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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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passiert …? Sie vermochte den Satz nicht zu beenden. Sie schloss die Augen und
versuchte, das verwirrende Gefühl eines Déjà-vu auszublenden.
    Wir sind hier, weil wir etwas suchen, murmelte Highwing. Was wir finden werden, weiß ich nicht.
    Auch
mit geschlossenen Augen spürte sie den bedächtigen Schwingenschlag des
Drachen, bekam jede Wende mit, die er flog und fühlte, wie sie sich
höher und tiefer in das Labyrinth hineinschraubten. Sie war sich
bewusst, dass über ihnen Sterne funkelten und auf sie herabsahen,
stellte sich vor, wie sie die glatt geschliffenen Felswände passierten
– einige mit einer glitzernden Eisschicht überzogen, andere stumpf und
düster. Wenn sie dann die Augen öffnete, erkannte sie, dass alles
genauso war, wie sie es sich in Gedanken ausgemalt hatte.
    Der
Drache näherte sich einer senkrechten Klippe, aus deren Mitte ein
schmales Sims hervorkragte; hinter diesem Felsband klaffte der gezackte
Schlund einer Höhle. Vor dem Eingang zu der Kaverne setzte der Drache
auf. Sollen wir hineingehen?, erkundigte er sich.
    Jael schluckte trocken. Der Einlass mutete finster und abweisend an. Ich weiß es nicht, stieß sie schließlich hervor. Doch wenn du die Höhle betreten willst, werde ich dich nicht daran hindern.
    Highwing
lachte leise und pirschte nach vorn. Jaels Fingerknöchel wurden weiß,
als sie sich panisch an seinen Hals klammerte. Sie schoben sich in den
Felsspalt hinein und waren sofort von Dunkelheit umhüllt. Jael
versuchte, nicht zu zittern oder vor Angst zu schreien. Er will mir
kein Leid antun, sagte sie sich. Ich kann ihm vertrauen.
    Sieh nach vorn!, forderte Highwing sie auf.
    Vorsichtig
richtete sie sich auf und spähte an seinem Kopf vorbei. In der
Düsternis schimmerte ein fahler Lichtschein. Als Highwing weiterkroch,
merkte sie, dass die Felswände trichterförmig auseinander strebten. Sie
betraten eine geräumige Grotte, die angefüllt war mit einem hellen,
silbernen Licht, das von der steinernen Decke herabfiel. Weit hinten
glänzte ein riesiges Spinnennetz, das sich von einer Seite der Höhle
zur anderen spannte. Das Netz schien lebendig zu sein. Ein Schauer aus
blitzenden Funken huschte quer darüber hinweg, dann kräuselten sich
Wellen aus einem kalten Feuer von unten nach oben.
    Verständnislos starrte Jael auf die Erscheinung; ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Was ist das?, flüsterte sie.
    An
diesem Ort werden wir Dinge sehen … Ereignisse, die in deinen Gedanken
schlummern, Jael. Hier werden sie aus der Tiefe deiner Psyche gezogen
und in dein Bewusstsein geholt …
    Das Netz tanzte wie ein Gespinst aus Quecksilber, um urplötzlich zu erstarren. Dann schaute Jael durch ein lebendiges Fenster.
    Sie blickte in die Vergangenheit. Ihre Vergangenheit.
    Und sie sah Mogurn.
    Er
befand sich im Raumhafen, nicht auf seinem Schiff. Langsam baute sich
der Hintergrund auf – die Zone für die Arbeitsvergabe im Raumhafen,
rechts die Rigger-Lounge, links die Büros der Ordner. Doch Mogurns
Gestalt beherrschte die Szene – Mogurn der Geschäftsmann, der Dieb.
Mogurn, der mit illegalen und unsittlichen Waren handelte. Das Bild
flimmerte einen Moment lang, dann erkannte sie, dass er sich mit
jemandem unterhielt – mit einem der Ordner. Es handelte sich um den
Mann, bei dem sich Jael beschwert hatte. Und der sich dadurch rächte,
dass er sie in die Sklaverei verkaufte.
    Doch sie hatte
diese Szene ganz anders in Erinnerung. War es möglich, dass sie auf
einer unterbewussten Ebene diese Vorkommnisse wahrgenommen hatte und
sich jetzt an sie erinnerte, weil sie aus irgendeinem Grund in ihr
Bewusstsein drängten? Sich fest an Highwings Hals klammernd, strengte
sie sich an, um zu hören, worüber die beiden Männer sprachen. Aber sie
vernahm keinen Laut; ihre Lippen bewegten sich stumm. Als Mogurn eine
Bemerkung machte, lächelten sie hämisch, dann drehte sich der Ordner um
und deutete in eine Richtung. Ein gutes Stück von ihnen entfernt saß
ein weiblicher Rigger in der Lounge. Jael kniff die Augen zusammen und
erschauerte, als sie sich selbst erkannte. Sie war auf ihrem Platz
eingenickt. Die Angst und die Einsamkeit, die sich auf ihren Zügen
abmalten – vielleicht freigesetzt im Schlaf – erschreckten sie.
    Grinsend
neigte sich Mogurn dem Ordner entgegen. Aus einem Beutel, den er an
seiner Hüfte trug, zog er etwas hervor

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