Im Herzen Rein
drängte die Fotografen und Schaulustigen grob zur Seite. Als sie durch die Gasse ging, hörte sie wieder ihren Namen in allen Tonlagen.
Der Scheinwerfer einer Stablampe flammte neben ihr auf. Jemand stieß sie von hinten, fast wäre sie auf den Wagen gefallen. Sie drehte sich aber nicht um, sondern starrte durch das Heckfenster auf den Schuh aus schwarzem Wildleder mit roten Punkten aus glattem Leder. »Mach den Wagen auf.«
Tommi rief ihr von der Fahrerseite zu: »Schon geschehen.« Er öffnete von innen die Tür auf der Beifahrerseite. Paula beugte sich in das Auto. Es war der Schuh, kein Zweifel. Tommi leuchtete jeden Zentimeter ab. Auf dem Boden hinter dem Fahrersitz lag außerdem eine schwarze Kappe mit weißem N und Y. Sie überließ Tommi die Sicherung des Wagens. Max bahnte ihr den Weg zurück.
Am Büro wartete Chris auf sie und wollte wissen, was sich bisher ergeben hatte. Sie war bleich, und Paula spürte, dass sie sich zusammenriss. »Wir haben den Wagen der Toten gefunden. Im Halteverbot vor dem Kino.«
»Ist sie mit dem Auto gekommen?«
Paula sah sie verblüfft an und überging dann die Frage einfach. »Es ist ein Transporter, wo hinten ein Rollstuhl reinpasst. Der Täter ist direkt vor das Kino gefahren und hat den Rollstuhl den Gang entlang ins Kino geschoben. Karten hatte er wahrscheinlich schon. Die Werbung lief bereits, sagte die Kartenabreißerin. Er hat die Tote nach vorne zur zehnten Reihe geschoben, sie auf den Außensitz gehoben, den Rollstuhl zusammengeklappt und an den Eingang der Reihe gestellt. Dort ist er vom Kinopersonal gefunden worden. Dann hat er sich wohl auf der anderen Seite neben sie gesetzt.«
»Hat die Frau am Einlass ihn erkannt, konnte sie ihn beschreiben? Würde sie ihn wiedererkennen?«
»Nein. Er hatte eine Baseball-Kappe in die Stirn gezogen und trug eine getönte Brille. Dazu einen Parka, wie einer vom Zivildienst.«
»Also jung?«
»Sie schätzt so Mitte zwanzig.«
An Chris’ Augen konnte sie sehen, dass ihre Gedanken hin und her liefen. »Wer ist die Tote?«, fragte sie leise.
Paula zuckte die Achseln. »Das wissen wir noch nicht.«
»Ihr habt doch den Wagen.«
»Wir müssen warten, bis jemand in der Zulassungsstelle ist. Vor sieben ist da nichts zu machen.«
Max kam zu ihnen. »Im ADAC-Atlas haben wir eine Reparaturrechnung gefunden. Die Halterin heißt Johanna Frenzi. Sie wohnt in der Wörther Straße am Käthe-Kollwitz-Platz. Und an der Kappe im Auto befinden sich Haare.«
Paula atmete auf. Sie beauftragte Max, die Kappe zu holen. »Besorg die Telefonnummer, und ruf in der Wörther Straße an. Wenn sich keiner meldet, bestell den Schlüsseldienst.« Sie erklärte Chris, dass sie sich um die Zeugen kümmern müsse. Die Freundin hielt sie am Arm fest, sagte dann aber doch nichts. Paula beruhigte sie. »Dieses Mal hat er Fehler gemacht. Er ist gesehen worden, und wir haben Spuren. Vielleicht finden wir auch noch etwas in der Wohnung des Opfers. Und wir werden über die Medien weitere Zeugen finden. Irgendeinem wird etwas aufgefallen sein. Man kann nicht in eine öffentliche Veranstaltung gehen und so davonkommen. Am besten, du fährst jetzt nach Hause und schläfst dich aus.«
»Es geht schon«, sagte Chris. »Ich würde gern mitkommen in die Wohnung.«
»Du kannst da nicht helfen. Es ist besser, wenn du Distanz behältst - und einen kühlen Kopf.«
»Bitte.«
»Okay, Chris, dann komm mit. Mal sehen, was Marius herausgefunden hat.«
Dabei nahm sie sie fest am Arm und schob sie ins Büro. Chris ließ es sich gefallen. Bei Marius hatte sich nichts Neues ergeben. Der Täter hatte das Kino ungesehen verlassen. Paula wollte es nicht glauben. Wie war das möglich? Nahmen sich die Menschen nicht mehr wahr? »Holt mir Frau Grabow noch einmal, die Frau, die die Karten abgerissen hat.«
Max kam mit der schwarzen Kappe in einer Plastiktüte herein und meldete, der Schlüsseldienst sei unterwegs zur Wohnung. Paula hielt die Kappe so ins Licht, dass sie die Haare sehen konnte. Es sah aus, als seien es Männerhaare. Sie witterte die Beute und hatte das Gefühl, auf einer Spur zu sein.
Frau Grabow trat ein. »Sie wollten mich noch einmal sprechen? Mehr weiß ich aber nicht.«
Paula zeigte ihr die Kappe in der Plastiktüte. »Hat der Mann, der den Rollstuhl schob, so eine getragen?«
»Ja, genau so eine. Mit diesen weißen Buchstaben drauf.«
»Danke, Frau Grabow. Sie haben uns sehr geholfen.« Paula gab ihr die Hand. »Dann können Sie jetzt nach Hause
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