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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Morgen werde ich den Ministerpräsidenten vollständig informieren, möchte ihm aber gleichzeitig konkrete und genaue Vorschläge machen.«
    »Es gibt die traditionelle Grenze zwischen Krieg und Frieden nicht mehr, wir befinden uns ebensogut im einen wie im anderen Zustand. Das ist meine erste Schlußfolgerung«, sagte der Marinechef mit einer vorsichtigen Betonung dessen, was seine wirkliche Schlußfolgerung war: daß Schweden sich im Kriegszustand befand.
    »Wir sollten also militärische Gegenmaßnahmen auf einer oder mehreren Ebenen entwickeln, das ist unsere Aufgabe. Politische Gegenmaßnahmen fallen wohl eher in die Zuständigkeit der Politiker, aber für uns hier im Raum geht es darum, Vorschläge zu machen… Vorschläge für eventuelle bewaffnete Gegenmaßnahmen. Wer will anfangen?«
    Der Oberbefehlshaber sah sich um. Keiner der Anwesenden schien sich sonderlich bemüßigt zu fühlen, als erster in den Abgrund zu springen.
    Carl begab sich unter Wahrung außergewöhnlicher Vorsichtsmaßnahmen zu seinem normalen Arbeitsplatz. Dazu gehörte, daß er in der U-Bahn viermal unvermittelt umstieg. Zum erstenmal erschien er einige Minuten verspätet.
    Auf dem Weg zu seinem Zimmer im hinteren Teil des Büros nahm er die Post mit. Neben der rein zivilen Geschäftspost fand er einen steifen weißen Umschlag von der französischen Botschaft, der ihm vom Generalstab per Hauspost nachgesandt worden war.
    Johan F:son Lallerstedt sah Carl lange und forschend an, als dieser eintrat und sich für seine Verspätung entschuldigte.
    Der Fregattenkapitän wußte nicht genau, was Carl erlebt hatte, nur so viel, daß es um Tauchen ging und einen streng geheimen Aufklärungseinsatz, den man mit einem Mindestmaß an Phantasie mit diesem russischen Überläufer in Verbindung bringen konnte, den Carl unter etwas dramatischen Umständen nach Schweden eskortiert hatte. Und dieser junge Kollege entschuldigte sich jetzt für ein paar Minuten Verspätung. Das war irgendwie komisch.
    »Na, ja«, sagte der Fregattenkapitän lächelnd, »mit Rücksicht auf die Umstände könnten wir diese kleine Verspätung wohl vergessen. Ging bei dem Auftrag alles nach Wunsch?«
    »Ja, ganz ausgezeichnet«, entgegnete Carl in leicht abweisendem, desinteressiertem Tonfall, während er zerstreut den Umschlag von der französischen Botschaft aufschlitzte. Dann erstarrte er und fing an zu lachen. Sein Vorgesetzter sah ihn fragend an.
    »Du bist doch Offizier und Gentleman. Kannst du mir bei einer Protokollfrage helfen?« fragte Carl munter. »Was zum Teufel soll ich damit anfangen?«
    Er reichte Johan F:son Lallerstedt die steife weiße Briefkarte, die dieser unter wachsendem Erstaunen las.
    Der Botschafter der Französischen Republik gebe sich die Ehre, den Chef der Schwedischen Marine, Vizeadmiral Carl-Erik Halldén, sowie Korvettenkapitän Carl Graf Hamilton in die französische Botschaft einzuladen, um sie dort gemäß einem Beschluß des Präsidenten der Republik mit dem Orden der Ehrenlegion auszuzeichnen. Die Verleihung werde in privatem Rahmen stattfinden. Zeitpunkt: der folgende Tag um 13 Uhr. Der Präsident der Republik lasse Graf Hamilton für den außerordentlichen Einsatz danken, der Hunderten französischer Staatsbürger das Leben gerettet habe.
    »Das muß diese Entführungsgeschichte sein, oder?« stellte Johan F:son Lallerstedt fest.
    »Natürlich«, lachte Carl, »ich kann mich an keinen anderen Einsatz auf französischem Territorium erinnern, der mir die Ehrenlegion einbringen könnte, ganz im Gegenteil.«
    »Was ist bloß so lustig daran?« fragte der Fregattenkapitän erstaunt.
    »Nun ja«, erwiderte Carl zögernd, »in unserem Job wird von uns erwartet, daß wir diskret sind und nicht auf Botschafterpartys herumlaufen und James Bond spielen. Wie zum Teufel lehnt man so was ab? Du bist doch Offizier und kennst dich aus?«
    »Ich glaube kaum, daß du das ablehnen kannst«, bemerkte Johan F:son Lallerstedt trocken.
    »Wieso nicht?«
    »Verzeih einem einfachen Vorgesetzten seine trivialen Ansichten, aber du bist sozusagen nicht allein eingeladen. Der Präsident der Republik hat sich nämlich entschlossen, auch unserem geschätzten Marinechef seinen Dank zu übermitteln.«
    »Da wird er sich aber freuen. Und was heißt das?«
    »Das heißt, daß er der Einladung Folge leisten wird. Die Ehrenlegion ist schließlich nicht zu verachten.«
    »Ja, und er hat sie wohl nötiger als ich. Also, was muß ich tun, um das abzulehnen? Soll ich überhaupt

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