Im Interesse der Nation
Vorhang zu, der die Erste Klasse vom hinteren Teil der Maschine trennte. Als er den Vorhang zur Seite schlug, brauchte er nicht mehr als einige Sekunden, um sein Ziel zu orten. Während die beiden anderen nervös hinter dem Vorhang warteten, ging er langsam an den beiden letzten leeren Sesseln vorbei, nahm im Vorbeigehen ein Kissen an sich und ging direkt auf Platz 3B zu, auf dem das Opfer ahnungslos und leicht vornübergebeugt saß und in einer Zeitung las. Der Mann mit der Pistole hielt das Kissen vor die Pistolenmündung, setzte die Waffe direkt an den Hinterkopf seines Opfers und drückte ab.
Im selben Augenblick, in dem die beiden anderen den kurzen leisen Knall hörten, stürzten sie mit gezogenen Waffen durch den Vorhang. Einer von ihnen rannte, an den überrumpelten Stewardessen vorbei, direkt zum Cockpit, die beiden anderen richteten ihre Waffen auf die Passagiere.
Die beiden Männer hatten sich schwarze Kapuzen mit Löchern für Augen und Mund über die Köpfe gezogen. In diesem Moment an der Grenze zwischen Schrecken und Verblüffung, in dem alle wie gelähmt dasaßen, zog sich der Mörder ebenfalls eine Kapuze über. Die Situation brauchte nicht erklärt zu werden. Niemand brauchte etwas zu sagen.
Die beiden Entführer im Erster-Klasse-Abteil schienen der Meinung zu sein, alles unter Kontrolle zu haben. Einer von ihnen zog Handschellen aus der Tasche und ging auf den Mann mit dem kurzgeschnittenen dunklen Haaren zu, der neben dem Ermordeten gesessen hatte, welcher jetzt in einer grotesk verdrehten Stellung zwischen seinem Sitz und dem davor hing. Sein Sicherheitsgurt war angelegt.
Der Flugzeugentführer öffnete das Gurtschloß und schleifte den Toten zur Seite. Dann näherte er sich dem dunkelhaarigen Mann und schnippte mit den Fingern zum Zeichen, er solle seine Hände vorstrekken. Er hielt die Hand mit der Pistole hinter sich, die andere mit den Handschellen vor sich, und nach einigen vergeblichen Anläufen gelang es ihm, dem Dunkelhaarigen die Handschellen anzulegen. Anschließend bezogen die beiden Flugzeugentführer an je einem Ende der Erster-Klasse-Kabine Posten.
Die Zeit schien stillzustehen. Doch plötzlich leitete die Maschine eine langgezogene Kurve ein, die eine unerwartete Kursänderung mit sich brachte, zumindest gewannen die Erster-Klasse-Passagiere diesen Eindruck, denen die Situation ja klar war. Als die Maschine den Kurs stabilisiert hatte, meldete sich über die Lautsprecher eine erstaunlich beherrschte Stimme. Sie teilte mit, hier spreche der Kapitän, und die Lage sei so, daß die Maschine entführt worden und nach Damaskus unterwegs sei. Er bitte alle Passagiere dringend, auf ihren Plätzen sitzen zu bleiben und die Sicherheitsgurte anzulegen. Das seien seine Anweisungen, fuhr Michel Legrand, Kapitän des Fluges AF 129, fort, und um der Sicherheit aller willen müsse jeder Disziplin wahren, auf seinem Platz sitzen bleiben und keinerlei Versuch machen, gegen die bewaffneten Entführer vorzugehen.
Als der Kapitän mit seiner Mitteilung so weit gekommen war, stürzte einer der maskierten Männer in die Touristenklasse, wo er sich in der Nähe der Filmleinwand aufstellte, so daß sich das Finale des Weltraumkrieges zum Teil auf seiner schwarzen Kapuze abspielte. Vor sich hielt er eine kompakte Maschinenpistole.
Darauf wurde das Mikrofon von einem der Entführer übernommen, der in einem Englisch mit starkem Akzent die Mitteilung wiederholte und versicherte, niemand werde zu Schaden kommen, wenn alle zusammenarbeiteten. Dann sagte er etwas Unzusammenhängendes über die Söhne der Märtyrer der Islamischen Revolution, die gegen dieses oder jenes zurückschlügen, aber dennoch würden alle die Maschine wohlbehalten verlassen können. Es dürfe sich aber niemand rühren oder seinen Platz verlassen. Jede Unterhaltung sei verboten.
»Unverschämtheit! Das ist doch die Höhe! Wollen Sie uns auch noch einen Maulkorb anlegen! Ich bin britische Staatsbürgerin und denke nicht daran, das einfach so hinzunehmen…«
Als Lady Guilford Luft holte, um ihrer wohl vollkommen echten Entrüstung weiteren Ausdruck zu geben, legte der junge Mann neben ihr seine Hand auf ihre. Es war ein sanfter, aber doch entschlossener Griff, während er gleichzeitig mit der anderen Hand in seiner Kameratasche wühlte, die er mit den Füßen unter dem Vordersitz hervorgezogen hatte.
» Liebe Lady Guilford!« fauchte Carl mit zusammengebissenen Zähnen.
»Wollen Sie bitte die Güte haben, diese Typen nicht auf
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