Im Herzen Rein
gehen.«
Paula fühlte sich frischer. Jetzt fiel ihr das Silvestre auf, dieses scheußliche Eau de Cologne, das Max immer benutzte. Sie spürte eine Hand auf dem Rücken - Marius stand hinter ihr und sah sie verlegen an.
»Was ist?«, fragte sie gereizt.
»Ich habe dich gefragt, ob du hier fertig bist.«
Sie wollte keine Einladung auf einen Drink, sie wollte keine Nähe, von niemandem und nichts. »Ich fahr noch in die Wohnung. Frau Gregor und Max begleiten mich.«
Max grinste Marius an wegen der Abfuhr und hielt Paula die Tür auf.
Auf der Straße wurden sie von Journalisten und Fotografen umzingelt. Paula erkannte Magnus Meier, den Tommi die Qualle getauft hatte, weil er klein war und einen Kugelbauch hatte, und Tom Haffner von der Sendung taff (»Ich komme von taff und bin taff«) und Gustl Ätsch von Kripo live , den sie wegen seiner bunten Halstücher den Papagei nannten.
Sie lächelte freundlich, weil sie die Journalisten brauchte. »Morgen wird es eine Pressekonferenz geben.« Ein Fragengewitter prasselte auf sie ein. »Das ist ein Versprechen.« Nach diesem Zugeständnis wurde sie durchgelassen.
Hinter sich hörte sie Chris’ Stimme: »Innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden werden wir den Täter fassen.«
Paula konnte es nicht glauben. Wie konnte sie diese Zusage machen?
Schon wurde sie von Chris weitergeschoben. »Komm, wir nehmen deinen Wagen.«
20
Ahmed, der Mann vom Schlüsseldienst, wartete schon. Er hatte irgendwo geklingelt und sich bereits die Haustür öffnen lassen. Sie nahmen den Fahrstuhl, und er drückte auf den Knopf zum vierten Stock. Sie standen eng gedrängt. Als Max Ahmed fragte, ob er aus Berlin sei, musste Paula lachen. Diese Frage war die übliche Anmache an der Hotelbar, wie ihr Chris immer wieder erzählt hatte.
Paula sah Chris an, die blieb aber todernst. Sie schien mit ihren Gedanken woanders zu sein, und die beiden Männer grinsten hilflos. Alle waren froh, als der Fahrstuhl hielt und sie aussteigen konnten.
An der Tür von Johanna Frenzi klingelte Paula noch einmal, und nachdem sich nichts rührte, machte Ahmed sich an die Arbeit. Sie wies ihn an, das Schloss auszuwechseln, damit sie auch für den Spurendienst Schlüssel hatte. Max verteilte frische Schutzanzüge und Latexhandschuhe. Paula und Chris zogen sie gleich über, während Max noch wartete, bis Ahmed fertig war.
Durch einen kleinen Flur traten sie in zwei Zimmer, die durch eine Flügeltür verbunden waren. Im vorderen Raum stand ein großer Esstisch aus Kirsche mit vier Stühlen. Er war vollgepackt mit Papieren, Zeitungen, Büchern, CDs, einem Pullover und gebrauchtem Geschirr. Links an der Wand stand ein Sofa aus blauem Cordsamt mit losen Polstern, daneben ein roter Sessel und eine Mini-Stereoanlage. Über dem Sofa war eine Pinnwand, vollgesteckt mit Schnappschüssen und Zettelchen.
Paula erklärte Chris, dass sie sich gern vorm Eintreffen der Spurensicherung einen ersten Eindruck vom Tatort verschaffen würde. Die Wohnung konnte durchaus der Tatort sein.
Das Bett war nicht gemacht. Paula schaltete das Deckenlicht ein und trat näher. Sie zog die Daunendecke zur Seite, sah aber weder Blutflecken noch andere Spuren auf Laken und Kopfkissen.
»Die Betten gehen in die KT zum Serologen«, rief sie Max zu, der gerade hereinkam.
Auf dem Stuhl beim Kleiderschrank lagen zusammengerollte Nylons, und über der Lehne hing ein rotes Seidenkleid mit dünnen Trägern. Vielleicht hatte Johanna Frenzi das angehabt und hatte es ausziehen müssen, bevor der Täter sie für Stunden fesselte.
Paula ging zurück ins Wohnzimmer. Zwischen den Dessous auf einem Sessel lag ein alter Steiff-Teddy aus Kindertagen.
Chris war ihr gefolgt. »Es sieht aus, als ob sie gerade nur hinaus ist und gleich zurückkommen würde. Unheimlicher Gedanke, dass sie weggegangen ist und nie mehr zurückkehrt, findest du nicht?«
Paula rief Justus von ihrem Handy aus an. Sie berichtete ihm von dem ersten Eindruck in der Wohnung. Im Kino nahmen sie noch den Tatort auf, was Stunden dauern würde.
Sie bat Max, die Spurensicherung kommen zu lassen, und setzte sich mit Chris in die kleine Küche. Auf dem Tisch stand eine Tüte mit Rooibos-Tee, und sie konnte nur schwer der Versuchung widerstehen, Wasser aufzusetzen.
»Wir wissen jetzt, dass Bach recht hatte und das Kleid zur Inszenierung gehört«, sagte Chris. »Es ist ziemlich ausgeschlossen, dass beide Frauen zufällig das gleiche Kleid besitzen und es beide auch zufällig an ihrem
Weitere Kostenlose Bücher