Im Informationszeitalter
das folgende etwas lange Fragment, das ich mir im Zusammenhang mit dem Gesagten zu zitieren erlaube:
“Ich erfuhr, daß im 22. Jahrhundert Losannien in eine schreckliche Krise geraten ist, die durch die Selbstverdunkelung der Wissenschaft ausgelöst wurde. Zuerst wußte man immer öfter, daß das untersuchte Ereignis mit Sicherheit bereits irgendwann von irgendwem genau untersucht wurde, man wußte nur nicht, wo diese Untersuchungen zu suchen waren. Die wissenschaftliche Spezialisierung zersplitterte sich in exponentieller Progression. Die gravierendste Unpäßlichkeit der Computer - es wurden bereits Megatonnencomputer gebaut - war die sogenannte chronische Informationsverstopfung. Man hat ausgerechnet, daß es in etwa fünfzig Jahren keine anderen Universitätscomputer außer den Spürcomputern mehr geben wird, also solchen, die in den Mikromodulen und Denkmaschinen des ganzen Planeten aufzuspüren suchen, WO, auf welchem Pfad, in welchem Maschinenspeicher die Information über das steckt, was für die aktuellen Forschungen die Schlüsselrolle spielt. Um jahrhundertelangen Nachholbedarf aufzubereiten, entwickelte sich in einem rasanten Tempo die IGNORANTIK, das heißt das Wissen über das aktuelle Unwissen, eine Disziplin, die bis vor kurzem verachtet wurde und die bis zur völligen Ignorierung reichte. Mit der Ignorierung des Unwissens beschäftigte sich ein verwandter Zweig, nämlich die IGNORANTISTIK. Genau zu wissen, was man nicht weiß, bedeutet jedoch, bereits manches über das zukünftige Wissen zu erfahren, wodurch dieser Zweig mit der Futurologie zusammenwuchs. Streckenmesser vermaßen die Länge der Strecke, die ein Suchimpuls zurücklegen mußte, um die gesuchte Information zu erreichen. Und die Strecken waren bereits so lang, daß man auf einen kostbaren Fund durchschnittlich ein halbes Jahr warten mußte, obwohl sich dieser Impuls mit der Lichtgeschwindigkeit bewegte. Sollte sich die Fahndungsroute innerhalb des Labyrinths der Wissensgüter im heutigen Tempo verlängern, hätte die nächste Generation der Spezialisten 15 bis 16 Jahre warten müssen, bevor die mit der Lichtgeschwindigkeit eilende Meute der Fahndungssignale eine vollständige Bibliographie für das beabsichtigte Unternehmen zusammengestellt hätte.
Aber, wie bei uns Einstein sprach, niemand kratzt sich, wenn es ihn nicht juckt, und so entstand zuerst die Domäne der Experten für Suchhunde und dann die der sogenannten Insperten, da die Not die Theorie der verdeckten Entdeckungen, also die durch andere Entdeckungen verdeckten Entdeckungen, ins Leben rief. So ist die Allgemeine Ariadnologie (General Ariadnology) entstanden, und es begann die Ära der Expeditionen in die Tiefen der Wissenschaft. Diejenigen, die sie planten, nannte man Insperten. Dies half etwas, aber nur für eine kurze Zeit, da sich die Insperten, weil sie auch Wissenschaftler waren, mit der Theorie der Inspertyse beschäftigen, die sich in die Labyrinthik und Labyrinthistik verzweigt, welche so verschieden sind wie Statik und Statistik, aber auch mit der umweggeführten und kurzgeschlossenen Labyrinthographie sowie mit der
Labyrintholabyrinthik. Bei der letzteren handelt es sich um die außerkosmische Ariadnistik, wie man
sagt. Das ist eine sehr interessante Disziplin, denn sie betrachtet das Weltall als eine Art kleines Regal oder Ablage in einer riesigen Bibliothek, die zwar real nicht existieren kann, was aber nicht von großer Bedeutung ist, denn die Theoretiker können sich doch nicht für eine banale, da physische Grenze interessieren, die die Welt der Insploration, also der Primären Selbstverzehrenden Invagination der Erkenntnis aufzwingt. Diese schreckliche Ariadnistik sah nämlich eine unendliche Anzahl weiterer derartiger
Invaginationen (Datensuche, Datensuche über die Datensuche und so weiter bis zu den infiniten Mengen des Kontinuums) vor. “
Ende dieses etwas zu langen Zitats…
Informationsmüll
Man soll, wie ich meine, diese aus dem litararisch-phantastischen Vorhaben übertriebene, also ein wenig groteske Possenreißerei verlassen, um das Problem zu überlegen, das wie ein unsichtbarer Geist (vorerst) über der ganzen Frage des globalen Informationsnetzes schwebt, das den Benutzern - gleich ob physischen oder rechtlichen Personen oder dem Interpol, Forschern oder Politikern, Kindern, Müttern, Reisenden, Geistlichen usw. usw. - ermöglichen sollte, die von ihnen gesuchten Information zu erreichen. Dieser
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