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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Zeitreise erstmalig in dem berühmten Roman “ The Time Maschine” (Wells 1974, dt. Übersetzung). Wie bei Wells 33  ist die Zeitreise bei Amery ebenfalls zyklisch: bis auf eine Ausnahme kehrt die Zeitmaschine immer an ihren Ausgangsort zurück, als ob sie niemals fort gewesen wäre.
    In “  The Time - Travel Story and Related Matters of SF Structuring” (Lem in: Rose 1976, S. 72-88) arbeitet
    Lem Unterkategorien für die Zeitreise heraus; sein theoretischer Ansatz kann auf das “ Königsprojekt ” in zweifacher Weise angewendet werden:
    1.    als “tiers in time” (Lem in: Rose 1976, S. 80): der Protagonist Füßli vollzieht mittels MYST mehrere Zeitsprünge, in deren Verlauf er eine persönliche Entwicklung erlebt, denn er verliebt sich in der Vergangenheit und desertiert schießlich
    2.    als “gouvernments in time” (Lem in: Rose 1976, S. 81): eine Regierung, in diesem Fall der Vatikan, versucht, die Geschichte mittels des Zeitsprunges in ihrem Sinn zu beeinflussen.
    Bei Amery führt die Zeitreise nicht nur zu Frakturen des Zeitstrahles 34 , vielmehr sind diese Frakturen das Ziel der Reisen (in anderen SF-Romanen müssen sie unbedingt vermieden werden, was dann in der Regel nicht gelingt:    ein kleiner Fehler führt zu un
    übersehbaren Konsequenzen 35 ). Zeitlinien werden durchbrochen, gleichzeitig aber auch historische Quellen gefälscht, um keine Komplikationen für Gegenwart und Zukunft herbeizuführen.
    Die Aufgaben des Schlüsselsoldaten Füßli lassen sich auf drei Gebieten fixieren:    die Eleminierung
    unliebsamer historischer Personen, die Zeugung von Stammhaltern 36  bestimmter Herrschaftshäuser und schließlich die Korrektur der Quellen “vor Ort”.
    Die Zeitreise in SF-Romanen wird sowohl als spielerisches Element der Verfremdung 37 verwendet, als auch um größere historische Entitäten neu zu arrangieren; im oben genannten Roman landet bei Wells der Protagonist mit seiner Zeitmaschine schließlich in einer Märchenwelt, in der er um sein Leben und eine Frau kämpfen muß (das individuelle Abenteuer), um bei dieser Gelegenheit auch die zukünftige Menschheit vor dem Verfall in die tiefste Dekadenz zu bewahren.
    Bei Amery wird die Zeitreise zum Funktionsträger einer Idee, die in 2.2. beschrieben wurde; ihre rationale Begründung beschränkt sich darauf eine Erfindung Leonardo da Vincis zu sein - der historisch nachweisbar gelebt hat. Eine naturwissenschaftliche Erklärung des Phänomens wird nicht versucht, entscheidend ist die Veränderung der Perspektive auf “historische Wahrheiten”. Im “ Königsprojekt ” geht es um den mühevollen Versuch, eine Alternativwelt durch jahrhundertelange Vorbereitung einzuleiten, indem die kausalen Zusammenhänge geändert werden. Ein plötzlicher großer Bruch in der Geschichte ist unmöglich durch die für das Werk geltende PPPP-Re-gel 38 ; ein rationales Element ist somit die Gebundenheit an eine Quellenlage, die verhindert, daß die Geschichte sich in Beliebigkeit auflöst.
    Die kleinen Brüche im Zeitkontinuum versinken aber im großen Zeitstrom, der seinen Lauf beibehält. 39  Die Ermordung Luthers beispielsweise wäre ein so eklatanter Verstoß gegen die unübersehbare Quellenlage, daß er nach den Regeln des Romans ausgegrenzt wird. 81

    In Abbildung 1. wird versucht, das Modell der Zeitreisen im “ Königsprojekt” nach Gottwald (vgl.: Gottwald 1990, S. 105) zu verbessern. Das Schaubild beschränkt sich ausschließlich auf die Zeitreisen, die direkt zur Texthandlung gehören; Reisen, von denen
    nur “berichtet” wird, werden nicht berücksichtigt. Zudem befindet sich chronologisch zwischen der Reise aus dem Jahr 1564 zurück in die Gegenwart und der Reise in das Jahr 1927 eine Reise aus dem Jahr 1746 in die Romangegenwart; diese findet bei Gottwald keine Erwähnung, ebensowenig wie die Begegnung Füßlis mit sich selbst im Jahr 1953. Kurtz bemerkt kritisch zum Schema Gottwalds: “Daher gelangt sie zu dem mißverständlichen Schluß, Füßlis Zeitreisen ermöglichten ‘einige zirkuläre Erzählstrukturen’, wobei nur Handlungsstrukturen gemeint sein können.” (Kurtz 1992, S. 39) Statt des Begriffes “zirkuläre Struktur” bevorzugt Kurtz die Bezeichnung “zyklische Struktur”, der stärker den Aspekt der Wiederholbarkeit im Erleben von Zeit unterstreicht (vgl. Kurtz 1992, S. 39, Fußnote 45). Dieser Aspekt wird durch verschiedene Tautologien im Text unterstrichen.
    Die Struktur der Zeitreisen ist also

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