Im Herzen Rein
zusammengeklappt neben dem Sitz gestanden«, sagte Walther. »Da, wo die Tote gesessen hat.«
»Hab ich nicht gesehen.«
»Sie haben ihn neben die Theke mit den Süßigkeiten gestellt, bevor sie die Polizei gerufen haben«, rief Tommi.
»Sehr intelligent. Ich will ihn sehen.«
Der Rollstuhl stand fahrbereit neben der Bar. Er war ohne Motor und hatte Schiebegriffe. Paula konnte nichts Auffälliges entdecken. »Habt ihr Spuren gefunden?«
»Nein. Er geht ins Labor zur genauen Untersuchung.«
»In Ordnung.« Paula nickte. »Ich bin im Büro von Herrn Walther. Sag Marius Bescheid.«
Im Büro stellte Cornelius Walther seine Mitarbeiter vor: Asta Grabow, die Frau am Einlass, und Oliver Branitz, den Filmvorführer, der auch die Süßigkeiten verkaufte und sich um den Abfall kümmerte. Der Geschäftsführer hatte im Kassenhäuschen gesessen. »Ich habe den Mann mit dem Rollstuhl nicht gesehen.«
»Den Mann?«, fragte Paula.
»Nein«, sagte Walther. »Er wäre mir aufgefallen.«
»Der Mann?«
»Ich habe ihn ja nicht gesehen«, sagte er ungeduldig.
Paula sah ein, dass ihm die Leiche im Kino zu schaffen machte. Geduldig sagte sie: »Ich meine, vielleicht war es eine Frau, die den Rollstuhl geschoben hat.«
Er sah sie verblüfft an. Die Vorstellung fiel ihm nicht leicht. »Ja. Könnte auch gewesen sein.« Dann sagte er: »Er kann die Karten auch schon früher gekauft haben.«
»Können Sie sich an die Kartenkäufer erinnern?«
Walther schüttelte den Kopf. »Die Vorstellung läuft gut. Ein romantischer Streifen mit Brad Pitt. Da ist oft’ne Schlange, da merke ich mir keine Gesichter. Figur und Kleidung sehe ich durch mein Kassenfenster sowieso nicht.«
Paula stimmte zu. »Vielleicht hat die Person die Karten schon vorher gekauft und konnte den Rollstuhl vor der Vorstellung zügig durchschieben. - Ist Ihnen etwas aufgefallen?«, wandte sie sich an Oliver Branitz.
Er schüttelte den Kopf. »Ich war beschäftigt, habe den Typen mit Rollstuhl nur aus den Augenwinkeln mitgekriegt - und auch nur von hinten. Er trug einen Parka und eine Kappe.«
»Frau Grabow«, wandte sich Paula der Kartenabreißerin zu, »haben Sie ihn von vorn gesehen?«
»Ja, schon«, antwortete sie zögerlich.
»Sie können ganz in Ruhe versuchen, sich zu erinnern. Setzen Sie sich. Herr Walther, kann ich mit Frau Grabow allein hier im Büro bleiben?« Als Walther und Branitz hinausgingen, kam Marius herein.
»Das ist mein Kollege Seefeld - Frau Grabow, sie reißt die Karten ab«, stellte Paula die beiden vor.
Marius lehnte sich an die Ecke des Schreibtischs, etwas entfernt, und machte sich unsichtbar. Das konnte er, unauffällig werden und dabei alles mitkriegen.
»Frau Grabow, als der Mann mit dem Rollstuhl auf Sie zukam, haben Sie sicher erst die Frau im Rollstuhl gesehen.«
»Ja, die habe ich zuerst gesehen. Beim Kartenabreißen gucke ich ja sowieso meistens runter, von einer hingehaltenen Karte zur nächsten.«
»Aber Sie haben nicht erkannt, dass die Frau tot war.«
»Nein. Sie hatte eine Baseball-Kappe auf und eine Brille. Ich habe noch gedacht, wie nett, dass sie Lippenstift trägt. Mir hat das gefallen. Die meisten Menschen im Rollstuhl sind nicht zurechtgemacht.«
»Ja, das verstehe ich«, bestärkte Paula die Frau.
»Dann habe ich die Karten abgerissen. Die anderen Zuschauer, die am Einlass anstanden, hatten den beiden Platz gemacht, sie konnten direkt durch, brauchten nicht zu warten.«
»Und wie sah der Mann aus?«
»Er trug einen Parka, so wie in den Siebzigern. Und auf dem Kopf hatte er so eine Kappe wie die Frau. Partner-Look. So eine mit dem New-York-Zeichen drauf, einem N und einem Y übereinander.« Sie schaute Paula fragend an.
»Ja, kenne ich.«
»Der Mann trug auch eine Brille, aber mit getönten Gläsern.«
»War er groß?«, fragte Marius.
Frau Grabow überlegte.
Bevor sie antwortete, öffnete sich die Tür, und Max stand gebeugt im Türrahmen. Paula fragte ungeduldig: »Was ist? Kriegst du den Mund nicht auf?«
»Den schon, aber nicht die Tür.« Eine von Max’ kleinen Frechheiten.
»Welche Tür?«
»Die vom Ford Transit im Halteverbot vorm Kino. Stuttgarter Kennzeichen. Justus meint, es ist der Wagen der Toten.«
»Wie kommt er darauf?«
»Auf dem Boden der Ladefläche liegt ein Damenschuh. Er passt zu dem auf der Lehne vor der Toten.«
»Hat er rote Punkte? Ein schwarzer Schuh?«
»Yes, Ma’am.«
Paula entschuldigte sich bei Frau Grabow und bat Marius weiterzumachen.
Tommi wartete schon und
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