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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Handlungsfreiheit war nur so lange gewährleistet, wie nichts durchsickerte, das war selbstverständlich. Möglicherweise sei es auch wichtig, erklärte der Ministerpräsident, das Ganze auf etwas längere Sicht geheimzuhalten, da man mit Russen leichter umgehen könne, wenn es keine Begleitmusik in der freien westlichen Presse gebe. Auch das sei selbstverständlich.
    Ansonsten erhielt der Oberbefehlshaber nur eine klare Anweisung. Er solle Phase zwei in Vizeadmirals Koskow Verhandlungsplan erfüllen. Natürlich sei es von großer Bedeutung, auch über die nächste Station und deren Position informiert zu werden. Doch bis auf weiteres müsse dann Schluß sein. Amerikaner oder andere Ausländer dürften nicht hineingezogen werden, bevor man näher nachgedacht habe, verstanden?
    Ja, verstanden.
    Und natürlich auch keine militärischen Einsätze ohne Rücksprache mit der Regierung, sei auch das klar?
    Ja, selbstverständlich.
    Der Oberbefehlshaber war recht zufrieden, als er die Besprechung verließ. Die Initiative lag bei ihm, nicht bei den Politikern, und jetzt gab es keine Hindernisse mehr, die den unentbehrlichen Informationen über den Standort von Station Bodisko oder Station Tschitschagow im Weg standen. Und im Moment waren diese Informationen wichtiger als alles andere.
    Die beiden Politiker, die völlig unvorbereitet gewesen waren und über die man die Katastrophe ausgekippt hatte wie einen Kübel Unrat, waren erheblich besorgter und unkonzentrierter als der untergebene Oberbefehlshaber. Sie beschlossen zunächst, den Kreis der Eingeweihten auf vier Personen zu beschränken, außer ihnen selbst auf den Außenminister und den Staatssekretär im Außenministerium.
    Die Lage erschien ihnen so ernst, daß sie alles andere beiseite legten und sofort eine neue Besprechung einberiefen.
    Der Ministerpräsident sagte alle anderen Termine für diesen Tag ab, darunter zwei Audienzen mit Vertretern der Gruppen »Frauen für den Frieden« und »Ärzte gegen den Atomtod«, und ging nach Hause. Die drei anderen sollten nachfolgen, sobald sie sich freimachen konnten; im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit würde das in weniger als einer Stunde der Fall sein. Es würde eine lange Nacht werden.
    Es war ein strahlender Frühlingstag mit scharfem, entlarvendem Sonnenlicht. Carl saß in einem Taxi auf dem Weg nach Östermalm und fühlte sich wie eine Operettenfigur. Lallerstedt hatte sich gutmütig bereit erklärt, zu Carl nach Hause zu kommen und ihm dabei zu helfen, sich dem Reglement entsprechend zu kleiden. Er hatte sich dieser Aufgabe nicht ohne Humor entledigt. Beide hatten dienstliche Pflichten, die normalerweise wesentlich ernster waren, aber ein Befehl des Marinechefs war ein Befehl. Carl hatte sich von Lallerstedts Gabe, die Sache mit Humor zu nehmen, ein wenig anstecken lassen.
    Am Morgen war er in seiner Bank gewesen, um seine geschäftlichen Angelegenheiten zu regeln. Die Besprechungen waren ein wenig verspätet erfolgt und mußten aufgrund zahlreicher von den Bankleuten genannten Gesetze schnellsten nachgeholt werden. Was Carl betraf, hatte er nur eine Menge Papiere unterschreiben müssen, die ihm die geschäftigen Bankleute nach der Unterschrift gleich wieder entrissen.
    Soweit Carl es verstanden hatte, hatten sich seine Immobiliengeschäfte günstig entwickelt und damit auch seine Vermögenslage. Er hatte nicht nach Details gefragt, da er nicht die Absicht hatte, die alte Steuerfrage wieder aufzugreifen; diese Gespräche verliefen immer etwas zäh, da der Bank jedes Verständnis für Carls erklärten Willen fehlte, seine Steuerzahlungen zu erhöhen. Man behauptete immer, das sei nicht möglich. Es sei technisch unerhört kompliziert, sich das Privileg höherer Steuerzahlungen zu erwerben, strenggenommen sogar ungesetzlich. Sofern Carl natürlich nicht die Absicht habe, sich sein gesamtes Geld wegsteuern zu lassen. Diese Bemerkung war immer das letzte Argument, das mit verkniffenem Mund vorgebracht zu werden pflegte.
    Es war für Carl vollkommen unbegreiflich, daß er in einem sozialistischen Land wohnte, in dem er pro Jahr mindestens fünf Millionen Kronen verdiente, ohne dabei die Möglichkeit zu haben, auch nur eine Krone an Steuern zu zahlen - während seine halbe Verwandtschaft über die furchtbaren Steuern jaulte, über die Unmöglichkeit, von der eigenen Arbeit zu leben, und immerzu jammerte, daß es sich nicht lohne, in Schweden zu arbeiten. Steuern waren offensichtlich etwas, was von kleinen

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