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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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brüllte und mit einer Reitpeitsche gegen die Türen schlug. Der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Allgemeines hatte gegenüber dem durchschnittlichen Psychotiker insofern einen Vorteil, als er in der Lage war, jeder seiner einzelnen Persönlichkeiten eine eigene stoffliche Verkörperung zu ermöglichen; oder, mit anderen Worten, in zwei verschiedene Körper schlüpfen konnte, auf denen jeweils sein Gesicht saß.
    Der Körper, der mit der halb wahnsinnigen Diktatorenmiene herumlief, war sehr groß, hatte einen schwarzen Ledermantel an, wie er von der SS getragen worden wäre, hätte sie Zugang zu Drachenhaut allererster Qualität gehabt, und war reichlich mit interessant aussehenden Waffen behangen. Zwar hätte man eine lebhafte, wenn nicht gar verschrobene Phantasie haben müssen, um herauszufinden, was sie mit dem Gegner anstellen sollten, aber jeder Narr konnte sehen, daß es sich um Waffen handelte – wahrscheinlich sogar um teuflische Waffen.
    »Kommt schon, ihr gottverdammten Arschlöcher!« brüllte er gerade. »Marsch!«
    Zwischen den Zähnen bewegte er beim Schreien einen Zigarrenstummel hin und her. Irgendwo direkt nördlich von seiner Gesäßtasche zuckte eine ganz besonders abstruse Waffe mit den Schultern und verwandelte sich übergangslos in einen Revolver mit Perlmuttgriff.
    Während seine Fußtritte den Gang entlanghallten, öffneten zwei Geisterkrieger mit verquollenen Augen ihre Stubentüren und blickten sich an.
    »Was ist eigentlich los?« fragte der eine von ihnen gähnend.
    »Weißt du was?« meinte der andere. »Ich habe so ein Gefühl, daß uns das überhaupt keinen Spaß machen wird.«
    Plötzlich wurde seinem Waffengefährten bewußt, daß er noch das Snoopy-T-Shirt anhatte. Schleunigst wandte er sich ab und griff sich die vorgeschriebene formlose schwarze Dienstkutte, wodurch ihm entging, daß sein Kamerad mit einem Exemplar des Großen Ballettführers in den Händen an die Tür gekommen war, in dem er unter der Decke mit einer Taschenlampe gelesen hatte.
    »Wir sollten uns besser fertigmachen«, schlug der heimliche Ballettliebhaber vor. Beide zogen sich in ihre kleine Stube zurück.
    Ein paar Minuten später traten sie zum Appell an. Als ihr Anführer die Reihe auf- und abschritt, um seine Krieger zu inspizieren, lag in seinem Verhalten nichts sonderlich Aufmunterndes. Teils war diese Persönlichkeit des Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzen und Allgemeines als ›der große alte Mann‹, teils als ›der alte Haudegen‹ oder einfach nur als ›der General‹ bekannt, aber auch unter vielen anderen Namen.
    Er blieb stehen und deutete mit der Reitpeitsche auf einen Geisterkrieger; seine Hand zitterte vor Wut.
    »Au Scheiße!« flüsterte der Snoopyfan seinem Nachbarn zu. Verstohlen drehten sie die Augen nach rechts, sahen, was los war, und dankten still und aufrichtig der Vorsehung, daß es nicht sie getroffen hatte.
    8765B hatte vergessen, die Gesichtsmaske abzunehmen.
    Folglich bestand die Reihe aus neunundvierzig schwarzen Kutten, die sich zwar bauschten, aber bis auf je ein Paar unbeschreiblich grauenvoller roter Lichtpunkte vollkommen leer waren, sowie einem blaßrosafarbenen Gesicht mit Brille und einem Ausschlag vom Rasieren. Neunundvierzig Paare unbeschreiblich grauenvoller roter Lichtpunkte schlossen sich, und die Kutten rings um sie herum zuckten zusammen. Ein Geisterkrieger, der sich beim Appell als unkorrekt gekleidet entpuppt, kommt nicht einfach damit davon, Steine weiß zu tünchen oder den Rasen mit einer Nagelschere zu mähen.
    »Du!« zischte der General. »Wegtreten!«
    Das rosafarbene Gesicht verfiel wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht, und rutschte in die Kutte hinunter. »Aber ich …«, wandte eine Stimme von weit unten her ein.
    »Ich habe gesagt, wegtreten, Soldat! Bist du taub?!«
    »Herr General!« Als zuerst die Kutte und dann der Rest der Dienstkleidung langsam zu Boden sackte und dort wie eine betrunkene Hose als Häufchen liegenblieb, war ein Seufzer des Bedauerns und tödlichen Schreckens zu hören. Für Geisterkrieger bedeuten Befehle gewöhnlich genau das, was sie besagen.
    Der General sah sich um und biß in den Zigarrenstummel.
    »Was ist los?« bellte er. »Habt ihr noch nie eine unsterbliche Seele wegtreten sehen?«
    Totenstille. Als zuletzt das verspätete Kragenabzeichen von 8765B auf dem Boden landete, klang das wie eine kleine Explosion.
    »In Ordnung«, knurrte der General. »Achtung!«
    Auf dem Asphalt ertönte das

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