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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Weinert zu. »Ich habe ein Foto gemacht, wie Sie gerade den Meißel zum Aufschlagen der Felsenbeine ansetzen. Hier.« Er zeigte es dem Arzt im Display der Kamera und versprach ihm einen Abzug.
    Posch führte Paula und Chris auf den Flur. »Sie sehen, Frau Gregor, man muss schon eine ganze Menge Kenntnisse haben, um alles so präzise hinzukriegen, wie Sie es heute an der Spree vorgefunden haben.« Er lächelte. »Mal kein hirnloser Metzger.«
    »Sie meinen, endlich mal einer, dem Sie fachliche Anerkennung zollen?«, sagte Paula.
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen.« Er lachte und machte Chris ein Kompliment wegen ihres Parfüms. »Eine Erholung nach dem Todesduft da drinnen, nicht wahr?«
    Chris dachte an alle möglichen Moschuszutaten. »Sie sind sicher nicht verwöhnt, Professor Posch.«
    Er bestätigte das lachend und wurde dann ernst. »Die Fälle, die ich hier bekomme, haben immer etwas Abgeschlossenes. Aber was ich heute sah, kommt mir vor wie ein Vorspiel.«
    »Zu was?«, fragte Paula.
    »Zu einer Oper vielleicht.«
    »Welche Oper?«, fragte Chris. Sie dachte an »Macbeth« von Verdi oder Schostakowitsch, aber diese Opern meinte er sicher nicht. Das waren zwar blutrünstige Spektakel, aber nicht das, was sich hier abgespielt hatte.
    Paula betrachtete Posch. Flirtete er mit der Staatsanwältin, oder hatte er noch etwas, was für sie wichtig sein könnte?
    »Ein Spiel mit obsessiver Lust und Wahn«, sagte er nachdenklich.

9
    Poschs Aussagen arbeiteten in Paula. Der Täter hatte sein Opfer gefesselt, um es mit dieser Präzision erstechen zu können. Es hatte still sitzen müssen, damit er die Nadel durch die Brustwarze ins Herz stoßen konnte. Dreimal hatte er zugestochen und jedes Mal die Herzkammer getroffen.
    Und dabei schien es ihm nicht um Sex zu gehen. Vielleicht hatte er die Frau sogar wie eine Porzellanpuppe behandelt, damit sie auf der Parkbank natürlich wirkte und nicht von Misshandlungen ramponiert. Selbst bei der Tötung hatte er sie an der Oberfläche kaum verletzt. Was war sein Motiv? Ruhm über diese makabre Ausstellung? Obsessive Lust und Wahn, wie Posch sinniert hatte?
    Paula rief Justus im Büro an. Zur Aufklärung der Identität der Toten hatten sie einen Presseaufruf herausgegeben, aber noch keine Rückmeldungen erhalten. Außerdem waren sie dabei, Bewohner des nahen Wohnblocks zu befragen, ob sie etwas Ungewöhnliches beobachtet hatten. Paula wies ihn an, die Befragungen auf die ganze Gegend auszudehnen und nach einem Mann mit einem Rollstuhl zu fahnden. Die morgige Besprechung setzte sie für zehn an.
    Nach der Obduktion brauchte Paula einen Grappa, außerdem hatte sie Hunger. Sie schlug Chris das Café gegenüber dem Friedrichstadtpalast vor.
    Beim Hineingehen schaute sich Paula die ausgestellten Torten, Törtchen und Salate an. Sie setzten sich und stießen mit Grappa an. Als sie sich schüttelten, drehte der Kellner sich um und grinste. »Ist ja nur Obst.« Paula bestellte noch einmal »Obst« und eine Shrimpspfanne.
    »Für mich Mineralwasser und Kaffee«, sagte Chris.
    »Für dich muss die Obduktion ganz schön heftig gewesen sein«, meinte Paula. »Aber mit der Zeit bekommt man Routine.«
    Chris nickte.
    »Für mich war es diesmal aber auch heftig«, gab Paula zu. »Gerade diese erzwungene Haltung, unheimlich.«
    »Auf der Parkbank sah sie aber ganz natürlich aus. Das war eher unheimlich. Und dass sie etwa in unserem Alter ist. Auch ein ähnlicher Typ, oder?«
    »Ähnlich? Das darfst du gleich von Anfang an nicht zulassen«, sagte Paula. »Striktes Gebot: Identifiziere dich nicht mit dem Opfer.«
    »Ja, ja, schon klar«, stimmte Chris zu. »Aber merkwürdig, diese Art der Inszenierung, findest du nicht?«
    »Ja, das ist ausgeklügelt.«
    »Und das Motiv, das dahintersteckt?«
    »Das Motiv? Dazu kann man jetzt noch nichts sagen. - Dass du aber auch gleich am Anfang so einen spektakulären Fall kriegen musst. Besser wäre erst einmal ein einfacher Fall gewesen, oder? So gerätst du gleich unter starken Druck.«
    »Hauptsache, er wird erfolgreich gelöst«, schränkte Chris ein.
    »Das Wichtigste ist, dass wir in der Arbeit frei bleiben und uns von oben nichts reingedrückt wird, nur weil die Medien verrücktspielen.«
    Chris legte ihre Hand auf Paulas Unterarm, als sie gerade nach der Shrimpspfanne griff. Paula war hungrig, ihr war flau im Magen. Chris sagte: »Ich werde dir den Rücken frei halten.«
    Paula nickte, worauf Chris ihren Arm losließ und sie sich endlich die Shrimps

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