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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kosmos erscheint, für wie gewaltsam ich das anthropische Prinzip betrachte und wieviel wir riskieren, wenn wir unser gesamtes Wissen den informationsverarbeitenden Maschinen anvertrauen. Wenn man übrigens die entsprechenden HalbFachzeitschriften liest, dann sieht man, daß die Börsen, die Produzenten von Fahrzeugen oder von Lebensmittel, mit einem Wort: die Schöpfer und Verehrer des Kapitals sowie die Kapitalsüchtigen sich des Netzes bedienen, während sie der ganze Rest, mitsamt dem ganzen Kosmos, teuflisch wenig interessiert. Wir haben uns vorzeitig gekrönt, aber uns steht die Krone der Schöpfung nicht zu. Es gebührt sich zu warten, auch wenn dies 100 Jahre dauern sollte, um sich zu überzeugen, ob wir wirklich schon etwas außer dem wissen, daß man im Cyberspace vom Pol zum Pol surfen kann und ob das Netz nicht die Märkte zerstört.
    Was ich geschrieben habe, läßt sich auch ein wenig anders ausdrücken. Der Mensch ist mit seinem Wahrnehmungssensorium an die ökologische Nische des Überlebens ungefähr in der mit seiner Körperlichkeit vergleichbaren Skala (z.B. mit seinen Körpermaßen) angepaßt. Er kann jedoch mit seinen Vermutungen, Konzepten und Hypothesen, die mit der Zeit zur wissenschaftlichen Sicherheit “gerinnen”, über die Grenzen dieser Nische, die ihn zusammen mit den Strömen des genetischen Codes mitgestaltet hat, hinausgehen. Dabei gibt es eine stark verbreitete Regelmäßigkeit: Je größer oder je kleiner die Skala (Kosmos - Atom) ist, desto weniger sicher, weniger eindeutig und gewissermaßen “flexibler” und “elastischer” erweisen sich die Theorien. Niemand außer den Solipsisten - aber wer kennt solche Menschen? - zweifelt an der Gestalt, der Härte oder dem Verhalten eines Steins. Eine solche Sicherheit können wir in Bezug auf die Menge von Galaxien oder von Teilchen, wie den Neutrinos, nicht besitzen.
    Dabei verwundert es die Menschen am meisten, daß die festen Regeln seiner Logik, die die Sicherheit seines Verstehens mit begründen - beispielsweise “wenn A, dann B” (Kausalität), A=A (Identität der
    Dinge mit sich) oder die Regeln der Konjunktion bzw. Disjunktion - die universelle Gültigkeit in der Mikrowelt zu verlieren scheinen. Auch in der Makrowelt zeigen sich solche Unsicherheiten in der Erkenntnis. Selbst in der Mathematik, z.B. bei Gödel, erscheint ihre Unzuverlässigkeit. Gell-Mann beharrt darauf, daß die Antinomie Welle/Teilchen beim Elektron, der Kollaps der Welle und das Prinzip der Komplementarität, die von der Kopenhagener Schule stammt, für unseren Verstand unlösbare Rätsel sind. Andere Physiker glauben an “Rätsel”, wohingegen die jüngsten Experimente zu zeigen scheinen, daß ein Elektron gleichzeitig “hier und anderswo” sein kann. Kurz, mit der Überschreitung der Grenzen unseren Sensoriums wird auch der “gesunde Menschenverstand” verletzt.
    Was in unseren Kopf einfach nicht hineinpaßt, erweist sich in Experimenten als Tatsache. Man kennt beispielsweise die Halbwertzeit der sich selbständig spaltenden Atome, etwa der radioaktiven Isotope, und man weiß, daß man in diesem Bereich nur statistische Informationen kennt. Über eine Gesamtmenge von Atomen werden wir wissen, daß eine bestimmte Anzahl von ihnen nach einer bestimmten Zeit zerfallen sein wird und daß es für eine bestimmte “Art von Atomen” diese Zahl (und Zeit) eine konstante Größe darstellt, aber wir wissen, daß man keine Ursachen entdecken kann, die den Zerfall dieses Atoms und nicht die eines anderen verursachen. Mit einem Wort: Wir müssen von den “Selbstverständlichkeiten” außerhalb der Grenze unserer ökologischen Nische Abschied nehmen. Die Mathematik erlaubt uns zwar, sie zu überschreiten, aber die Interpretationen der Ergebnisse der mathematischen Physik und, was vielleicht schlimmer ist, deren “Übersetzungen” in die gewöhnliche Sprache, die wir innerhalb unserer Nische benutzen, müssen nicht identisch sein und können einander bis zur Kontradiktion widersprechen.
    Ontologisch befinden wir uns zwischen der Makro-und Mikrowelt. Es läßt sich nichts dagegen unternehmen, daß wir mit dem Wissen - und sogar mit einem sicheren Wissen wie dem, daß Uran, wenn es eine kritischen Masse erreicht, mit Sicherheit explodieren wird - nicht weiter reichen, als mit dem Verstehen im Sinne des “gesunden Menschenverstandes”. Man kann sich wie die Experten der Wissenschaft an diesen Stand der Dinge gewöhnen und letztlich glauben, daß man genauso

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