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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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an. »Und sag der dußligen Kuh, daß ich Waffeln nicht ausstehen kann, klar? Von Waffeln bekomme ich Blähungen.«
    Das Mädchen nickte gehorsam. »Onkel Björn, ich bin gerade eben fröhlich durch den Wald gelaufen und habe eine wunderschöne Blume gesehen, so blau wie der Himmel selbst. Sieh mal, ich habe sie gepflückt, um sie dir zu zeigen. Das ist so eine herrliche Blume, und ich bin mir sicher, daß es eine wunderbare Geschichte über sie geben muß und auch darüber, wie sie ihren Namen bekommen hat.«
    »Sie heißt Mistkraut«, antwortete Björn. »Benutz doch mal deine Phantasie.«
    »Oh.« Das Mädchen machte einen artigen Knicks. »Na ja, ich kehre jetzt lieber wieder zum Haus zurück, bevor sich Mutter fragt, wo ich geblieben bin. Sei vorsichtig mit der großen scharfen Axt.«
    »Hau ab!«
    Das Mädchen machte erneut einen Knicks, tanzte den Hügel hinab und ließ Björn endlich allein mit den Bäumen, den Vögeln, den Eichhörnchen und seinem eingewachsenen Zehennagel zurück. Eine Zeitlang stand er da und sah sich ziellos nach allen Seiten um, bis sein Blick auf einen Baum fiel, den er wiedererkannte. Es handelte sich um eine riesige alte Eiche, und er erinnerte sich gut an sie; als Junge war er auf sie hinaufgeklettert, und sein Großvater hatte ihn oft in die Äste gehoben und ihm alle die erstaunlichen Dinge gezeigt, die es zu entdecken gab. Wie wundervoll es sei, hatte sein Großvater immer gesagt, in einem hohen Baum zu sitzen und über sämtliche Königreiche der Erde zu blicken, als sähe man mit Gottes eigenen Augen!
    Björn setzte die Füße fest auf den Boden, grinste und machte sich daran, die Eiche zu fällen.

 
     
    Zu wissen, daß sich ein Fremder bei einem im Kopf aufgehalten hat, ist ein merkwürdiges Gefühl; es liegt genau in der Mitte zwischen der Empfindung, die ein am Nacken hinunterkrabbelnder Käfer verursacht, und der Erfahrung, Opfer eines Einbruchs zu werden.
    Als Jane nach einem Nachmittag auf der Arbeit, an dem sie rein gar nichts getan hatte, nach Hause gekommen war, verspürte sie als erstes den Drang, sich die Haare zu waschen; doch irgendwie nützte das überhaupt nichts. Sie hatte noch immer diese – vor allen Dingen lästige – Empfindung, eine von irgendeiner fremden Substanz verstopfte Nase zu haben, ähnlich dem Gefühl, das man nach dem Tauchen hat, wenn man das Wasser einfach nicht wieder aus den Ohren hinausbekommt. Selbst etliche Versuche, sich die Nase zuzuhalten und hindurchzublasen, brachten Jane kein Stück weiter.
    Die Ruhe machte alles noch schlimmer, und deshalb schaltete sie den Fernseher an. Zunächst wurde sie durch die Mischung aus Verärgerung und Faszination zerstreut, die die Entdeckung einer brandneuen australischen Seifenoper bei ihr auslöste, und sie verbrachte wenigstens zehn Minuten damit, vor dem Bildschirm zu sitzen und zu versuchen herauszufinden, ob Terry Glorias Schwester war oder der Sohn von Tracys Freund. Danach gewann sie allmählich den unangenehmen Eindruck, daß sich alle die Stimmen in ihrem Kopf befanden und mehrere Generationen braungebrannter Australier mit strahlenden Augen ihre verworrenen persönlichen Beziehungen direkt unter ihrer Schädeldecke austrugen. Hastig wechselte sie die Kanäle und sah sich drei Minuten lang eine Sendung übers Kochen an, bevor sie den Fernseher ausschaltete und es statt dessen mit der Stereoanlage probierte.
    Das schien zu funktionieren. Wie sie sich erinnerte, hatte sie trotz des prahlerischen Gehabes der Stimme den deutlichen Eindruck gewonnen, daß diese besorgt geklungen hatte, als ihr Jane gedroht hatte, sie mit Musik aus dem Kopf herauszuspülen. Sie wählte Fünfzig beliebte Märsche, dargeboten vom Musikkorps der Coldstream Guards, das Geschenk eines älteren Onkels väterlicherseits, der eine äußerst merkwürdige Vorstellung von Großzügigkeit hatte, setzte den Kopfhörer auf und hockte sich aufs Sofa. Nach zehn Minuten (›Lilliburlero‹, ›Colonel Bogey‹, ›The Girl I Left Behind Me‹ und – geradezu unglaublich – ›When I’m Sixty-Four‹) gelangte sie zu der Überzeugung, daß es immer noch sehr viel besser war, vom Teufel besessen zu sein, als frühzeitig zu ertauben, und stellte die Stereoanlage ab.
    Dann machte sie sich eine Tasse Tee.
    »Also gut«, seufzte sie. »Ich weiß, daß Sie da drinnen sind. Kommen Sie raus.«
    Sowohl innen als auch außen herrschte Totenstille. Vielleicht werde ich ja langsam verrückt, sagte sie sich.
    Daran hatte sie vorher noch

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