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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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möglicherweise um selbst seinen französischen Orden anlegen zu können, hatte aber wohl kaum damit gerechnet, daß Carl am Hals einen nicht sonderlich französischen Orden hängen hatte, nämlich das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, dessen Band in den Farben Schwarz-Rot-Gold erstrahlte. Auf der linken Brustseite trug Carl die Tapferkeitsmedaille Gustavs III. und auf der rechten Brusthälfte saßen die amerikanischen Fallschirmjägerschwingen auf rotem Grund mit einem Dreizack in der Mitte. Carl war zum Tragen dieses äußerst seltenen Emblems berechtigt, denn nur die kleine, anerkannte Elite mit dem US Navy SEAL TEAM TRAINING durfte es anlegen.
    Zu Empfängen dieser Art durfte man der Etikette zufolge nur rein erscheinen, und darunter verstand man reine Brust ohne Ordensspangen oder ausländische Orden; mit französischen Auszeichnungen verhielt es sich natürlich anders, etwa mit dem Kommandeurszeichen des französischen Verdienstordens am Hals des Marinechefs.
    Carl, der weder Karlberg noch die Seekriegsschule je betreten hatte, war in mancherlei Hinsicht kein echter Offizier und Gentleman. Lallerstedt tröstete ihn später mit gespielter Anteilnahme, letztlich seien es nur wenige schwedische Offiziere, die darin geübt seien, den Orden der Ehrenlegion zu empfangen.
    Der Botschafter setzte sich eine Lesebrille auf und streckte die Hand aus, ohne seinen Militärattaché anzusehen, der mit der kurzen, maschinegeschriebenen Ansprache herbeieilte.
    »Liebe Gäste und Offiziere des Königreichs Schweden«, begann der Botschafter in einem langsamen, ausgesucht schönen Französisch, das sogar Carl verstand, »es ist für mich als Botschafter Frankreichs eine seltene Ehre, den hier anwesenden Repräsentanten der schwedischen Marine, die Frankreich große Dienste erwiesen haben, nach dem Beschluß des Präsidenten der Republik die Ehrenlegion zu überreichen. Die Ereignisse, die den Präsidenten der Republik veranlaßt haben, diesen großzügigen und wohlbegründeten Beschluß zu fassen, dürften allen Anwesenden wohl bekannt sein. Daher möchte ich unsere Gäste nicht mit unnötigen Wiederholungen behelligen. Darf ich Sie nun bitten, Herr Vizeadmiral und Chef der schwedischen Marine, vorzutreten.«
    Als der Marinechef steif vortrat und sich vor dem anderthalb Köpfe kürzeren Botschafter streckte, gewann Carl den Eindruck, daß dies vermutlich einer der größten Augenblicke im Leben seines hohen Chefs war. Carl konnte nicht hören, was der Botschafter dort sagte. Es gab einige Fummelei mit dem Band, das am Hals befestigt werden sollte, und dem Ordensstern, der mit dem französischen Verdienstorden nicht in Berührung kommen durfte. Anschließend befestigte der Botschafter einen weiteren Stern an der rechten Brustseite des Marinechefs. Dann trat er einen Schritt zurück, klatschte in die Hände, und die übrigen Anwesenden applaudierten diskret. Der Marinechef verbeugte sich steif, und Carl schoß plötzlich die Schreckensphantasie durch den Kopf, sein erwarteter hysterischer Lachanfall könnte in diesem wunderbar unpassenden Augenblick erfolgen.
    Als der Marinechef wieder ins Glied zurückgetreten war, blätterte der Botschafter erneut in seinen Papieren, bevor er sich Carl zuwandte.
    »Lieber Graf Hamilton, aus Gründen, die Ihnen schon bekannt sind, hat der Präsident der Republik auch Ihnen diese ungewöhnliche Gunst erwiesen.« An dieser Stelle räusperte er sich und machte eine Kunstpause.
    »Erlauben Sie mir, das näher zu erklären. Unsere militärische Führung hatte Sie zunächst für das Ritterzeichen empfohlen, was auch auf Ihrer Einladung angegeben sein dürfte. Durch persönliches Eingreifen des Präsidenten der Republik ist der Beschluß jedoch geändert worden. Darf ich Sie bitten vorzutreten, Herr Korvettenkapitän.«
    Carl holte tief Luft, wie vor einer schwierigen Schießübung, und bemühte sich, möglichst ruhig und entspannt zu dem kleinwüchsigen Botschafter vorzutreten.
    »Auch Sie, Herr Korvettenkapitän, werden folglich mit dem Kommandeurszeichen ausgezeichnet«, sagte der Botschafter, als sie einander gegenüberstanden. Dann streckte er die Hand aus und tauschte sein kleines Manuskript gegen den Ordensstern mit dunkelrotem Band aus, das an Carls Hals befestigt werden sollte.
    Der Botschafter starrte feindselig auf den schwarzen deutschen Bundesadler auf dem Malteserkreuz, bis Carl einfiel, daß er sich bücken mußte, damit der Botschafter herankam.
    Nach unerträglich langem Gefummel

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