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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Stunden hatten sie wenigstens etwas, das wie eine Skizze eines geheimen Kommandounternehmens aussah.
    Der Ministerpräsident war ziemlich unvorbereitet, als sich der Oberbefehlshaber genau zur vereinbarten Zeit einfand. Auf Anraten seines engsten Beraters, der für die vorbereitenden Sitzungen des Kabinetts zuständig war, hatte er den General etwa zehn Minuten warten lassen. Sein Staatssekretär behauptete, es tue Generälen gut, gelegentlich etwas zu warten. Man müsse sie von Zeit zu Zeit daran erinnern, wer das Sagen habe.
    Das große Amtszimmer des Ministerpräsidenten mit Aussicht auf den Reichstag war nur schwach erleuchtet. Das leicht grün schimmernde Licht der dicken Fensterscheiben aus Panzerglas verlieh dem Raum eine etwas düstere Stimmung, trotz der Weite und der geschmackvollen skandinavischen Einrichtung in hellem Holz, Stahl und Glas.
    Der Oberbefehlshaber trug eine helle lederne Aktentasche mit Kombinationsschloß und hatte sich die Schirmmütze unter den Arm geklemmt, als er eintrat. Er gab dem Ministerpräsidenten und dessen Berater auf straff militärische Weise die Hand und setzte sich erst, als er dazu aufgefordert wurde.
    Der Ministerpräsident, den Kopf noch voller Verwicklungen, weil jemand im Außenministerium der Presse in einer Personalangelegenheit peinliche Enthüllungen gemacht hatte, war leicht zerstreut, als er vorschlug, sie sollten sich auf die Sofagruppe setzen. So würde das Gespräch etwas informeller werden, was bei militärischen Befehlshabern manchmal nötig war, damit sie einen nicht anredeten, als säßen sie hoch zu Roß.
    »Na, wie geht’s denn weiter mit unserem Überläufer? Denn darum geht’s doch? Haben Sie ihm ein paar interessante Geheimnisse entlockt?« fragte der Ministerpräsident leichthin in einem Tonfall, der ihm schon nach wenigen Minuten leid tun würde.
    »Wir haben Informationen höchst alarmierender und ernster Natur erhalten«, erwiderte der Oberbefehlshaber gespannt und mit fast theatralischer Grabesstimme.
    »Dann tragen Sie bitte die Angelegenheit vor«, erwiderte der Ministerpräsident mit einem erstarrenden Lächeln, da er sowohl unwillkommene als auch unerwartete Sorgen witterte.
    Der Oberbefehlshaber sprach klar und knapp. Er faßte vor den zunehmend besorgten und verblüfften Politikern in weniger als zehn Minuten die Lage zusammen. Er schloß mit dem Hinweis, beim Militär bemühe man sich gegenwärtig um weitere Informationen. Ferner bereite man verschiedene Formen von Zwangsmaßnahmen vor - er gebrauchte dieses Wort -, falls die Regierung des Landes - er verwendete auch diese Worte - es für richtig halte, in dieser Richtung Anweisungen zu geben.
    Dann kam es zu einem kurzen Gespräch, das mit dem Begriff »unzusammenhängend« treffend beschrieben werden könnte. Alle redeten durcheinander und fielen sich gegenseitig ins Wort.
    Als die Politiker so ihre Schwäche zeigten, konnte der Oberbefehlshaber wieder die Initiative an sich reißen.
    »Ich würde gern erfahren, wie Ihre Anweisungen für die nächste Zeit lauten«, erklärte er leise, aber bestimmt.
    »Dies ist eine Angelegenheit, die sorgfältige Überlegung erfordert. Vor allem dürfen wir nicht zu übereilten Beschlüssen kommen«, begann der Ministerpräsident, dessen Stimme metallischer und rauher klang als üblich. »Ich gehe davon aus, daß Sie sich Ihrerseits im Moment um möglichst viele neue Informationen bemühen. Wir werden die Sache bis morgen gründlich durchdenken.«
    »Wenn das so ist, habe ich eine Frage und einiges zu erklären«, sagte der Oberbefehlshaber und fuhr fort, sobald er ein Nicken zur Antwort erhielt. »Sollen wir der Abmachung mit Vizeadmiral Koskow entsprechend weitermachen? Sollen wir ihn also auszahlen und eine Art Vertrag schließen? Es ist der nächste Schritt, damit wir die Positionen erfahren, ich meine die Position von Station Nummer zwei. Danach stellt sich die Frage, ob wir ihn mit einem amerikanischen Diplomaten zusammenbringen sollen, damit er - natürlich in unserem Beisein - über die Fortsetzung seiner Reise sprechen kann. Darüber hinaus gilt meine Sorge der Geheimhaltung. Auf unserer Seite gibt es vier oder fünf Personen, denen das Gesamtbild bekannt ist. Sobald die Sache öffentlich wird, verringert sich unsere Handlungsfreiheit. Es wäre wünschenswert, wenn Sie auf der politischen Seite den Kreis der Eingeweihten entsprechend klein halten könnten.«
    In diesem letzten Punkt wurde schnell Einigung erzielt. Vollständige

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