Im Hyperraum
Platz, um Zeit, um eine
Dienstleistung. Hier drängten sich Skipper, Ordner, Crewmen, Piloten
für den Normalraum, Rigger.
Gellende Rufe ertönten,
wenn die Ordner Rigger für einen potenziellen Job aufriefen. Die
Stimmen hallten über den Teil der Lounge, in dem sich die Rigger
versammelten â Rigger, die man chartern konnte, viel zu viele, um alle
beschäftigen zu können; ein jeder hoffte, die Ordner würden sich an ihn
wenden, ihm das Angebot eines Schiffsführers unterbreiten, ihn
auffordern, durch das Weltall zu fliegen.
Jael holte
tief Luft; um ein Haar wäre sie umgekehrt und wieder gegangen, doch sie
zwang sich zum Bleiben. Sie war bereit â mehr als bereit â für eine
Stelle. Sie hatte die entsprechende Ausbildung, den Nachweis über die
Trainingsflüge, und dabei sah sie noch recht attraktiv aus: eine
schlanke, dunkelhaarige junge Frau, vielleicht nicht schön im
herkömmlichen Sinn, aber eine gepflegte Erscheinung in einem schicken,
grauen, mit scharlachroten Paspeln versehenen Tunika-Anzug. Würde sie
die Enttäuschung verkraften, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf sie
zukam?
Nachdenklich lieà sie den Blick über die Lobby
schweifen. Ihre Augen weiteten sich, als sie einen jungen weiblichen
Rigger entdeckte, den sie kannte, Toni Gilen; gerade schlängelte sie
sich durch die voll besetzte Lobby und steuerte auf einen der Ordner
zu. Jael schüttelte den Kopf. Toni war einer der schüchternsten Rigger
aus ihrem Bekanntenkreis; wenn Toni sich zu behaupten wusste, dann
konnte sie sich auch dazu durchringen.
Besonders
hoffnungsvoll fühlte sie sich jedoch nicht; sie spürte lediglich den
Drang, der sie überhaupt hierher getrieben hatte. Es war derselbe
Hunger, der alle Rigger motivierte â das nahezu unwiderstehliche
Bedürfnis zu gestalten, zu erforschen, die phantastischen Realitäten
eines Territoriums zu erleben, die ein Nichtrigger niemals erfahren
oder gar meistern, sondern von denen er nur träumen konnte. Die
allgegenwärtigen, zwiespältigen Emotionen, die jeder Rigger
kultivierte, hingen beinahe greifbar in der Luft. Zum einen war es
Angst â die Angst zu versagen, die Angst vor dem Skipper, dem sich der
Rigger verpflichtete.
Sie spürte, wie diese Mischung
aus Gier und Furcht sich in ihrem Körper einnistete, sich als ein
seltsames Prickeln in ihren Lenden und längs des Rückens bemerkbar
machte. Doch irgendwo verborgen in diesem Gemisch aus Gefühlen lauerte
die Hoffnung, dass heute ihr Glückstag sein könnte, und sie einen Flug
bekäme.
Die Wartezone lieà sie links liegen und begab
sich schnurstracks zum Registrierungsschalter; schnellen Schrittes
überquerte sie den gefliesten Boden.
»He, Jaelie!«,
hörte sie jemanden rufen, und unwillkürlich drehte sie sich um. Hinter
dem Geländer, das die Rigger-Lounge abtrennte, stand ein hakennasiger
junger Mann und lachte ihr zu. »Willst du uns heute zeigen, wie man das
Unmögliche möglich macht?« Jael öffnete den Mund zu einer frechen
Replik, doch der Bursche stakste bereits grinsend davon.
Vor
Wut kochend, stapfte Jael weiter. Rigger, dachte sie erbittert. Die
meisten von ihnen waren gesellschaftliche AuÃenseiter. Egozentrisch,
unsicher, ohne Umgangsformen. Als wandelnde Nervenbündel bewegten sie
sich in einer Welt, in die sie nicht hineinpassten. War sie genauso?
Hoffentlich nicht. Und dennoch â das waren die Leute, die Raumschiffe
durch die tückischen Nebel des Flux navigierten; ihre einzigartige
visionäre Gabe ermöglichte das Reisen zwischen den Sternen. Jael war
stolz darauf, ein Rigger zu sein. Aber das Milieu, in dem sie
notgedrungen verkehrte, sagte ihr nicht unbedingt zu.
Nervös
trat sie an den Registrierungsschalter. Sie war sich dessen bewusst,
wie jung und relativ unerfahren sie war, doch inmitten der
Raumhafen-Funktionäre und Schiffseigner fühlte sie sich noch kleiner
und verletzlicher, als sie in Wirklichkeit war. Ein verwahrlost
aussehender, bärtiger, nicht-klassifizierter Crewman strich dicht an
ihr vorbei, zwinkerte ihr zu und taxierte sie mit einem lüsternen
Grinsen. Sie ignorierte ihn, versuchte es jedenfalls. Sie hasste diesen
Ort und alle, die hier arbeiteten; man lauerte nur darauf, sich auf die
Schwachen und Unsicheren zu stürzen. Aber wenn sie wieder in den
Weltraum wollte, war dies die einzige Stelle, um ihren Wunsch zu
realisieren. Und sie wollte
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