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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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jedoch entschieden arabisch aus. Carl durchsuchte seine Taschen und fand ein Flugticket und einen syrischen Paß. Er steckte beides ein. Dann hob er die Pistole des Mannes auf, ein gewöhnliches belgisches Fabrikat, zog das Magazin heraus, schnippte die Kugeln heraus, die er in die Tasche steckte, bevor er das Magazin unter einen der Sitze schleuderte.
    Er ging zu seinem Platz neben dem Russen zurück, der gerade den ersehnten dreistöckigen Whisky erhielt - natürlich wagt er nicht, russischen Wodka zu bestellen, grinste Carl in sich hinein -, und setzte sich mit der Pistole zwischen den Knien hin.
    Jetzt galt es, den verbarrikadierten Entführer irgendwie herauszubekommen, ihn irgendwie von den Piloten loszueisen. Wenn die Maschine in Damaskus landete, stand dort gewiß schon das Empfangskomitee einer bestimmten Supermacht bereit, das Gennadij Alexandrowitsch schnellstens nach Hause verfrachten würde. Es wäre für Carl alles andere als lustig, mit dieser Nachricht nach Hause zu kommen. Überdies war es mehr als zweifelhaft, ob er überhaupt Gelegenheit erhalten würde, diese peinliche Meldung zu machen. Die Komplikationen in der Maschine würden unweigerlich dazu führen, daß man den Täter schnell fand. Carl dachte darüber nach, was geschehen würde, wenn er seine sämtlichen Waffen in der Erster-Klasse-Kabine zurückließ, sich seelenruhig hinsetzte und mit seinem Diplomatenpaß wedelte, wenn die Syrer an Bord kamen. Vielleicht würden sie ihn dann laufenlassen.
    Doch dann machte ihn die Richtung seiner Gedanken verlegen. Es ging nicht darum, in Damaskus zu entkommen, sondern vielmehr darum, diesen Scheißkerl aus dem Cockpit herauszukriegen, und das so schnell wie möglich. Carl rief eine der Stewardessen zu sich und fragte, ob das, was sie über Lautsprecher sage, auch im Cockpit zu hören sei. Sie erwiderte, es sei auch im Cockpit zu hören, wenn die Piloten sich zuschalteten. Carl bat sie deshalb, die anderen Stewardessen mündlich nach vorn zu rufen.
    Der Entführer im Cockpit würde wohl dort sitzen bleiben, bis die Maschine gelandet war. Natürlich hatten sie die Sache so geplant. Das gab Carl zumindest etwas Ruhe für die weitere Planung und Vorbereitung, ohne daß er Störungen durch den letzten Entführer befürchten mußte.
    Als die Stewardessen sich eingefunden hatten, erklärte Carl seinen Plan. Sie würden in der Erster-Klasse-Kabine einen fingierten Streit anfangen. Eine der Stewardessen solle dann an die Tür zum Cockpit pochen und von dem Entführer in der Ersten Klasse ausrichten, er brauche Hilfe bei der Bewachung der Passagiere. Eine der Stewardessen solle über die Lautsprecheranlage die Leute auffordern, sich ruhig zu verhalten, und das müsse ununterbrochen so weitergehen, bis die Maschine lande oder der Entführer sich zeige. In fünf Minuten müßten sie damit beginnen.
    Unterdessen sollten vier der Stewardessen zu den Fluggästen nach hinten gehen und erklären, daß der Streit in der Ersten Klasse reines Theater sei. Als sich die Stewardessen zögernd zu den mehr als zweihundert Passagieren der Touristenklasse begeben hatten, stellte sich Carl ans vordere Ende der Erster-Klasse-Kabine und gab eine kurze Erklärung ab.
    »Gentlemen«, begann er, da er ausschließlich zu Männern sprach, »ich vertrete den Sicherheitsdienst eines befreundeten Landes, und wir müssen jetzt versuchen, den letzten Entführer aus dem Cockpit zu locken. Wenn er hier hinter mir auftaucht, also hinter einem dieser beiden Vorhänge, bitte ich Sie, Deckung zu suchen, so gut es geht. Haben Sie das verstanden?«
    Die Manager, Diplomaten und die amerikanischen Weltreisenden nickten ernst.
    »Damit wir das schaffen«, fuhr Carl fort und holte tief Luft, »muß es sich anhören, als wäre hier ein großer Streit ausgebrochen, als würden sich einige von uns prügeln. Und während wir dabei sind, wird eine der Stewardessen uns unablässig über den Lautsprecher auffordern, damit aufzuhören. Wir hören aber sozusagen nicht hin, sondern schreien und brüllen nur weiter. Es spielt keine Rolle, was Sie schreien oder sagen, solange es nur laut genug ist. Und die zweite Stewardeß wird unserem Freund dem Entführer sagen, er werde hier gebraucht. Haben Sie das alles verstanden?«
    Seine Zuhörer saßen kerzengerade da, und alle nickten ernst. Carl wies die beiden Stewardessen ein. Die junge Frau, die über Lautsprecher sprechen sollte, sollte gleich anfangen. Die andere, die am Cockpit anklopfen und den Entführer um

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