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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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oder fünf kleine Klumpen, die wie Glas aussahen.
    »Diamanten«, merkte der Fremde beiläufig an. »Durch Elektrolyse erzeugt. Beständig sind sie allerdings nicht«, fügte er hinzu, als Jane wie wild nach ihnen im Abfluß herumkratzte. »Gleich verwandeln sie sich in schnellöslichen Zucker zurück, Sie werden sehen.«
    So geschah es.
    Jane schnaufte verächtlich und zischte: »Sie haben noch immer nicht meine Frage von vorhin beantwortet.«
    »Nein, habe ich nicht«, entgegnete der Fremde. Er setzte sich auf den Küchenstuhl, nahm sich ein Stück abgepackten Sandkuchen, das sich Jane für einen regnerischen Tag aufgehoben hatte, und biß hinein. Trotz der Kaugeräusche des Fremden blieb die Oberfläche des Kuchenstücks unversehrt. »Sehen Sie? Hier geht nichts zum Teufel, also muß schon wieder ein Sprichwort dran glauben«, stellte er mit vollem Mund fest. »Sie wollen wissen, warum ich Sie wie eine Spukgestalt verfolge, nicht wahr?«
    »Ich dachte, Sie hätten selbst gesagt, daß Sie kein Gespenst sind.«
    »Bin ich auch nicht. Ich bin ein …« Er zögerte.
    »Sie sind ein Teufel«, half ihm Jane mit ruhiger Stimme auf die Sprünge. »So was habe ich mir längst gedacht.«
    Doch der Fremde runzelte mißbilligend die Stirn. »Kein Teufel«, widersprach er entschieden. »Das Wort gebrauchen wir nicht, es hat einen unangenehmen Beigeschmack. Wir halten diese Bezeichnung für abwertend und erniedrigend. Wir sind eine buntgemischte metaphysische Gruppe mit einer eigenen, einzigartigen kulturellen und spirituellen Identität, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das respektieren würden.«
    Jane nickte. »In Ordnung, das kann ich einigermaßen verstehen. Aber was sind Sie dann?«
    Die Furchen auf der Stirn des Fremden vertieften sich ein wenig, und er legte das offenbar unbeschädigte Stück Kuchen auf den Teller zurück, von dem er es genommen hatte. »Verallgemeinernde Bezeichnungen mögen wir generell nicht«, erläuterte er. »Wir sind der festen Überzeugung, daß jedes einzelne Lebewesen im Universum ein Individuum darstellt, und …«
    »Ja, das ist alles gut und schön«, fiel ihm Jane ins Wort und verschränkte die Arme. »Sie sind also ein Individuum. Aber was für ein Individuum?«
    »Wir sprechen nicht gerne davon …«
    »Ach, nun machen Sie schon.«
    »Na gut.« Der Fremde schien jetzt ausgesprochen verlegen zu sein. Er nahm den Salzstreuer, schüttete sich einige Körner auf die Handfläche und warf sie über die rechte Schulter nach hinten. »Wenn wir dazu gezwungen sind, bezeichnen wir uns lieber als Daimonen.«
    »Dämonen.«
    »Nein, Daimonen«, berichtigte sie der Fremde, wobei er den Diphthong übertrieben betonte. »Vom griechischen ›daimon‹, was einen Geist, eine überzählige Gottheit oder ein übernatürliches Wesen bezeichnet. Wir fühlen uns …«
    »Aber Ihr Anführer ist Satan, richtig?«
    Jetzt wirkte der Fremde furchtbar beleidigt. »Falsch«, widersprach er. »Sehen Sie, wenn Sie losgehen und sich ein Hähnchen zum Mitnehmen kaufen, werden Sie doch nicht ernsthaft glauben, daß das Unternehmen immer noch von einem siebzigjährigen texanischen Colonel mit einem kleinen weißen Bart geführt wird, oder? Mit uns ist es dasselbe. Wir haben vermutlich den Namen beibehalten oder zumindest Teile der Firmenidentität, aber seit damals haben wir einen weiten Weg zurückgelegt, das kann ich Ihnen versichern. Unsere Interessen erstrecken sich mittlerweile auf vollkommen neue Gebiete.«
    »Wie bei der Mafia.«
    »Nicht wie bei der Mafia«, wehrte sich der Dämon. »Eher wie bei Rupert Murdoch oder Howard Hughes. In Wirklichkeit haben wir mit der Branche kaum noch etwas zu tun, in der wir früher, sagen wir mal bis vor ungefähr zweihundert Jahren, tätig waren.«
    »Sie brauchen mir gar nichts zu sagen. Seither haben Sie sich bestimmt mehr auf den Bereich der Kommunikations- und Nachrichtentechnik konzentriert oder vielleicht sogar auf Geldinstitute. Zumindest könnte ich mir das durchaus vorstellen«, fügte sie nachdenklich hinzu.
    »Ich koche Ihnen eine Tasse Tee.«
    Unwillkürlich erschauderte Jane. »Nein danke«, wehrte sie sich. »Meinen Tee mag ich lieber, wenn er mit nassem Wasser und organischen Teeblättern zubereitet wird. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer von Ihnen gekochten Tasse Tee viel von beidem drinsteckt.«
    »Sie sind mir gegenüber sehr feindselig eingestellt«, warf ihr der Fremde vor.
    »Und Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet«, säuselte

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