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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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war.
    »Wer ist das?« fragte der Personalchef.
    »Ach ja«, antwortete Gänger, wobei er versuchte, auf seine Stimme eine dünne Schicht Selbstvertrauen aufzutragen. »Das ist ein Freund von mir, den ich Ihnen beiden gerne vorstellen möchte.«
    Einen Augenblick lang dachte der Personalchef darüber nach. »Wenn das ein Freund von Ihnen ist, warum hält er Sie dann am Kragen sechzig Zentimeter hoch in die Luft?« erkundigte er sich. »Soll das heißen, daß er sich aufrichtig freut, Sie wiederzusehen, oder was?«
    »Du Scheißkerl!« fauchte Björn. »Du schleimiger, aufgeblasener Vollidiot! Du bist einfach abgehauen und hast mich in diesem« – Björn hielt inne und durchsuchte seinen Wortschatz gründlich nach dem passenden Ausdruck; angesichts des Umfangs von Björns Vokabular hatte das ein wenig Ähnlichkeit mit der Suche nach einem Mähdrescher in einem Heuhaufen – »Dreckloch sitzen lassen«, vollendete er den Satz entschlossen. Was wieder einmal zeigt, daß man zwischen den Ohren kein Wörterbuch mit sich herumschleppen muß, um mit dem treffenden Ausdruck aufwarten zu können.
    »Ach, komm, so schlimm war das doch bestimmt nicht«, redete Gänger besänftigend auf ihn ein.
    Das zu sagen war falsch. Plötzlich sah sich Gänger nur noch drei Zentimeter von dem wütendsten Augenpaar entfernt, dem er jemals begegnet war.
    »Na schön, mein Lieber. Du kannst doch Gedanken lesen, stimmt’s?« fragte Björn mit ruhiger Stimme.
    »Ja, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls.«
    »Vielleicht hast du ja Lust, mal einen kurzen Blick darauf zu werfen, was mir zu dir gerade so alles durch den Kopf geht.«
    Gänger mußte schwer schlucken. »Lieber nicht«, wehrte er ab. »Dir ist doch hoffentlich klar, daß körperliche Mißhandlungen bei mir überhaupt nichts bewirken, oder?«
    »Bestimmt nicht?«
    Jane gab einen mißbilligenden Laut von sich. »Stellen Sie ihn wieder auf den Boden«, befahl sie Björn energisch. »Wenn Sie ihn verängstigen, versteckt er sich wahrscheinlich in meinem Unterbewußtsein, und mit dem habe ich im Laufe der letzten Jahre sowieso schon genug Probleme gehabt. Wer sind Sie überhaupt?«
    Björn warf den Kopf herum und errötete. »Ähm, ich …«, stammelte er. »Na ja, also, ich heiße so ähnlich wie Björn. Das ist …«
    »Schön, Björn also. Haben Sie übrigens nichts vergessen?«
    In Björns Augen trat panisches Entsetzen, während er verzweifelt überlegte, was es an seinen Umgangsformen auszusetzen gab und welcher Fehler ihm gerade unterlaufen sein mochte. Hätte er ihr die Hand schütteln, ihr seinen Platz anbieten oder sie bitten sollen, für sie die Handtasche tragen zu dürfen? Wurde es wirklich von einem erwartet, gleich beim ersten Rendezvous den Namen zu nennen? Aufgeregt suchte er nach einem Ausweg aus dieser mißlichen Situation.
    »Ich glaube, sie meint damit, Sie haben vergessen, mich wieder auf den Boden zu setzen«, flüsterte Gänger.
    Ohne den Kopf zu bewegen, lockerte Björn den Griff ein wenig. Daraufhin war ein Plumpsen zu hören, und zu seinen Füßen sagte jemand: »Recht vielen Dank auch.«
    »Wie sind Sie eigentlich in diese ganze Sache hineingeraten, Björn?« erkundigte sich Jane. »Sie sehen nicht gerade wie ein Engel …«
    »Ist er auch nicht«, fiel ihr Gänger ins Wort. »Vielmehr ist er früher mal einer gewesen. Aber jetzt nicht mehr. Heute ist er ein Topinformant.«
    Gerade schickte sich Jane an zu fragen »Ein was?«, der Personalchef wollte sich schon erkundigen: »Hören Sie mal, was geht hier eigentlich vor?«, und Björn war drauf und dran, jemanden zu verprügeln, als der Haufen am Boden aufstöhnte und sich schwach bewegte.
    Und nach oben sah. Und Björn erblickte. Und losschrie.
     
    Zumindest schrie einer von ihm.
    Eine der Gefahren, die hohen Verwaltungsämtern mit dem ganzen damit verbundenen Streß und der Nervenanspannung durch die Behördenpolitik anhaftet, besteht darin, eine gespaltene Persönlichkeit zu entwickeln. Normalerweise wird das als etwas angesehen, das unbedingt vermieden werden sollte, aber eine gespaltene Persönlichkeit kann auch ihre Vorzüge haben.
    Um ein gutes Beispiel zu nehmen: Der Vorteil bestand darin, daß die eine Hälfte der Persönlichkeit des Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzen und Allgemeines leise Quieklaute ausstieß und sich im Flor des Teppichs zu verstecken versuchte, während die andere Hälfte gleichzeitig wütend die Gänge der Kaserne der Sicherheitsabteilung entlangschritt, wobei sie wie wild

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