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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gleichbleibend, und überdies befand sich Carl schon jenseits der Altersgrenze. Erfahrungsgemäß war ein Alter von etwa sechsundzwanzig Jahren am besten. Carl war schon über dreißig.
    Mit dem Handtuch der Krone um die Hüften geschlungen und den Kleidern in der Hand kehrte er in den Kommandantenraum zurück und zog sich an. Die Whiskyflasche stand auf dem Tisch; vermutlich hatte man sie absichtlich stehen lassen. Carl goß sich ein neues Glas ein und suchte in seiner Reisetasche nach dem Code, den er übermittelt haben wollte. Die Tasche enthielt keinerlei Habseligkeiten, die mit seinem Namen gezeichnet waren. Alles war nagelneu, sogar die Toilettenartikel. Die einzige Spur, die er eventuell hinterlassen könnte, war der Schlüssel zu einem Wagen, der einem Fähnrich in einem der geheimen Abteilungsbüros von OP 5 gehörte. Das würde alles sein. Lallerstedt würde persönlich seine Ausrüstung und seine Reisetasche abholen.
    Carl trank das halbe Whiskyglas in einem Zug aus und spürte, wie im Körper die Wärme stieg. Dann verließ er den Raum und begab sich zum Gefechtsstand am Periskop. Es war überall eng, und hier und da stieß er an, da er nicht gewohnt war, sich in einem U-Boot zu bewegen. Jedenfalls redete er sich ein, daß es nur daran lag.
    »Könnt ihr diese Meldung abschicken, wenn wir Sandhamn passiert haben?« fragte er und reichte dem Kommandanten seinen Zettel, auf dem Frequenz und Text mit Maschine geschrieben waren.
    »Ich sollte der guten Form halber wissen, wer der Empfänger ist«, meinte der Kommandant ernst.
    »Der Generalstab«, erwiderte Carl kurz.
    Der Kommandant nickte, nahm den Zettel entgegen und sah auf den Text. Die Mitteilung war verschlüsselt und sagte ihm nichts, doch ließ sich mühelos erraten, daß es eine Vollzugsmeldung über den erledigten Auftrag war.
    »Hinter Sandhamn?« fragte der Kommandant. »Kein besonderer Zeitpunkt?«
    »Nein«, sagte Carl, »kein besonderer Zeitpunkt, sondern einfach nur hinter Sandhamn.«
    Dann kehrte er in den Kommandantenraum zurück und kroch wieder in seine Koje. In der unteren Koje schlief schon jemand.
    Carl schlief sofort ein und verbrachte den Rest der Fahrt in tiefem und traumlosem Schlaf, ohne sich zu bewegen.
    In der Nähe von Sandhamn fuhr HMS Sjöbjörnen Masten und Periskop in dem Moment aus, als man einen Sund passierte, der früher einmal ein beliebter Standort für Vogelschützen gewesen war, als die Frühlingsjagd auf Seevögel noch erlaubt war.
    Zwei Wilderer kauerten in der Dämmerung am Ufer und sahen zu ihrer Verblüffung plötzlich, wie direkt vor ihren Augen, weniger als fünfzig Meter entfernt, eine weiße und deutlich sichtbare Schwallwelle entstand. Dann entdeckten sie ein Periskop und die Masten. Die Vision dauerte zwanzig Sekunden, dann verschwanden Masten und Periskop.
    Die beiden Männer waren Schärenbewohner und hatten schon früher U-Boote gesehen. Schwedische U-Boote zogen es jedoch meist vor, sich deutlicher zu zeigen, um Falschmeldungen zu vermeiden.
    Die beiden Männer überlegten kurz, ob sie die Jagd abbrechen und zu einem Telefon gehen sollten. Einer von ihnen brachte Einwände vor. Es würde ihnen womöglich schwerfallen zu erklären, was sie dort zu suchen hätten, gerade um diese Jahreszeit und noch dazu am Abend. Der andere meinte, eine derart egoistische Argumentation dürfe sie nicht daran hindern, ihre Pflicht zu tun. Wenn man der Nation einen Dienst erweise, werde man sie wohl kaum wegen Wilderei einsperren.
    Sie verstauten ihre Donnerbüchsen, starteten ihr Motorboot und fuhren auf dem kürzesten Weg nach Sandhamn zum Telefon. Draußen auf Korso hieß es zunächst, man wisse nichts davon, daß sich in diesem Gebiet schwedische U-Boote aufhielten. Folglich kam es zu einiger Verwirrung, bis der Flottillenchef von Berga die Jagd und Aufklärungseinsätze gerade noch abblasen konnte, zu denen es fast gekommen wäre.
    Es war später Abend und völlig dunkel, als HMS Sjöbjörnen an den U-Boot-Anlegern von Berga vertäut wurde. Als die Luke geöffnet war, kletterte Carl als einer der ersten hinaus. Er war hellwach und genoß es, wieder die kühle, feuchte schwedische Luft einzuatmen. Dann gab er dem Kommandanten die Hand. Die beiden Männer sahen sich für einen Moment ernst in die Augen. Dann warf Carl seine Taschen über die Schulter. Als er an Land ging, vergaß er nicht, sich kurz der Fahne zuzuwenden und eine kurze Ehrenbezeigung zu machen, wie es bei der Marine üblich ist.
    Der geliehene Volvo

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