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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wieder ein bestätigendes Kopfnicken zur Antwort.
    »Gut«, sagte Carl und ertappte sich dabei, lauter zu sprechen als beabsichtigt.
    Dann erzählte er kurz und konzentriert, ohne auch nur einmal unterbrochen zu werden.
    »Ein paar Minuten vor dem Einsatz der GSG 9 habe ich den Major beiseite genommen, um ihn zu dem Eingeständnis zu bewegen, daß er ein Kollege von mir ist. Ich hatte guten Grund zu dieser Annahme. Major Detoureille hatte verständlicherweise zunächst einige Mühe, darauf einzugehen, tat es am Ende aber doch. In diesem Moment versuchte eine Terroristin, ihn zu erschießen. Ich erledigte sie. Doch, doch, das war möglich, weil wir uns im Obergeschoß befanden, und wir drei waren allein. Die anderen Terroristen befanden sich im Untergeschoß. In den entscheidenden Augenblicken nahm Detoureille die Waffe der erschossenen Terroristin an sich, um gemeinsam mit mir die anderen abzuwehren, die gerade die Treppe heraufkamen. Ja, es war eine zweistöckige Wohnung. Ich hatte ihn gewarnt und ihm zugeschrien, er soll die Waffe fallen lassen. Leider zu spät, denn die GSG 9 kam schon durch Türen und Fenster, nein, nicht durch die Tür, ausschließlich durch die verschiedenen Fenster der Wohnung. Aber selbst wenn Detoureille sich ergeben hätte, hätte ihm das kaum geholfen. Die Deutschen hatten nämlich Befehl, alle zu töten - nur mich nicht. Und das führten sie durch, auch an denen, die sich ergeben wollten. Über die Schlußphase des Einsatzes kann ich keine Auskunft geben, weil die Schock-Blend-Granaten mich ausgeschaltet hatten. Ein paar Stunden später war aber allen klar, was passiert war. Das Hauptproblem schien damals die fehlende Bestätigung der französischen Kollegen gewesen zu sein. Ich habe selbst empfohlen, den Hintergrund von Alain Detoureille zu klären. Einer der Untergebenen von Loge Hecht, vielleicht sogar er persönlich, hat sich darum bemüht. Später waren die Deutschen, das heißt die Kollegen beim Verfassungsschutz, kaum die Paviane von der GSG 9, ganz verzweifelt über das, was passiert war. Das ist die ganze Geschichte.«
    Alle drei ließen sich von einer vorbeigleitenden Serviererin neue Champagnergläser geben. Der Oberst nickte langsam.
    »Ihre Geschichte trägt das Siegel der Wahrscheinlichkeit, Herr Korvettenkapitän. Sie haben hoffentlich nichts dagegen, daß wir das Ganze auf Band aufnehmen?«
    »Wozu soll das gut sein?« fragte Carl, matt nach der Anstrengung, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Details zu erwähnen.
    »Damit wir Ihre Aussage analysieren und prüfen können, ob sie mit den geographischen und chronologischen Angaben übereinstimmt, die wir schon haben. Ich gehe allerdings davon aus. Es ist für uns wichtig gewesen, auch diese Version zu hören. Ich hoffe, Sie entschuldigen unser etwas brüskes Auftreten.«
    »Stets zu Ihren Diensten«, erwiderte Carl mit leichter Ironie.
    »Aha«, fuhr der Oberst fort. »Deshalb hängt also der deutsche Bundesadler da an Ihrem Hals, Herr Korvettenkapitän.«
    »Genau. Neben der französischen Ehrenlegion, falls es Ihnen aufgefallen ist«, entgegnete Carl mit unmotivierter Aggressivität. Ihm war der sarkastische Unterton seines Gegenübers entgangen.
    »Und woher wußten Sie, daß die Maschine entführt werden sollte?«
    fuhr der Oberst ungerührt fort.
    »Nun«, sagte Carl zögernd. »Worüber wir bisher gesprochen haben, ist Geschichte, und ich kann Ihren Wunsch, sich Klarheit zu verschaffen, möglicherweise verstehen…«
    »Im Hintergrund stehen unsere Verbindungen mit den Deutschen«, unterbrach ihn der Oberst. »Diese Geschichte hat unsere Beziehungen vergiftet, überflüssigerweise, wie es jetzt erscheint, nachdem wir Ihre Version gehört haben. Um es milde auszudrücken. Aber jetzt zu dieser Entführung, dem Grund für die Ehrenlegion sozusagen. Woher wußten Sie Bescheid?«
    »Die französisch-deutsche Geschichte ist sicher eine Diskussion wert, meine Herren. Doch jetzt fragen Sie nach einer Sache, die noch nicht beendet ist. Ich kann Ihnen kaum Informationen über unsere laufenden Operationen geben. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür.«
    Der Oberst trank langsam und genüßlich von seinem Champagner, während er überlegte. Carl hatte keinerlei Illusionen darüber, daß der Franzose nicht nachgeben würde.
    »Warum war Ihnen so daran gelegen, die Maschine nicht in Damaskus landen zu lassen? Sie haben sie ja sozusagen erneut gekapert? Wußten Sie im voraus von der Entführung, ohne uns Bescheid zu

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