Im Heu oder im Bett
sich von diesem Mann zwei Mal an einem einzigen Tag helfen lassen.
Draußen nahm Cole Jem sanft hoch und setzte ihn auf seine Schultern. „Weißt du nicht, dass die Helden immer vom Kampfplatz getragen werden?”
„Bin ich der Held?” fragte Jem atemlos.
„Na, was denkst du?”
Lauren folgte den beiden zum Auto und lächelte über Coles Versuch, Jem aufzumuntern.
Als sie bei Dr. Linblade angekommen waren, war ihr Sohn davon überzeugt, heute wirklich außerordentlich mutig gewesen zu sein.
Zu ihrer großen Erleichterung bekam Lauren nach der Untersuchung bestätigt, dass ihr Sohn wohlauf war. Trotzdem benötigte die Wunde am Kinn noch drei Stiche, was Jem mit lokaler Betäubung ganz ruhig über sich ergehen ließ, während sie und Cole bei dem Anblick dafür doppelt zu leiden schienen.
Zu Hause gab es zur Belohnung für Jems Tapferkeit zum Abendessen Eiskrem. Und dann durfte er am Telefon seiner Grandma Sherry die ganze grausige Geschichte erzählen.
Anschließend sprach Lauren noch einige Minuten mit Sherry und brachte ihren erschöpften Sohn dann früh ins Bett. Sie blieb bei Jem, bis er eingeschlafen war, und betrachtete ihn liebevoll.
Als sie sich als junges Mädchen selbst das Versprechen abgenommen hatte, später für ein Pflegekind zu sorgen, hatte sie das aus rein egoistischen Motiven getan. Nun, da sie diesen Traum lebte, hatte sich so viel mehr daraus entwickelt. Sie wollte ein Kind davor bewahren, in unbeständigen Verhältnissen eine Kindheit voller Einsamkeit und Angst zu erleben. Sie wollte dafür sorgen, dass niemand - insbesondere kein anderes Kind - sich über ein Pflegekind lustig machen konnte, und sie wollte, dass die ganze Welt wissen würde, wie sehr dieses Kind geliebt und umsorgt wurde.
Lauren erinnerte sich an Coles mitfühlenden Gesichtsausdruck, als Jems Wunde genäht worden war, und wie er dabei jeden Handgriff des Arztes genau beobachtet hatte. Eines Tages wird er ein toller Vater sein, überlegte sie. Der Gedanke erstaunte sie so sehr, dass ihr der Atem stockte. Ein toller Vater, wiederholte sie. Sie erinnerte sich an Lisas Worte heute Morgen: „Zu dumm, dass du keinen Ehemann hast. Wenn du verheiratet wärst, wäre es viel schwieriger, dir Jem wegzunehmen.”
Nein, daran kann und sollte ich nicht einmal im Traum denken, ermahnte Lauren sich. Zum einen würde das emotional viel zu gefährlich für sie werden. Und zum anderen konnte sie Cole unmöglich darum bitten. Sie fuhr sich nervös durch die Haare. Aber wenn sie Cole davon überzeugen könnte, sie zu heiraten? Nur so lange, wie der Kampf um Jem dauern würde? Dann könnte sie eine intakte Familie vorweisen. Ob der bislang abwesende Vater da mithalten konnte, war noch die Frage. Aber könnten sie es so aussehen lassen, als ob sie sich liebten?
Und wie sollte sie es schaffen, sich gegen Coles Anziehungskraft zur Wehr zu setzen? Sie würden im selben Haus leben, sich möglicherweise das Schlafzimmer teilen müssen. Sie schüttelte den Kopf, um das Bild zu vertreiben. Wenn sie eine Scheinehe eingehen würde, um ihren Sohn zu behalten, musste sie in der Lage sein, ihn ohne Bedauern gehen zu lassen, wenn alles vorbei wäre. Und bei dem, was sie für Cole empfand, schien das unmöglich zu sein.
Schon jetzt beschlich sie ein Gefühl des Bedauerns, wenn sie an sein Fortgehen dachte.
Sie sah wieder den sanft schlummernden Jem an, der im Schlaf lächelte, und dachte daran, wie großartig Cole mit Jem umging. Und wie sehr Jem Cole mochte. Sorgsam zog sie Jem die Decke über die Schultern und versuchte, das Durcheinander in ihrem Kopf zu ordnen. Sie schloss leise die Tür hinter sich und ging nach unten.
Cole saß im Wohnzimmer und blätterte in einem Katalog mit Ladeneinrichtungen. Er sah hoch und lächelte sie so umwerfend an, dass ihre Entschlossenheit fast wieder ins Wanken geriet.
„Cole”, sagte sie mit trügerischer Ruhe und nahm ihm den Katalog aus der Hand. Sie setzte sich ihm direkt gegenüber, und ihre nackten Knie berührten kurz seine. Sie beugte sich vor.
„Erinnerst du dich, dass du heute
gesagt hast, du wünschtest, du könntest etwas tun, um mir helfen?”
Er lächelte immer noch, wurde aber etwas nachdenklicher. „Ja, natürlich.”
„Nun, ich habe eine Möglichkeit gefunden, wie du das tun könntest.” Sie war gleichermaßen von Hoffnung und Furcht erfüllt, aber sie musste es tun. „Cole”, sagte sie.
„Würdest du mich heiraten?”
7. KAPITEL
Einen Moment lang starrte Cole Lauren einfach
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