Im Herzen Rein
keiner auf den anderen.«
»Hast du jemanden gesehen, der dir gefolgt ist oder dich beobachtet hat oder sonstwie auffällig war?«
»Nein. Nichts.«
Max schaute zur Küche herein. »Ich habe ein Tagebuch gefunden.«
»Gut«, sagte Paula. »Sieh dir bitte auch die Zettelwirtschaft auf dem Tisch an. Wir müssen herausfinden, wo sie gearbeitet hat.«
Max nickte und verschwand.
Sie wandte sich wieder Chris zu.
»Wenn dir der Täter persönlich nahe ist, haben wir jetzt eine Chance, ihn dingfest zu machen.«
»Und die wäre?«
»Über die DNA von den Haaren an der Baseball-Kappe. Wir können von jedem, der sich dir nähert, eine DNA-Probe nehmen und sie vergleichen. Stimmt sie überein, wissen wir, dass er die Ermordete kannte.«
»Und wie nah muss er mir kommen, bis ihr eine DNA-Analyse von ihm macht?«
»Wenn der Täter dich imitiert, muss er dich kennen. Er wird die Wirkung seines Tuns genießen wollen. Deine Angst. Der Mord macht dir Angst, und die will er unbedingt sehen, wenn er dich meint. Also wird er kommen.«
Chris überlegte einen Moment. »Josef Heiliger«, sagte sie, »er ist der Einzige, der mir ins Kino gefolgt sein könnte. Niemand wusste, dass ich ins Kino gehen wollte, ich wusste es ja selbst nicht.«
»Wir können sein Alibi überprüfen. Aber ich kriege keinen Gerichtsbeschluss, um ihm Blut abzunehmen. Dazu reicht die Auffälligkeit mit der Visitenkarte nicht. Im Gegenteil, jeder Richter würde das als entlastend werten. Belastendes haben wir nicht. Oder?«
»Nein.«
»Raucht er?«
Chris schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn nicht rauchen sehen.«
»Vielleicht kannst du ihm ein paar Haare auszupfen oder seinen Rasierapparat entwenden.« Das war kein wirklich ernst gemeinter Vorschlag. Doch wenn Chris von dem Verdacht, Heiliger könnte der Mörder sein, nicht loskam, wäre es in diesem Fall eine Möglichkeit, ihn durch einen heimlichen DNA-Vergleich zu überprüfen. Wenn es Heiligers Unschuld beweisen würde, hätte ihre Freundin immerhin ein Problem weniger. Und wenn sich ihr Verdacht bestätigen sollte, dann könnten sie gegen ihn vorgehen.
Chris schüttelte wieder den Kopf. »In seine Wohnung gehe ich nicht. Und wie soll ich ihm Haare ausrupfen?«
»Wir können natürlich sein Alibi überprüfen, aber was bringt das? Wenn er sagt, er war zu all den fraglichen Zeiten alleine im Atelier und kann das nicht beweisen - was hätten wir davon? Gar nichts. Außer dem Sprung über die Absperrung gibt es kein Indiz, oder?«
Chris schüttelte wieder den Kopf. »Und die DNA-Probe müsstet ihr auch erst noch im Labor analysieren lassen.«
Paula wurde klar, wie tief die Angst in Chris steckte. Dieser zweite Mord hatte sie in Horror versetzt. Sie schien sich bereits als nächstes Opfer zu sehen. »Wenn du sicher sein willst, musst du dich in polizeilichen Gewahrsam begeben.«
Chris hob abwehrend die Hände. »Ich werde etwas für die DNA-Analyse besorgen.«
»Gibt es jemanden, der dir übel mitspielen will? Vielleicht jemand, der sich rächen will?«
»Es gab mal einen Angeklagten, der nach dem Urteil eine Drohung gegen mich ausgestoßen hat. Er ist wieder frei. Ich habe das schon recherchiert. Der, von dem ich dir beim Chinesen erzählt habe.«
»Ich lasse ihn überprüfen.« Paula machte sich eine Notiz. »Gibt es ein auffälliges Verhalten bei einem deiner Ex-Liebhaber?«
»Nein. Da ist alles ruhig.« Jetzt huschte sogar ein Lächeln über Chris’ Gesicht. »Ich habe mich immer geschickt aus der Affäre gezogen und keine Eitelkeiten verletzt.«
Paula lächelte auch - über ihre kluge Freundin, die oberkluge Staatsanwältin.
»Du bist eine gute Polizistin, Paula, du wirst den Kerl erwischen. Du hast gehört, dass ich dir vertraue - in achtundvierzig Stunden hast du ihn.«
Es klang nicht, als habe sie einen Witz gemacht. Sie meinte es ernst.
Nachdem sich Paula ins Bett geschlichen hatte, um Ralf nicht zu wecken, lag sie wach und starrte ins Dunkel.
Chris’ Angst, von dem Täter gemeint zu sein, brachte sie aus dem Gleichgewicht, und damit gefährdete sie auch ihre Karriere. Wie lange würde Chris ihre Angst vor den Kollegen und ihrem Vorgesetzten verheimlichen können? Paula überlegte, wie sich diese Angst auf ihre Ermittlungen auswirken könnte. Chris’ Ehrgeiz würde sich vielleicht noch verstärken. In diese Richtung ging wahrscheinlich auch ihre Absicht, von Heiliger eine DNA-Probe holen zu wollen. Paula hatte kein gutes Gefühl bei dieser Aktion gegen Heiliger.
Sie ging
Weitere Kostenlose Bücher