder. »Aus unserer Studienzeit?«
    Er antwortete nicht.
    »Also ja«, neckte sie ihn. »Aber wen kenne ich, den du auch kennst?«
    »Gib dir keine Mühe. Du sollst wissen, dass ich immer für dich da bin.«
    Sie drehte den Kopf zur anderen Seite, damit er nicht sehen konnte, wie seine Worte sie berührten. Ihre Brüder waren immer grob mit ihr gewesen, und auch ihr Vater hatte sie hart angepackt. Daher fühlte sie warme Dankbarkeit, als nun Hubertus, der von ihr bewunderte Studienkollege, seine Fürsorge anbot. Eigentlich war er immer schon nett zu ihr gewesen, dachte sie. Allerdings hatten ihr seine Worte auch das Gefühl gegeben, bedürftig zu sein, und das wollte sie nicht.
    Deswegen hatte sie in betont leichtem Ton gesagt: »Aber jetzt ist alles vorbei.« Doch das schien nicht die Antwort zu sein, die er erwartet hatte, und sie fügte schnell hinzu: »Dafür bin ich dir sehr dankbar, Hubertus. Ohne dich würde Heiliger wieder freikommen.«
    Bach hatte geradeaus gesehen und nichts gesagt.
    Irgendwie hatte sie es vermasselt. »Ohne dich würde er sein Leben weiterführen«, versuchte sie es noch einmal.
    »Ja«, sagte er, »ohne mich würde er weitermachen.«
    Irgendwie war die Stimmung sonderbar, und sie überlegte, wie sie Paula doch noch hinzuholen könnte. »Ich glaube, ich brauche einen Kaffee. Besteht da eine Chance?«
    Er lächelte. »Du bekommst gleich alles, was du brauchst.«
    Diesen Satz hatte sie in seiner tatsächlichen Bedeutung natürlich nicht verstanden. Sie hatte sich bei ihm aufgehoben gefühlt. Jetzt begriff sie erst, wie naiv sie gewesen war.
    »Ich habe Heiligers zweites Atelier gefunden. Seine Hölle würde er es wohl nennen.«
    »Und das ist dem dämlichen Justus entgangen?«
    »Wundert dich das?«
    Er bog von der Straße auf ein Industriegelände ab und fuhr auf eine Halle zu.
    »Wo sind wir?«
    »Am Tatort. Damit haben wir ihn.«
    Mit einer Fernbedienung öffnete er ein Garagentor und fuhr hinein.
    Sie stiegen aus, und das Garagentor schloss sich automatisch.
    Er hatte ihr die Tür zum Atelier aufgehalten, die klein war, aber dick wie eine Panzertür. Dumpf war sie hinter ihnen ins Schloss gefallen.
    Eingesperrt , hatte ihr Instinkt signalisiert, aber sie war überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, dass sie in eine Falle lief, als sie die ersten Schritte in die Halle machte.
    Im Gegenteil - auf den ersten Blick war sie enttäuscht gewesen. Sie hatte einen gefährlich wirkenden Raum erwartet, aber es war nur eine weiß getünchte Halle mit dem Notwendigen, was man zum Wohnen brauchte, abgesehen von den großen Studiomonitoren an den Wänden. In der Mitte stand ein Bett, an der linken Wand ein frei stehender Rollschrank mit Küchengeräten, hinter dem Waschbecken eine frei stehende Badewanne, daneben ein Holzstuhl. Dann sah sie die grüne Gasflasche mit dem Schweißgerät und Stromkabeln über dem Stuhl, die mit Metallstücken verbunden waren - zwei Ringen und einem Dreieck. Sie dachte an die Brandmale auf der Haut der toten Johanna und fröstelte. In einiger Entfernung vom Bett stand ein Rollständer, an dem ein blaues Kleid auf einem

Weitere Kostenlose Bücher