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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sollte das Militär versuchen, seinen armen Gefangenen auszuquetschen, denn in Wahrheit mußte man ihn jetzt wohl als Gefangenen ansehen und nicht als Gast, um weitere wertvolle Informationen und damit die Position der dritten Unterwasserbasis zu erhalten. Andererseits durften sie die mit ihm getroffene Vereinbarung nicht erfüllen, zumindest nicht auf ehrliche Weise.
    »Meinen die wirklich, wir sollen ihn hereinlegen? Ihm einen falschen amerikanischen Diplomaten auf den Hals schicken, der ihm wertlose Zusicherungen macht, damit wir dann wieder mit ihm loslegen können?« fragte der Generalstabschef schließlich. Der Wagen hatte sich inzwischen durch den dichten Innenstadtverkehr bis zur Sturegatan vorgekämpft.
    »Ich weiß nicht«, seufzte der Oberbefehlshaber. »Aufrichtig gesagt, ich weiß es nicht, Carl-Erik. Ich weiß nicht so recht, wie sie in dieser Hinsicht denken.«
    »Ich hoffe, du hältst es für ausgeschlossen, ihn zu betrügen, um die fraglichen Informationen zu bekommen?«
    Der Oberbefehlshaber schwieg eine Weile, bevor er antwortete. Oben am Karlavägen hielt der Wagen vor einer Ampel, einer dieser Ampeln, an denen es eine halbe Stunde Rot zu geben scheint, und das machte das Schweigen schließlich unmöglich.
    »Auch das weiß ich nicht«, erwiderte der Oberbefehlshaber schließlich.
    »Es ist wahrhaftig kein angenehmer Gedanke, darüber brauchen wir kaum zu diskutieren. Doch wenn es um derart wichtige Erkenntnisse geht, bin ich mir nicht sicher, ob ehrenhaftes Verhalten unsererseits schwerer wiegt als die Interessen des Landes. Das ist eine verdammt unangenehme Frage, vor der wir uns nicht werden drücken können, fürchte ich.«
    »Bist du denn der Meinung, daß die Regierung im Interesse der Nation handelt?« fragte der Generalstabschef im selben Moment, in dem es endlich Grün wurde und der Wagen die Sturegatan weiterfuhr, bis er vor der nächsten roten Ampel am Valhallavägen stehenblieb.
    »Die Regierung handelt im Interesse der Nation, ob sie es nun tatsächlich tut oder nicht«, erwiderte der Oberbefehlshaber und sah dabei starr auf den Nacken seines Fahrers auf der anderen Seite der Trennscheibe. Er erwartete keine Antwort.
    »Ich bin mir gar nicht sicher, daß wir überhaupt mit der Regierung gesprochen haben. Nein, versteh mich nicht falsch, aber wir sprachen mit zwei Kabinettsmitgliedern und zwei grünen Jungs. Nicht mal der Verteidigungsminister ist beteiligt. Kann man da noch sagen, daß wir mit der Regierung sprechen?« fragte der Generalstabschef kurze Zeit später, als der Wagen vom Lidingövägen abbog, vor dem Haupteingang des Generalstabs vorfuhr und hielt.
    Der Oberbefehlshaber blieb noch kurz sitzen, ohne auszusteigen.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Trotz des begrenzten Kreises handelt es sich um die Regierung des Landes, so wie wir im Moment die militärische Führung repräsentieren. Ganz grundsätzlich muß man es so betrachten.«
    Als der Fahrer den Wagen umrundet und auf beiden Seiten die Türen geöffnet hatte, stiegen die Männer schweigend aus.
    Keiner von ihnen wußte, daß eins ihrer schwierigsten praktischen Probleme im selben Moment einer Lösung näherkam.
    Vizeadmiral Koskow sprach unter vier Augen, wenngleich das Gespräch vom schwedischen Nachrichtendienst natürlich mitgeschnitten wurde, auf einer Insel in den Stockholmer Schären relativ ungestört und gemütlich mit einem Mann, den die wenigen beim schwedischen Generalstab, die ihn kannten, Texas Slim zu nennen pflegten.
    Texas Slim, der übrigens aus Arizona stammte und nicht aus Texas, war ein angenehmer und in Stockholm beliebter amerikanischer Diplomat. Seine offizielle Funktion an der amerikanischen Botschaft war die eines Handelsattachés, obwohl eingeweihte Personen wußten, daß er Stationschef der CIA in Skandinavien war.
    Im Verlauf des Gesprächs garantierte er Vizeadmiral Gennadij Alexandrowitsch Koskow politisches Asyl in den Vereinigten Staaten und versprach, möglichst umgehend einen offiziellen Bescheid des State Department an die schwedische Regierung zu veranlassen.
    Nach dem Gespräch wurde er von seinem Gastgeber, Kapitän zur See Samuel Ulfsson, nach Stockholm zurückgefahren. Ulfsson war ein sympathischer, stiller Kollege, den er zuvor nur zweimal getroffen hatte.
    Doch damals war es um Probleme gegangen, die vergleichsweise reine Bagatellen gewesen waren.
    »Der Bursche schien recht guten Mutes, aber etwas müde zu sein, wie ich fand«, sagte der amerikanische Spionagechef zu seinem

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