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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Schnauze«, fauchte der Entführer, der jetzt neben Carl stand und sich vorbeugte, um Lady Guilford mit der freien Hand ins Gesicht zu schlagen.
    In diesem Moment schnitt Carl ihm den Hals durch.
    Im nächsten Moment zog er den Mann mit der linken Hand herunter, während er die Messerklinge gleichzeitig dort hineinstieß, wo die Rippen sich teilen.
    Mit einem Geschmack von Eisen im Mund und einer vibrierenden elektrischen Kühle auf der Haut zog er das Messer durch das Herz des gurgelnden, ohnmächtig werdenden Mannes. Weiter durch die Knorpelschicht in der Mitte des Brustkorbs. Bis ganz nach oben, dachte er, bis rauf zu den Vorderzähnen dieses verfluchten Scheißkerls. Ich werde ihm die Zunge abschneiden.
    Doch die Klinge glitt heraus, als er den Schnitt quer über den Hals erreichte, und er kam wieder zur Besinnung.
    Er preßte den sterbenden Entführer schnell auf ihrer beider Knie. Dann sah er Lady Guilford ins Gesicht.
    Es war über und über mit Blut bespritzt. Muß die Halsschlagader gewesen sein, dachte Carl.
    »Es tut mir leid. Sie haben sich ganz fabelhaft verhalten, liebe Lady Guilford«, flüsterte er. Er zog sein Taschentuch aus der Brusttasche und reichte es ihr.
    »Man tut, was man kann«, erwiderte sie vollkommen beherrscht, während sie sich das Blut vom Gesicht wischte und nachsah, ob ihre Kleidung auch etwas abbekommen hatte. »Als ich das erstemal Blut abkriegte, war es schlimmer.«
    Carl war vorsichtig aufgestanden und schleifte sein Opfer weiter nach hinten in der Maschine, um den Mann nicht mehr sehen zu müssen. Er hinterließ auf dem hellblauen Teppich einen dicken Strom von Blut. Blut abkriegte? dachte Carl. Sie muß wohl eine englische Fuchsjagd gemeint haben; am Ende der Jagd nimmt man den Schwanz des zerrissenen Fuchses und zieht ihn den Anfängern durchs Gesicht. Verfluchte englische Barbaren.
    Als er am hinteren Ende der Kabine fast außer Sichtweite war, richtete er sich auf und gebot den Fluggästen dort Schweigen. Sie reckten die Hälse wie Giraffen.
    »American security«, flüsterte er beruhigend.
    Er griff nach der Maschinenpistole des Toten, nahm das Magazin heraus, steckte sich ein paar Patronen in die Tasche und warf das Magazin unter einen Sitz. Dann riß er dem Entführer die schwarze Kapuze ab; sie hatte zum Glück kein Blut abbekommen.
    Carl setzte sich die Kapuze auf, wischte das Messer am Hosenbein des Toten ab und steckte es ein. Dann ging er mit der Pistole an der Hüfte behutsam zu seinem Platz zurück.
    »Keine Mißverständnisse, bitte, ich bin es«, flüsterte er Lady Guilford zu, als er neben ihr auftauchte, um in seiner Tasche zu wühlen.
    »Sind Sie für den Moment nicht ein wenig unpassend gekleidet, junger Mann?« bemerkte sie trocken.
    »Durchaus nicht«, flüsterte Carl zurück, »das ist genau die richtige Kleidung für eine Begegnung mit denen da vorn. Sie haben sich übrigens ganz phantastisch benommen.«
    Carl hatte inzwischen das Magazin mit der Munition gefunden, die er jetzt brauchte. Neun-Millimeter-Geschosse mit platter Bleispitze und besonders schwacher Pulverladung. Er schob das Magazin in seine Pistole und stand langsam auf.
    »Meine Schwester ist eine dumme Gans. Sie hätte das nie geschafft, und so habe ich es lieber selbst getan«, flüsterte Lady Guilford erklärend.
    »Ja ja, vielen Dank. Sie waren sehr gut, old sport, aber seien Sie jetzt so lieb und halten Sie den Mund«, flüsterte Carl zurück und bewegte sich langsam nach vorn auf das Cockpit zu. Die Passagiere, an denen er jetzt vorbeikam, hatten die Situation vermutlich nicht erfaßt. Sie hielten ihn sicher für einen der Entführer.
    Wie er erwartet hatte, hielt sich im Service zwischen Erster Klasse und Touristenklasse niemand auf. Der Vorhang zur Ersten Klasse war zugezogen, und dort würde er sich vermutlich auf der richtigen Seite der Maschine befinden.
    Carl blieb hinter dem Vorhang stehen und lauschte. Von vorn war kein Laut zu hören. Die Maschine hielt einen klaren östlichen Kurs. Carl entsicherte die Pistole und entschied sich, welchen Punkt des Ziels er anvisieren würde.
    Dann schob er mit einer ruhigen Bewegung der linken Hand den Vorhang beiseite und hob die Pistole mit einer weichen Bewegung, um das Ziel auf dem Weg des Laufs nach oben zu finden. In der Erster-Klasse-Kabine gab es nur eine einzige Person mit einer schwarzen Kapuze, und Carl zielte direkt auf die Kopfbedeckung. Der Kopf des Entführers wurde beim Aufprall des Geschosses nach hinten geschleudert, dann

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